Von Sebastian Martin
Thomas Walbe hat alles im Griff. Die Werte stimmen, die das Heizwerk an der Belmsdorfer Straße auf seinen Laptop schickt. Genau 86 Grad Celsius misst das Wasser, ehe es in das Fernwärmenetz gepumpt wird, um über 1000 Wohnungen der Wohnungswirtschaft und Bau GmbH sowie der Wohnungsgenossenschaft in Bischofswerda-Süd zu versorgen. Auch für das Altenheim am Belmsdorfer Berg, für die Schiebock-Passage und die Grundschule Süd kommt die Wärme aus Bischofswerdas größtem Ofen. Kaum vorstellbar, wenn das Heizwerk an extrem kalten Tagen wie in den vergangenen beiden Wochen ausfallen würde.
Das Herz des Heizhauses sind vier große Kessel. Zwei von ihnen sind im Winter permanent in Betrieb. „Immer abwechselnd, damit keinem langweilig wird“, sagt Thomas Walbe scherzhaft. Vielmehr geht es aber um Sicherheit, falls einer der Kessel ausfällt und schnell ersetzt werden muss, erklärt der 43-Jährige bei einem Rundgang durch die Anlage. Nur aller paar Wochen ist Thomas Walbe in dem Heizwerk unterwegs. Der Leipziger von der Firma Techem kontrolliert die Anlage meist von seinem Laptop aus, auf dem er jederzeit die aktuellsten Werte ablesen kann.
Lediglich ein Mitarbeiter ist regelmäßig vor Ort – Gerhard Thal, die gute Seele des Heizwerkes. Der Bischofswerdaer kennt in der Anlage jede Schraube. Seit 1975 arbeitet er in dem Heizwerk. Viel hat sich seitdem verändert. „Früher hatte man als Heizer nichts zu lachen“, sagt Gerhard Thal. Dreckig sei die Arbeit gewesen, als bis zu 120 Tonnen Kohle am Tag verfeuert wurde. Und das mit der Schaufel. Heute ist in dem Heizwerk alles sauber und hochmodern. Anstatt von 20 Mitarbeitern wie früher, wird die Anlage jetzt mit einem Fernüberwachungssystem gesteuert. Alles läuft automatisch. Und auch der schwarze Ruß von der Kohle kommt schon lange nicht mehr aus den Schornsteinen. Stattdessen wird seit Mitte der 1990er-Jahr mit Gas geheizt. Bis zu 600 Kubikmeter verschlingt die Anlage an kalten Tagen wie zuletzt. Den Großteil am Morgen und am Abend – dann, wenn die Menschen duschen oder ihre Heizungen aufdrehen. In dieser Zeit könne es auch zu Verzögerungen bei der Warmwasserversorgung kommen, sagt Thomas Walbe. Schuld daran sei aber nicht das Heizwerk, sondern die Warmwasserkessel in den Häusern. Denn diese fassen in der Regel nur 500 Liter und müssten erst wieder mit heißem Wasser volllaufen. Das könne ein paar Minuten dauern. Größere Kessel in den Häusern wären aber nicht wirtschaftlich, erklärt der Techniker. Denn die nicht verbrauchte Menge fließt in das Heizwerk zurück.
Warme Wohnung im Winter
Sorgen vor einer kalten Wohnung muss sich in Bischofswerda-Süd niemand machen. Bis zu 24 Grad Celsius könne die Zimmertemperatur zu Hause geheizt werden – auch bei eisigen Temperaturen wie zuletzt, wenn der Heizkörper auf die höchste Stufe gedreht wird. Das machen vor allem die älteren Menschen, weiß Thomas Walbe aus Erfahrung. Junge Familien verbrauchen dafür mehr Wasser, weil sie öfter baden gehen.
„Selbst eine Havarie würde niemand merken“, sagt Thomas Walbe. Denn in dem Heizwerk ist alles abgesichert. Nicht nur durch die doppelte Anzahl an Kesseln. Sollte Russland zum Beispiel den Gashahn zudrehen, könnte auch mit Öl geheizt werden. Das wäre aber wesentlich teurer. Drei riesige Tanks befinden sich unter dem Gebäude, die insgesamt 100000 Liter fassen und für 14 Tage ausreichen würden. „Auch ein Stromausfall wäre kein Problem, da das Notstromaggregat anspringen würden“, sagt Thomas Walbe.
Probleme könnte es nur geben, wenn zum Beispiel eine Rohrleitung des insgesamt 5000 Meter langen Fernwärmenetzes bricht, für das die Leipziger Firma Techem seit 2004 ebenfalls zuständig ist. Für einen solchen Fall hat sie aber mobile Heizcontainer zur Verfügung, die ebenfalls mit Gas oder Öl gefeuert und vor Ort aufgestellt werden, sagt Thomas Walbe, ehe er seinen Laptop zuklappt.