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Bitter mit neuem Zuhause

Gestern Abend wurde der letzte Nagel in den Dachstuhl der sanierten Radeberger Likörfabrik an der Hauptstraße eingeschlagen. Zum Altstadtfest Mitte August sollen die Gerüste fallen und ein erster Teil des Gebäudes – das Ladengeschäft – nutzbar sein.

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Von Jens Fritzsche

Radeberg. Die Erleichterung war Thomas Tiebel gestern Abend deutlich anzusehen. Der Spross der alteingesessenen Radeberger Unternehmerfamilie Tiebel, die zwei Süßwarengeschäfte in der Bierstadt betreibt, gibt dem traditionsreichen Radeberger Bitterlikör sein altes Zuhause im neuen Glanz zurück. Kein leichtes Unterfangen. Denn bis zum Richtfest, das gestern Abend an der Radeberger Hauptstraße gefeiert werden konnte, war es ein hartes und steiniges Stück Weg. Das liegt nicht nur an bürokratischen Hürden, wie der Planer des Umbaus Architekt Detlev Dauphin den Gästen des Richtfestes berichtete. „Das ist wirklich keine Baustelle, die man im Vorbeigehen erledigt!“ Da wurde zum Beispiel im Erdreich unter dem Verkaufsraum ein riesiger harter Felsbrocken gefunden, der mühsam weg gehackt werden musste. Da steckte auch so manche unliebsame Überraschung im maroden Mauerwerk. „Wir mussten Wände abreißen und neu bauen, das alles kostet Zeit“, schüttelte Detlev Dauphin den Kopf. „Aber wir wollen den End-Termin Altstadtfest unbedingt halten“, verkündete der Architekt dann kampfentschlossen. Dann, am 15. August, sollen die Gerüste an der Vorderfront verschwunden sein und das Ladengeschäft genutzt werden können. Die vier Wohnungen im Obergeschoss (zwei sind bereits vermietet), die mit Glas überdachte Probierstube im Hinterhof und ein zweites Ladengeschäft sollen dann Schritt für Schritt folgen.

Aber ein Richtfest ist immer auch ein Termin zum Aufatmen. Zum Luftholen für den Rest der Wegstrecke. Und natürlich auch, um Danke zu sagen. Thomas Tiebel dankte zum Beispiel seiner Freundin Sandra, „die mich ertragen muss, wenn mir mal wieder alles hier am Bau nicht schnell genug geht.“ Und für Tiebels Oma gab‘s ein extra Dankeschön: „Für die vielen Ideen!“

Und Thomas Tiebels Eltern hatten dann gar noch eine ganz besondere Überraschung für den Bauherrn parat: Eine Schatulle aus Messing, in der Erinnerungsgegenstände versteckt waren, und die jetzt in eine Wand des Hauses eingemauert werden soll. Weil das Haus ja schon stand und kein neuer Grundstein gelegt werden konnte, in den solche Schatullen normalerweise versenkt werden...

Wein- und Tabakseminare in der Probierstube

Und so soll die Likörfabrik im Herzen Radebergs ab August aussehen: Im Untergeschoss erwartet die Radeberger und die Besucher der Stadt dann ein Geschäft, in dem sich beinahe alles um den Radeberger Bitterlikör drehen wird. Aber in dem auch hochwertige Weine, Spirituosen und Tabakwaren verkauft werden. Auch an Zigarren- und Wein-Seminare denkt Thomas Tiebel, die es in der im Hof hinter dem Laden geplanten Probierstube in Zukunft geben soll. Unter einem herrlichen Glasdach. Zur Hauptstraße zu wird noch ein zweiter Laden entstehen, für den noch ein Mieter gesucht wird. Etwas, was zum Thema Wein passt, schwebt Tiebel dabei vor. Ein Käse-Geschäft zum Beispiel. Ein paar Interessenten gibt es wohl schon, wie zu hören war.

Das Herzstück der neuen Likörfabrik aber wird die „Gläserne Kräuterküche“ werden, wie sie Thomas Tiebel liebevoll umschreibt. Die Herstellungsräume für das Kräuter-Destillat des „Radeberger Bitters“. Dieses Destillat bildet den Grundstoff für den Bitter, der seit einigen Jahren in Eckernförde abgefüllt wird. Dort, wo auch der „Kleine Feigling“ oder der „Küstennebel“ herkommen.

Die „Kräuterküche“

wird verglast

Damit die Besucher aber auch sehen können, dass und wie der Bitter-Extrakt in Radeberg hergestellt wird, werden die Räume verglast sein. Dabei wird auch die alte „Kräuterküche“ erhalten bleiben, in der noch bis Ende Mai diesen Jahres der Extrakt gefertigt wurde. Seitdem ist die neue Destillationsanlage in Betrieb. „Hier wird nach wie vor unter der bewährten Regie von Siegried Lange der Grundstoff für den Bitter hergestellt“, erzählt Thomas Tiebel.

Jetzt hofft der Bauherr, dass er bis zur Fertigstellung des Hauses von unliebsamen Überraschungen verschont bleibt. „Und dass die Radeberger und die Besucher der Stadt die Likörfabrik annehmen!“