„Bloß gesund ankommen“

Feldschlößchen. Der Aufwand ist immens: 15 000 Kilometer entweder mit dem Motorrad oder mit dem Transporter unterwegs, vier Wochen lang Hitze, die Nächte im Schlafsack, karges Essen und Kosten von rund 5 000 Euro: Dennoch zögert Johannes Baumgärtel keine Sekunde. „Das hat sich gelohnt. In den Tagen erlebst du Dinge, die du dein ganzes Leben nicht vergisst.“ Der Familienvater und Mitinhaber einer Veranstaltungsagentur aus Feldschlößchen nahm an der Intercontinental-Rally teil, die auf der Route der legendären Rallye Paris-Dakar entlangführt. Von Mitte Januar bis Mitte Februar war er unterwegs. Zunächst Anreise mit dem Transporter. Dann Start in Südspanien. Mit dem Motorrad 6 000 Kilometer durch Marokko, Mauretanien nach Senegal. „Mit 14 Etappen ist es die längste Rallye, die ich kenne und wohl die härteste.“ So war es auch diesmal. Von den 30 gestarteten Motorrädern kamen nur zehn in Dakar an. Um die Belastungen wusste Johannes Baumgärtel vorher und entsprechend akribisch bereitete er sich vor. Unter Anleitung von Physiotherapeuten trainierte er in einem Radeberger Sportstudio. „Es ging darum, Beine und Arme auf die Strapazen vorzubereiten. Auf so einer Rallye-Etappe steht man als Fahrer 80 Prozent auf den Pedalen, außerdem das ständige Vibrieren des Lenkers. Ich wollte nicht mit Verspannungen die Kilometer irgendwie überstehen, sondern fit sein.“
Acht, neun Stunden Konzentration – jeden Tag
Hinzu kommt die mentale Belastung bei einem solchen Rennen. 300 bis 600 Kilometer sind die Fahrer pro Tag unterwegs. Das heißt acht, neun Stunden Konzentration. „Jederzeit kann ein Stein oder eine Rinne in die Quere kommen. In Sekundenbruchteile muss der Fahrer reagieren. Auf der Fahrt den Gedanken nachhängen, das ist nicht möglich.“ Johannes Baumgärtel konzentriert sich deshalb in den vier Wochen allein auf das Fahren. „Ich gehe nicht ans Handy, schaue nicht nach Mails, versuche während der Zeit nichts von meiner Arbeit an mich herankommen zu lassen. Das tut auch sehr gut. Ich bin ganz auf die Sache fokussiert.“
Außerdem versucht er, nie volles Risiko zu gehen, nie volles Tempo, eher kontinuierlich die Strecke abspulen, lautet sein Motto. Wie schnell es gehen kann, musste er etwa nach der Hälfte der Rallye erleben. Ein anderer Fahrer aus Sachsen, übersah einen großen Stein und stürzte wahrscheinlich bei hohem Tempo. Er kam verletzt in Mauretanien ins Krankenhaus und wurde dann später nach Deutschland ausgeflogen. Aber freilich überwiegen die positiven Eindrücke. „Ich habe mir als Jugendlicher im Fernsehen leidenschaftlich gerne Berichte von der Rallye Paris-Dakar angesehen, die ja damals noch auf der gleichen Strecke stattfand. Jetzt bin ich selbst diese Tour gefahren. Das ist Wahnsinn. Die Dünen oder die spiegelglatten ausgetrockneten Seen, die ich aus dem Fernsehen kannte, live zu erleben, das ist schon beeindruckend.“ Aber auch das bunte Treiben auf den Straßen in Dakar und die freundlichen Menschen im Senegal oder die Armut in Mauretanien wird er nicht vergessen. „Europa ist dort sehr weit weg. Kaum Straßen, die medizinische Versorgung ist mit unserer nicht zu vergleichen. Diese Erfahrung relativiert die Probleme, die wir hier haben enorm.“

Während der Tour hat er sich nie um seine Platzierung gekümmert. „Mir war wichtig, dass ich durchkomme. Das habe ich bis zum Schluss so gehalten. Als dann das Ziel Dakar immer näher rückte und mir gesagt wurde, dass ich vorne mitfahre, habe ich mich schon gefreut. Dass es aber für den Sieg langt, hätte ich nie gedacht.“ Am Ende war es dann so: beste Zeit aller Motorradfahrer und sogar beste Zeit aller Teilnehmer. Neben den Zweirädern waren Buggys oder Geländewagen an den Start gegangen. „Das war natürlich toll, als ich bei der Abschlussparty die Pokale überreicht bekommen habe. Wäre ich 23. geworden, hätte ich mich genauso gefreut. Bei so einer Rallye gilt: Ankommen ist alles.“