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Blütenvielfalt statt Monokultur

Zur Verwunderung der Anwohner hat Andreas Roch einen Großteil seine Felder mit Blumen und Kräutern bestellt. Aus einem einfachen Grund.

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Von Sebastian Münster

Seine Nachbarn sind in Sorge um ihn, scherzt Andreas Roch. Denn in letzter Zeit werde er häufiger gefragt, ob auf dem Luisenhof alles nach Plan laufe. Die Felder des Merschwitzer Landwirtes wirken verwildert. Ja, man will fast sagen verwahrlost. Doch der 44-Jährige hat seine Flächen nicht vernachlässigt. Laien, die die wild bewachsenen Brachflächen für unbestellt halten, werden durch viele kleine Informationsschilder aufgeklärt. 80 der insgesamt 100 Hektar, die Andreas Roch bewirtschaftet, hat der Landwirt mit Blühwiesen bestellt.

„Für normale Landwirte wäre das Unkraut. Die würden das wegspritzen.“ Doch Roch will es anders machen. Jedes Jahr die immergleichen Kulturen anzubauen und anschließend abzuernten, bedeutet für den Boden dauerhaft einen Verlust an Nährstoffen. Um das auszugleichen, düngen die Landwirte – sowohl mit Gülle als auch mit synthetischen Stoffen. Seine Blühwiesen sind für einen Zeitraum von fünf Jahren angelegt und müssen nicht gepflegt oder behandelt werden. Sie verblühen und die verrottete Biomasse bildet neuen Humus. Im nächsten Jahr beginnt der Kreislauf von vorn. Der Boden gewinnt so Nährstoffe zurück. Seine Felder, so hofft Andreas Roch, werden deshalb künftig deutlich mehr Ertrag bringen.

Ohnehin dürfen Landwirte nicht all ihre Flächen mit Mais oder Weizen bestellen. Seit Januar 2015 gilt die neue „Greening“-Richtlinie der EU, die dem Umwelt- und Naturschutz zugute kommen soll. Landwirte müssen seitdem mindestens fünf Prozent ihrer Flächen für ökologische Ausgleichsmaßnahmen nutzen – beispielsweise indem sie „ökologische Vorrangflächen“ ausweisen. Und genau das tut Andreas Roch. Allerdings eben mit fast seiner gesamten Nutzfläche.

Das Saatgut für die Blumenwiesen muss staatlich zertifiziert und von der EU zugelassen sein. Das ist nicht billig. Rund 15 000 Euro habe ihn das Saatgut für 80 Hektar Anbaufläche gekostet. Je nach Mengenrabatten und Sorte sei Mais deutlich billiger, so Roch. Die Mischung aus Blumen- und Kräuterarten ist so gewählt, dass es von Mai bis Oktober durchgehend Blüten gibt. Für Andreas Roch ist das ein Wirtschaftsfaktor. Denn Roch ist nicht nur Landwirt, sondern auch Imker. Rund 120 Bienenvölker produzieren für ihn Honig aus Sonnenblumen, Mohnblumen, Dill und anderen Kräutern. Da die Flächen nicht mit Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmitteln behandelt werden, hofft Roch, dass seine Bienen weniger belastet und dadurch stärker in den Winter gehen. „Und der Honig, den ich ernte, wird sehr gesund sein“, sagt Andreas Roch.

Aber kann sein Betrieb allein von Honig leben? „Wir leben auch von den Agrarsubventionen und EU-Fördergeldern, die wir für die Flächen bekommen“, sagt Roch. Landwirte, die auf bewirtschafteten Agrarflächen mehrjährige Blühwiesen anbauen, erhalten für diese „Agrarumwelt- und Klimamaßnahme“ 835 Euro an EU-Fördergeldern pro Hektar. So zeigt es eine Übersicht des Sächsischen Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums. Rund 200 Euro je Hektar bleiben davon nach Abzug aller Kosten übrig, schätzt Andreas Roch.

Erst vor Kurzem hat der ehemalige Betriebswirt und Bankenberater den Luisenhof in Merschwitz von seinem Schwiegervater übernommen. Langfristig, so sagt er, will er nachhaltige und lokal produzierte Lebensmittel anbieten: Honig, Fleisch und Milchprodukte vom lokalen Landwirt um die Ecke.