Von Eric Weser
Der Spanische Hof in Gröditz hat zwar einen Glockenturm. Doch mehr offensichtliche Gemeinsamkeiten mit einer christlichen Kirche besitzt der Bau auf den ersten Blick nicht. Wohl auch deswegen wurde das Hotel in diesem Jahr erneut als Veranstaltungsort für die Ökumenische Bibelwoche in Gröditz auserkoren. Denn die Veranstaltung soll einerseits Christen verschiedener Konfessionen zusammenführen als auch den christlichen Glauben in die Öffentlichkeit tragen. Vom 4. bis zum 10. März bemühten sich in Gröditz Kirchenleute, dies umzusetzen. An jedem Abend gab es rund einstündige Veranstaltung , die sich in diesem Jahr um das Markus-Evangelium drehten.
Die Veranstalter zeigten sich mit der Resonanz zufrieden, wenn auch vieles „sicher noch ausbaufähig“ sei, wie Walter Lechner sagt. Der Pfarrer der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Frauenhain und gehört zu den Organisatoren der Bibelwoche. Seiner Meinung nach gehe das Konzept der Bibelwoche auf. „Die Leute kommen an einem Ort zusammen und beschäftigen sich intensiv mit dem Bibeltext“, so Lechner. Früher habe die Bibelwoche „in den Kirchgemeinden verstreut“ stattgefunden, so Lechner weiter. „Aber wir wollen bewusst an einen öffentlichen Ort gehen, uns nicht abschotten. Sondern die Möglichkeit bieten, dass Interessierte zu uns stoßen, ohne dafür in die Kirche zu müssen. Diese Rechnung gehe auf, meint Lechner.
Ein ähnliches Fazit wie Walter Lechner zieht der Gröditzer Pfarrer Christian Thiele. Mit den Menschen verschiedener christlicher Konfessionen über die Bibel – also den gemeinsamen Grundlagentext – ins Gespräch zu kommen sei zudem wichtig, so der Kirchenmann. Doch die Bibelwoche sei auch eine Herausforderung. „Jeder hatte rund eine Stunde Zeit. Das ist nicht viel“, so Thiele. „Eine Stunde, das ist sehr knapp bemessen“, stimmt Mike Zacharias, Pastor der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde (Baptisten) in Gröditz, zu. „Bei der Bibelwoche kann ich leider nicht – wie in meinen eigenen Bibelstunden – später weitermachen, wo ich das letzte Mal aufgehört habe. Insofern besteht ein gewisser Druck, den ich unschön finde“, kritisiert Zacharias. Es war in diesem Jahr das erste Mal, dass die Baptisten mit an der Veranstaltungsreihe teilnahmen. Insgesamt jedoch sei die Bibelwoche eine gute Einrichtung, erklärt Zacharias. Er wolle sich bemühen, in Zukunft die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Konfessionen weiter zu verbessern, so der Pastor. Die Chancen dafür stehen gut. „Bei meinen Amtskollegen herrscht diesbezüglich auch große Offenheit, was mich freut“, sagt Zacharias. Man müsse jetzt schauen, wie die Kooperation weiter ausgebaut werden könne.
Indes sind die evangelisch-lutherischen Kirchen und die Baptisten nicht die einzigen christlichen Konfessionen, die es in Gröditz gibt. Warum aber waren weder die Katholiken noch die Methodisten bei der Bibelwoche dabei? Walter Lechner erklärt: „Beide sind auf keinen Fall außen vor. Aber weil die Gemeinden klein sind, haben wir als Organisatoren in Gröditz keinen hauptamtlichen Ansprechpartner für die Bibelwoche.“
Trotzdem soll es im kommenden Jahr in Gröditz wieder eine Ökumenische Bibelwoche geben. Deren Thema steht bereits fest – die Josephsgeschichte. Die Vorbereitungen starten im Herbst dieses Jahres.