Von RegineSchlesinger, Mandy SchaksundFranz Herz
Das wären jetzt vier Punkte mehr in Flensburg und 50 Euro weniger in der Haushaltskasse gewesen. Luisa, 12, hatte den Fußgängerüberweg auf der Dippoldiswalder Brauhofstraße bereits betreten, als die junge Frau im silbergrauen Golf mit Dippser Kennzeichen ungerührt vorbeirauschte. „Das Auto hätte doch eigentlich anhalten müssen“, sagt Luisa, als sie verunsichert, aber zum Glück heil auf der anderen Straßenseite angekommen ist.
Hätte es, aber das scheint nicht allen Kraftfahrern klar zu sein. Wenig später steht eine ältere Dame mit einem Gehstock am Überweg. Von oben ist die Straße frei. Doch aus Richtung Großer Mühlstraße hält erst das dritte Auto an, um sie passieren zu lassen.
Nicht nur Kraftfahrer haben es eilig. Vom Parkplatz an der Sparkasse kommt eine Frau über die Straße und läuft ohne den Umweg über die Zebrastreifen geradewegs zur Gaststätte Reichskrone. „Ich habe doch erst geguckt, ob was kommt“, sagt Margarete Katzor entschuldigend. Sonst würde sie immer den Überweg nehmen, versichert die Seifersdorferin. Aber heute hätte sie es etwas eilig und deshalb ausnahmsweise mal den kürzeren Weg genommen.
Da ist sie nicht die Einzige. Viele ignorieren den zum Schutz der Fußgänger angelegten Weg. Auch eine Frau mit einem kleinen Jungen an der Hand marschiert von der Niedertorstraße quer über die Brauhofstraße Richtung Sparkasse. Ob sie ihrem Sohn da nicht ein schlechtes Vorbild gibt? Die Antwort bleibt die junge Mutter schuldig. „Keine Zeit“, sagt sie kurzangebunden und läuft weiter.
Auch an der Rabenauer Straße huschen fix Bewohner aus dem Neubaugebiet quer rüber zum Einkaufsmarkt und verzichten auf den Schutz der Zebrastreifen. Ältere Dippser aber wie Otto Mai sind froh über den Fußgängerüberweg. „Ehe ich loslaufe, gucke ich trotzdem, ob die Kraftfahrer auch tatsächlich bremsen“, sagt der 76-Jährige. „Manche fahren nämlich einfach vorbei. Das ist Mist. Hier müsste mal die Polizei kontrollieren.“
Die meisten Kraftfahrer sind aber gestern während der SZ-Stippvisite diszipliniert und stoppen. Nur wenn sie in Kolonne anrollen, scheint der eine oder andere zu denken: Einer geht noch.
Ein Rentner, der seinen Namen nicht nennen will, appelliert aber auch an die Fußgänger. „Ich war selber jahrelang Kraftfahrer“, erzählt er. „Da kann man auch mal kurz warten und das Auto vorbei lassen. Auf die Minute kommt es auch nicht an.“ Das Halten und Anfahren gerade am Berg koste nur einen Haufen Sprit.
Zwei Zebrastreifen hat die Uhrenstadt Glashütte. Beide helfen Fußgängern, die Staatsstraße durchs Müglitztal zu überqueren. Einer liegt in Schlottwitz gegenüber vom Kindergarten, der zweite in der Kernstadt am Bahnhof. Ines Spittel hat gerade ihren Sohn zum Kindergarten gebracht und kommt hier zurück. Sie sagt: „Ich bin schon froh, dass wir den Überweg haben, auch wenn nicht immer alle anhalten. Mein Sohn sagt dann: Böse Autofahrer.“ Die sind zumindest gestern Vormittag nicht unterwegs. Vorschriftsmäßig hält ein Toyota, als eine Klasse der Grundschule hier die Straße quert. Hinterher kommt Cornelia Mutze mit dem Kinderwagen. Sie ist unterwegs zum Einkaufen. „Das Anhalten klappt nicht immer so gut. Manchmal steht man eine ganze Weile, ehe man rüber kann“, berichtet sie.
Annett Wapki aus Geising kommt aus dem Bahnhof. Sie überquert hier auf dem Weg zur Arbeit die Straße. Sie guckt links. Ein VW stoppt. Rechts hält ein Opel. „Zu 90 Prozent halten die Fahrer ordentlich an“, ist ihre Beobachtung.