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Bis zur Lehrstelle durchgeboxt

Ruppersdorf. Weil er im Sport gut ist, erhielt Sergej Gerling über ein Sonder-Programm ein Praktikum in einer Schlosserei. Jetzt ist er sogar Lehrling.

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Von Holger Gutte

Eberhard Passoke hatte eigentlich nicht vor, einen Lehrling auszubilden. Jetzt ist er froh darüber. Denn die Auftragslage in seiner Ruppersdorfer Bauschlosserei und Schmiede ist seit Langem gut. Der Meisterbetrieb mit seinen sechs Beschäftigten hat ausschließlich Aufträge in der Region. „Einen Lehrling hatte ich schon lange nicht mehr, Praktikanten habe ich dagegen häufiger mal einen, vor allem vom Lehrbauhof in Löbau“, berichtet der 57-Jährige.

Sein Entschluss, Sergej Gerling, als Metallbauer auszubilden, kam sozusagen aus dem Bauch heraus. Eberhard Passoke ist noch immer leidenschaftlicher Box-Fan. Früher schnürte er selber mal als Aktiver in Löbau die Boxhandschuhe. Deshalb sponsert er auch heute den Boxclub Dreiländereck in Zittau/Ebersbach. Als vor einem Jahr sich der Verein mit einer großen Bitte an ihn wandte, überlegte er nicht lange. „Wir haben bei uns einen talentierten Jungen, der keine Lehre findet. Kannst du ihn nicht ausbilden, weil wir ihn unbedingt bei uns halten wollen“, fragte ihn damals ein Sportkamerad aus alten Zeiten.

Über das Sonderausbildungsprogramm EQJ – „Einstiegsqualifizierung für Jugendliche“ – nimmt er 2006 Sergej Gerling für ein Dreivierteljahr als Praktikant. Als Spätaussiedler ist Sergej 1996 mit seiner Familie als Achtjähriger aus Kasachstan nach Deutschland gekommen.

„Ich habe mich riesig gefreut, als ich das Praktikum bekam. Die Ausbildung macht mir von Anfang an großen Spaß“, sagt er in perfektem Deutsch. Als das Praktikum zu Ende ging, stand für Eberhard Passoke sofort fest: „Den bilde ich weiter aus.“ Der Bauschlosser- und Schmiedemeister gibt dem 19-Jährigen eine Lehrstelle. „Er ist immer pünktlich, fleißig, lernbegierig und anständig“, lobt er ihn. Mit dieser Einstellung und natürlich dem Boxerblut, dass auch in Sergej Gerling steckt, hat er gute Chancen, nach der Lehre als Facharbeiter übernommen zu werden, prophezeit Eberhard Passoke. Sein Sohn Matthias macht gerade seinen Meister, und wird einmal den Familienbetrieb in fünfter Generation fortführen. Er arbeitet jetzt schon viel mit Sergej zusammen, wenn sie große Stahlkonstruktionen, Treppen, Geländer oder Metallabdeckungen aller Art bauen. „Sergej ist in Ordnung und ein guter Arbeiter“, sagt er. Und sein Vater fügt hinzu: „Durch das EQJ-Praktikum hat er jetzt im ersten Lehrjahr in der praktischen Ausbildung einen enormen Vorlauf.“