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Bitterer Abschied für den Stahl-Coach

Horst Rau ist nicht mehr Trainer des Fußball-Landesligisten FC Stahl Riesa 98. Obwohl er mit der Mannschaft den sportlichen Klassenerhalt in der Oberliga geschafft hatte, muss er seinen Stuhl räumen. Vorläufiger Nachfolger ist der bisherige Assistenztrainer Wolfgang Scharf.

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Von Jürgen Müller

Horst Rau ist nicht mehr Trainer des Fußball-Landesligisten FC Stahl Riesa 98. Obwohl er mit der Mannschaft den sportlichen Klassenerhalt in der Oberliga geschafft hatte, muss er seinen Stuhl räumen. Vorläufiger Nachfolger ist der bisherige Assistenztrainer Wolfgang Scharf.

„Das ist eine ganz bittere Sache für mich. Besonders enttäuscht mich, dass mir trotz des sportlichen Klassenerhaltes der Stuhl vor die Tür gesetzt wurde.“ So hatte sich Horst Rau seinen Abschied aus Riesa nicht vorgestellt. „Vor meinen Spielern ziehe ich den Hut. Die haben zwischen fünf und acht Monate kein Geld gekriegt und trotzdem weitergespielt, die Klasse gehalten“, sagt er. Rau selbst hat nach eigenen Angaben seit fünf Monaten keinen Cent mehr vom Verein gesehen. „Weil ich aber einen Vertrag mit dem Verein und im Gegensatz zu den Spielern nicht mit der Fußball Commerz GmbH hatte, steht mir jetzt wenigstens für drei Monate Insolvenzgeld zu“, tröstet er sich. Zwei Monate aber habe er praktisch für Null und Nichts gearbeitet. Juristisch vorgehen will Rau gegen die Vertragskündigung nicht, dies habe wegen der Insolvenz des Vereins keinen Sinn. Im Gespräch mit Präsident Uwe Hecht sei ihm ein neuer Vertrag zu wesentlich schlechteren Bedingungen angeboten worden, den er abgelehnt habe. „Ich hatte den Eindruck, dass Herr Hecht konzeptionslos zu diesem Gespräch kam. Die Konditionen waren jedenfalls nicht haltbar.“ Der Präsident zeigte sich gestern wortkarg. „Ja, es stimmt, Herrn Rau wurde durch den Insolvenzverwalter gekündigt“, war Uwe Hecht lediglich zu entlocken.

Viel geredet, aber

nichts geändert

Der geschasste Trainer hingegen nimmt kein Blatt vor den Mund. „Ursache für den Niedergang des Riesaer Fußballs ist die Tatsache, dass Leute das Sagen hatten, die von Tuten und Blasen nichts verstanden“, schimpft er. Der Umgang von Präsidiumsmitgliedern mit Spielern sei teilweise „unter der Gürtellinie“ gewesen, so der Ex-Trainer. „Ein Kardos hat sich zum Beispiel deswegen in Riesa nie wohl gefühlt. Und solch ein Spieler kann dann auch nicht seine Leistung bringen.“ Dass innerhalb einer Saison gleich acht Spieler einen Verein verlassen, das habe er in seiner Trainerlaufbahn noch nie erlebt. Deshalb habe die Mannschaft nie zusammenwachsen, nie ihre Leistung bringen können. Alle vier Präsidenten, die der Verein in einem Jahr verschliss, hätten zwar viel erzählt, doch geändert habe sich nichts. „Dass die Spieler unter diesen Bedingungen die Klasse gehalten haben, ist ein kleines Wunder, verdient höchste Anerkennung.“ Anerkennung zollt Horst Rau auch den Fans. „Da fahren 100 Leute mit zum Relegationsspiel nach Eberswalde, die keinen Knopf in der Tasche haben, und jubeln Stahl Riesa zu. Jetzt werden sie so vor den Kopf gestoßen. Schuld am Niedergang des Riesaer Fußballs gibt der Trainer auch den Politikern. „In Riesa hat man Geld für Sumo, Bob, Handball, Boxen, aber der Fußball interessiert in der Sportstadt Riesa nicht.“ Dresden habe eine Million Euro für Dynamo und 500 000 Euro für den DSC gegeben, in Riesa klopfe man sich wegen 25 000 Euro gegenseitig auf die Schulter, ist der Bischofswerdaer sauer. „Die Stadt ist nicht verantwortlich für das, was geschehen ist, ebenso wenig wie die Spieler und der Trainer. Doch die Stadt hat Stahl Riesa absaufen lassen“, ist er überzeugt.

Gescheitert am Größenwahn Einzelner

Rau war nicht unumstritten. Wenn der Trainer freie Hand erhielte bei der Auswahl neuer Spieler, sich von neun Leuten aber sechs als Ausfälle erwiesen, wenn die Spielkultur mit der neuen Mannschaft schlechter sei als mit der vorherigen, dann müsse sich auch der Trainer Kritik gefallen lassen, heißt es.

Horst Rau ist erst einmal arbeitslos, steht aber nach eigenen Aussagen in Verhandlung mit zwei Vereinen. Riesa hat er nicht für immer und ewig abgehakt. „Stahl ist sportlich interessant, ich hatte anfangs auch keine schlechte Zeit. Gescheitert ist der Verein am Größenwahn Einzelner. Für die Spieler und die Fans tut mir das unendlich leid.“

Raus Nachfolger ist vorerst dessen bisheriger Assistent Wolfgang Scharf. Der 57-Jährige bestritt für Stahl Riesa in der Oberliga als Torhüter einst mehr als 100 Punkt- und Pokalspiele. Seit sechs Jahren ist er Co-Trainer. Einen Vertrag hat er aber – wie alle anderen Spieler auch – bisher noch nicht.

Heute um 18.30 Uhr trifft Stahl Riesa unter seiner Regie im Ernst-Grube-Stadion in einem Vorbereitungsspiel auf Großröhrsdorf.