Die Angst vor dem Wolf

Gerald Rönsch ist besorgt. Der Inhaber der Birkmühle Oderwitz betreibt ein fast einen Hektar großes Wildgehege, neben Gaststätte und Museum ein Ausflugsziel für Einheimische und Touristen. Doch seit der Wolf immer wieder in der Nähe auftaucht, halten sich seine Hirsche nur noch in der Ecke auf - möglichst nah am Haus. "Sie haben Angst", sagt der Betreiber. Irgendwann in der Nacht von Freitag zum Sonnabend muss das Raubtier wieder da gewesen sein, denn ein Reh lag etwa 200 Meter entfernt vom Wildgehege tot am Straßenrand. Ein Wolfsriss.

Davon ist auch Detlef Eckert überzeugt. Der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes Oberlausitz aus Oderwitz fuhr am Sonnabendvormittag gleich vor Ort, als er die Nachricht erhielt - schon um den Kadaver ordnungsgemäß zu vergraben. Er fand Fress-Spuren am Körper des Rehs, schürfte die Hautdecke ab. "Darunter waren die Eingriffe der Reißzähne zu sehen, im Abstand von acht Zentimetern", berichtet der Jäger. "Typisch Wolf." In seinem 400 Hektar großen Revier zwischen der Gemeinde und dem Königsholz hat Detlef Eckert schon einige Wolfsrisse gezählt. Der Wildbestand ist nach seiner Aussage seither merklich zurückgegangen. Dafür tauchen die Tiere immer öfter in bewohnten Gebieten auf - für den Jäger unter anderem eine Reaktion auf den Wolf. Dieser würde Druck ausüben, sodass das Wild sich dann auch mal außerhalb vom Forst aufhält.
Er wünscht sich daher, dass die Wolfspopulation begrenzt wird. Denn Wild gehört für ihn gleichermaßen zu einer Kulturlandschaft dazu. "Man kann nicht das eine wollen und das andere vernachlässigen", sagt er über den besonderen Schutz, den das Raubtier in Sachsen genießt. Ihn ärgert der Zustand. "Es müsste nicht sein." Weil der Wolf aber aktuell nur in Ausnahmefällen geschossen werden kann, will der Jäger wenigstens die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren. Beispielsweise, Nutztiere entsprechend zu schützen, Hunde nicht mehr frei herum laufen zu lassen.
Bestand schon reduziert
Gerald Rönsch hat schon seit der Eröffnung des Wildgeheges 1993 einen zwei Meter hohen Zaun drumherum stehen. In mehr Schutz will er aber nicht investieren, beispielsweise einen Untergrabschutz. "Bei so einer kleinen Herde lohnt sich der Aufwand nicht", sagt der Halter. Doch nur wer all die Auflagen erfüllt, bekommt eine Entschädigung des Freistaates. "Solange die Jäger nicht schießen dürfen, ist sowieso keine Sicherheit da", sagt Rönsch.
Für ihn ist die Wildzucht ein Hobby, um das Land ökologisch zu nutzen. Für Kita- und Schulgruppen hingegen eine Möglichkeit, Hirsche mal von nahen zu sehen - und zu füttern. Diese werden auch nur zum Eigenbedarf geschlachtet. Seinen Bestand hat Gerald Rönsch inzwischen von 14 auf 4 reduziert - auch wegen des Wolfes. Und er denkt schon darüber nach, das Hobby - seinen kleinen Tierpark, wie er das Wildgehege nennt - aufzugeben. Viele andere hätten es schon. "Man muss nur mit offenen Augen durch die Dörfer gehen", meint der Oderwitzer. Wo sich einst Schafe um die Grasmahd kümmerten, sind jetzt Rasenmäher im Einsatz. "Ich warte nur darauf, bis es klappt", sagt er mit Blick auf den ersten Wolfsriss in seinem Gehege. "Dann höre ich auf."
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