Von Andreas Rentsch
Manch ein Passant, der am Buß- und Bettag den Obergorbitzer Friedhof ansteuerte, war irritiert: Warum öffnet das „Rosen-Eck“ nicht wie gewohnt? „Manche Leute haben wohl gedacht, wir hätten es nicht mehr nötig“, mutmaßt Floristmeisterin Jana Gäbler. Dabei ist es das im Frühjahr beschlossene Sächsische Ladenschlussgesetz, das sie zum Zusperren zwingt.
An diesem Wochenende wiederholt sich das Trauerspiel. Auch der Totensonntag ist im Paragraf 7, Absatz 5 des Gesetzes als geschützter Termin (s. Kasten) aufgeführt. An solchen Tagen dürfen nicht einmal Zeitungen, Backwaren, Milch oder eben Blumen verkauft werden. Eine Regelung, die von der Floristen-Branche als realitätsfremde Schikane kritisiert wird. „Umsätze, die ich am Totensonntag oder am Volkstrauertag mache, helfen mir, über das Jahr zu kommen“, sagt Brigitte Wittek. Die Frau aus Klotzsche betreibt seit 35 Jahren einen Laden in der Nähe des Heidefriedhofs.
Zuletzt keine Kontrollen
Wer gegen das Gesetz verstößt und seinen Laden dennoch öffnet, riskiert eine Geldbuße von bis zu 15000 Euro. Bei der harten Konkurrenz unter den Händlern ist Vorsicht geboten. Rathaussprecher Kai Schulz sagt, es habe einen Geschäftsmann gegeben, der seine Mitbewerber anschwärzte, als die am Buß- und Bettag Sträuße, Gestecke und Kränze verkauften.
Am vergangenen Mittwoch seien allerdings keine Kontrolleure des Ordnungsamts unterwegs gewesen, so Schulz. Gleichwohl will er diesen Hinweis nicht als versteckte Ermunterung zum zivilen Ungehorsam verstanden wissen. Kontrollen am Totensonntag seien jedenfalls nicht auszuschließen.
Für Jana Gäbler hätte es dieses Hinweises gar nicht bedurft. „Wir können uns keine Strafe von mehreren tausend Euro leisten“, sagt die 37-Jährige. Stattdessen haben sie und ihre Kollegen einen Protestbrief an die Landtagsfraktionen von CDU, SPD und FDP geschrieben.
Gesetz bis 2010 befristet
Von den Regierungsparteien antworteten nur die Christdemokraten. „In der Regierungskoalition besteht kein Bestreben, das geltende Gesetz zu verändern“, heißt es in dem Schreiben, das am 2. November im „Rosen-Eck“ eintraf. Gegebenenfalls könne das im Frühjahr beschlossene Paragrafenwerk nach Ablauf der Geltungsfrist angepasst werden – also ab Januar 2011. Auf Nachfrage lässt sich Fraktionssprecher Martin Kuhrau zumindest noch die Einschätzung entlocken, der Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Parteien und Kirche sei nicht optimal gelungen. Die CDU werde aber über die zahlreichen Zuschriften von Bäckern und Floristen „nachdenken“.
Die Händler kämpfen derweil weiter ums Überleben. „Wir hängen am seidenen Faden“, konstatiert Gärtnerei-Chef Christfried Gäbler. Von den Behörden erwartet er kein Entgegenkommen. Kürzlich waren Mitarbeiter des Ordnungsamts da. Sie bemängelten, ein Werbeaufsteller vor dem „Rosen-Eck“ stehe zu weit auf dem Fußweg.