SZ +
Merken

Bischofswerdaer Hausärztin erkrankt

Cornelia Töppel fällt lange aus. Was bedeutet das für ihre Patienten? Was passiert generell, wenn ein Arzt krank wird?

Teilen
Folgen
© dpa

Gabriele Naß und Ingolf Reinsch

Bischofswerda. Der Parkplatz ist leer, die Praxistür verschlossen. Die Bischofswerdaer Hausärztin Cornelia Töppel ist erkrankt und musste deshalb ihre Praxis vorübergehend schließen. Sie bittet, in der Zeitung nicht näher auf ihre Krankheit einzugehen. „Meine Patienten wissen Bescheid. Das sollte genügen“, sagt sie freundlich.

Die Patienten sind der 59-jährigen Ärztin wichtig. Cornelia Töppel ist fest entschlossen, nach ihrer Genesung an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, um wieder für sie da zu sein. Die Nachricht, dass die beliebte Hausärztin krank ist und länger nicht arbeiten kann, haben viele in der Stadt mit Betroffenheit aufgenommen. Sie machen sich Sorgen, nehmen in Briefen, E-Mails und Gesprächen Anteil. Die Patienten machen ihrer Ärztin Mut und geben Kraft. „Viele Menschen denken an mich. Das zu wissen, tut mir gut, und ich bin sehr dankbar“, sagt die Diplommedizinerin.

Ärztinnen vertreten sich gegenseitig

Cornelia Töppel führt eine große Hausarztpraxis. Als sie diese vor zwei Monaten schließen musste, standen die Patienten auch vor der Frage: Welcher Arzt wird mich nun betreuen? Ärztekollegen halfen umgehend. Die Hausärzte Dr. Gudrun Simon und Dr. Wolfgang Müller in Bischofswerda erklärten sich bereit, die Vertretung zu übernehmen. Andere Ärzte übernehmen darüber hinaus Bereitschaftsdienste. Die meisten Patienten von Frau Töppel gehen jetzt zu Frau Dr. Simon. Beide Hausärztinnen vertreten sich gegenseitig seit vielen Jahren, zum Beispiel während des Urlaubs. „Ich kenne viele ihrer Patienten, zum Teil schon seit 20 Jahren“, sagt Dr. Gudrun Simon.

Sie und ihr Team haben sich darauf eingestellt, dass die Vertretung diesmal über längere Zeit gehen wird. – Die Praxis von Frau Dr. Simon liegt wie die von Cornelia Töppel im Wohngebiet Bischofswerda Süd. Sie betreut jetzt fast doppelt so viele Patienten wie normalerweise. „Wir schaffen es noch gut, weil die Arbeit in unserer Praxis sehr gut durchorganisiert ist, weil meine Mitarbeiterinnen mitziehen und mein Mann hinter mir steht“, sagt Gudrun Simon. Sie hat die Sprechzeiten verlängert, fängt jetzt früh Dreiviertel sieben statt halb acht mit der Sprechstunde an und zieht diese bis zum Abend durch. Oft geht es danach weiter mit Hausbesuchen und der für die Praxis erforderlichen Büroarbeit. „Ich freue mich, dass ich helfen kann“, sagt die Ärztin, die wie Cornelia Töppel schon lange praktiziert und Vertrauen genießt.

Für vier Stunden in der Praxis

In wenigen Wochen wird sich die Situation etwas entspannen. Ab dem 3. September gibt es in der Praxis von Cornelia Töppel eine Vertretung. Es kommt Dr. Julika Varga aus Pulsnitz – aus dem Ruhestand zurück. Die Praxis-Vertretung suchte sich die Bischofswerdaer Hausärztin selbst. Die Kassenärztliche Vereinigung (KVS) gab Unterstützung. Sie führt Listen von Ärzten, die sich bereiterklärt haben, Vertretungen zu übernehmen, wenn ein Arzt in ihrer Region gebraucht wird. Zumeist sind das schon in Rente gegangene Ärzte. Von der KV bekam Cornelia Töppel auch die Telefonnummer von Frau Dr. Varga, um mit ihr Kontakt aufzunehmen. An drei Vormittagen und einem Nachmittag in der Woche wird Dr. Julika Varga bis auf Weiteres jeweils für vier Stunden in der Praxis von Frau Töppel Sprechstunde halten. Außerhalb dieser Sprechzeiten können Patienten, wenn sie es brauchen, die schon bisher fleißigen Vertretungsärzte aufsuchen.

Die beiden Arzthelferinnen von  Cornelia Töppel sind weiter an Bord – vertraute Gesichter, wenn in gut zwei Wochen die Praxis Töppel wieder öffnet. Viele Patienten dürfte das auch deswegen freuen, weil sie dadurch erfahren, dass Arzthelferinnen nicht automatisch ihre Arbeit verlieren, wenn der Herr und die Frau Doktor länger nicht praktizieren können. Finanziert wird das nach SZ-Informationen auf unterschiedliche Weise. Manche Ärzte schließen zum Beispiel Arbeitsunfähigkeitsversicherungen ab, wie viele Freiberufler.

Arzt muss sich Vertretung suchen

Dass ein Arzt krankheitsbedingt ausfällt, auch für längere Zeit, damit muss gerechnet werden. Was passieren muss, wenn das eintritt, ist genau geregelt. „Vertragsärzte sind zur Leistungserbringung verpflichtet. Ausnahmen bestehen bei Urlaub, Krankheit oder Weiterbildung“, teilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit. Nur eine Mitteilungspflicht gegenüber der KV haben Ärzte, wenn sie nicht länger als drei Monate fehlen. Dauert die Abwesenheit länger, muss die KV das Fehlen genehmigen. Genehmigungsfähig ist das bis zu einem Jahr. Die Zulassung als Vertragsarzt geht dem Doktor dadurch nicht verloren. Der abwesende Arzt ist aber verpflichtet, für ausreichende Vertretung zu sorgen, solange er nicht da ist. Laut KV fiel zum Beispiel in Kamenz ein Arzt kürzlich auch länger wegen Krankheit aus.

Dass die Situation der medizinischen Hausarztversorgung aufgrund des Ausfalls der Bischofswerdaer Ärztin besonders angespannt ist, räumt die Kassenärztliche Vereinigung ein. Die Region Bischofswerda folge dem Trend, „wonach eine rasch alternde Bevölkerungsmehrheit erhöhten ärztlichen Behandlungsbedarf hat“. Dadurch führe der vorübergehende Ausfall einer kompletten Praxis „zumindest in der Anfangszeit häufig zu einem erhöhten Organisations- und Koordinationsaufwand in den übrigen Praxen“ – und wäre wohl ohne das freiwillige Engagement zu Mehrarbeit von Ärztekollegen wie Dr. Simon in Bischofswerda gar nicht zu bewältigen. Erfahrungsgemäß könne eine Situation wie die jetzige in Bischofswerda, wo die Ärztin einer vergleichsweise großen Praxis krank geworden ist, die an sich geltende freie Arztwahl einschränken. Bei der KV wisse man, dass „die Wahl der Patienten in solchen Fällen nicht immer mit den vorhandenen Kapazitäten korrespondiert.“

Sprechzeiten von Frau Dr. Varga in der Hausarztpraxis von Frau Dr. Töppel, Jahnstraße 13 , ab dem 3. September: Montag, Donnertag und Freitag jeweils 8 bis 12 Uhr sowie Dienstag, 14 bis 18 Uhr