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Bloß ein bisschen getätschelt

Ein Meißner soll die Mutter eines seiner Kinder geschlagen haben. Die beiden sind hoffnungslos zerstritten.

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© dpa

Von Jürgen Müller

Meißen. Der Angeklagte – ein 32-jähriger Meißner – erscheint in kurzen Hosen, im ärmellosen Shirt und mit Turnschuhen vor Gericht. Nun gibt es zwar keine vorgeschriebene Kleiderordnung für Angeklagte, eine solch legere Kleidung kann man aber auch durchaus als Missachtung des Gerichts auslegen. Auch sonst nimmt es der Meißner offenbar nicht so genau, ist oberflächlich, handelt unüberlegt. Das bringt ihn nun vor Gericht. Er soll die Mutter eines seiner fünf Kinder geschlagen haben. Auslöser war der Streit um das Umgangsrecht. Mit der Frau war der Angeklagte nie liiert. Der heute neunjährige Sohn entstammt einem One-Night-Stand oder einem „Verkehrsunfall“, je nach Betrachtungsweise. Erst hatte er die Vaterschaft angezweifelt, nachdem diese zweifelsfrei feststand, kümmert er sich aber um seinen Sohn. Anfangs zahlte er Unterhalt, seit er von Hartz IV lebt, jedoch nicht mehr. Im Moment gibt er eher symbolische zehn Euro pro Monat.

Ohrfeige oder nicht?

Sich um den Jungen kümmern, ihn wie vereinbart zu sich nach Hause holen, das wollte er auch an jenem Septembertag vorigen Jahres, konnte das Kind aber nicht selbst abholen. Deshalb schickte er seine Mutter und seine Lebensgefährtin. Sonst hatten seine Eltern immer das Kind geholt, bis zu jenem Tag habe das auch immer reibungslos geklappt. Doch die Kindsmutter rückte den Jungen an die Lebensgefährtin nicht heraus. Wenig später erscheint der Angeklagte dann selbst mit seiner Lebensgefährtin im Schlepptau. Es kommt zu einer verbalen Auseinandersetzung, schließlich soll er die Mutter des Kindes geohrfeigt haben. Die erlitt laut Anklage Schmerzen im Nacken und am Hinterkopf, ging zum Arzt. Krankgeschrieben war sie allerdings nicht. Vor Gericht versucht der Angeklagte, die Tat herunterzuspielen. Nach dem Wortgefecht habe er der Frau ins Gesicht gegriffen und nur ein bisschen getätschelt.

Richterin Ute Wehner, die jahrelang als Familienrichterin tätig war, belehrt den Angeklagten. „Ihren Sohn abzuholen, ist Ihr höchstpersönliches Recht. Wenn Ihre Lebensgefährtin ihn abholen will und keine Vollmacht hat, kann es Probleme geben“, sagt sie. Verteidigerin Anne Krause schildert, dass das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und der Kindesmutter hoffnungslos zerrüttet ist. Man streitet sich auch vor dem Familiengericht, das Jugendamt ist eingeschaltet. Die vorgeblich Geschädigte bestätigt das mit ihrer Aussage. Die 34-Jährige rudert jetzt allerdings zurück. Entgegen ihrer früheren Aussage ist jetzt von einer Ohrfeige nicht mehr die Rede. Der Angeklagte habe die Hand gehoben und ihr an die Wange gefasst. Einen möglichen Schlag habe sie abgewehrt, indem sie den Kopf nach hinten zog. Dabei habe sie sich am Nacken und Hinterkopf verletzt, sagt sie. „Ich muss mich doch nicht von jedem antatschen lassen“, sagt sie.

Eine Ohrfeige habe es nicht gegeben, sagt Staatsanwältin Claudia Jentzsch. Sie regt an, das Verfahren wegen geringer Schuld ohne Auflagen einzustellen. Das Gericht folgt dieser Anregung. Die Kosten des Verfahrens werden zwar der Staatskasse auferlegt, doch seine Verteidigerin muss der Mann selbst bezahlen.