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Bildungsfirmen bangen um ihre Existenz

Das Arbeitsamt geht bei der Berufsbildung neue Wege. Für viele Bildungsunternehmen in der Region wird die Luft jetzt dünn, Existenzangst breitet sich aus. Der DGB Ostsachsen sieht die Chancen von Langzeitarbeitslosen auf Förderung schwinden.

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Von Heiko Engel

Im Spreehotel in Bautzen-Burk schlugen die Wellen hoch. Lautstark machten Vertreter von Bildungsfirmen ihrem Unmut über die Neuregelungen der Berufsförderung Luft. Wut löste die Erhöhung der „Verbleibsquote“ aus: 70 Prozent der Lehrgangsteilnehmer dürfen sechs Monate nach dem Ende des Kurses nicht mehr arbeitslos sein. Verspricht der Beruf nicht diesen Vermittlungserfolg, gibt das Arbeitsamt kein Geld. Ein unrealistisches Ziel, waren sich die Anbieter von beruflicher Weiterbildung einig. Eingeladen zu der Konferenz hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Mit ihrem Ärger wollen die Unternehmen aber anonym bleiben. Furcht vor der Reaktion des Arbeitsamtes machen sie stumm: „Man getraut sich nicht , sich gegen Entscheidungen aufzulehnen“, sagte eine Zuhörerin. Vor Jahren hatte sie die Ablehnung eines Förderantrags nicht hingenommen. Das werde ihr noch heute vorgehalten.

Eine so hohe „Verbleibsquote“ mache in einem „gut funktionierenden Arbeitsmarkt“ Sinn aber nicht in der Region, sagte Bernhard Sonntag (CDU), Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Ostsachsen. Er wies auf mögliche Folgen hin: Neben Entlassungen komme es zu einem „erheblichen Rückgang“ der Bildungsangebote. Sonntag fürchtet zudem, dass Langzeitarbeitslose auf der Strecke blieben, weil es jetzt vor allem auf den Vermittlungserfolg ankomme. Wer drei Jahre oder länger arbeitslos sei brauche aber Förderung, um wieder fit für den Arbeitsmarkt zu werden.

Wie wichtig die Bildungsangebote für Langzeitarbeitslose und Ältere ohne Job sind, zeigt nach Sonntags Meinung die Statistik des Landesarbeitsamtes Chemnitz. Danach hatten im Bereich des Bautzener Arbeitsamtes vergangenes Jahr 7 000 Personen an einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen, davon waren 2 000 lange Zeit ohne Beschäftigung und 700 über 50 Jahre alt. Die „Verbleibsquote“ von 70 Prozent bei der Berufsbildung sei erreichbar, widerspricht Bautzens stellvertretender Arbeitamtsdirektor Klaus-Peter Hansen dem DGB-Mann. Und zwar durch eine „Optimierung der Teilnehmerzahl“ sowie deren sorgfältige Auswahl. Das Amt unternehme „erhebliche Bemühungen“, um unter den Arbeitslosen ein „Top-Team“ von Teilnehmern für die Berufsziele zu finden. Dass das nicht unbedingt Langzeitarbeitslose sind, ist Hansen klar. Nur werde vom Arbeitsamt der „erfolgssichere“ Einsatz von Geld verlangt.

Die Behörde stellt diesem „Top-Team“ dann „Bildungsgutscheine“ aus, mit denen sich die Arbeitslosen bei einem Bildungsunternehmen ihrer Wahl vorstellen können. Die Zahl der „Bildungsgutscheine“ schwankt je Beruf meist zwischen zwölf und 20. Für Bildungsfirmen hat das gravierende Folgen. Sie können nicht damit rechnen, genügend Teilnehmer für ihre Angebote zu bekommen. Hansen weiß, dass Firmen auf der Strecke bleiben. „Wir hoffen, dass die besten überleben.“ Ein Jahr hätten sie Zeit gehabt, sich auf den neuen Kurs einzustellen. „Wir haben ihnen reinen Wein eingeschenkt.“Auf ein Wort