Wie ist die Lage in den Blutdepots?
Im Moment hat sie sich etwas entspannt. Wir haben jetzt wieder einen Vorrat für drei bis vier Tage. Da können wir etwas aufatmen.
Wie sah es zuvor aus?
Unser Vorrat war erschöpft. Das ging schon so weit, dass wir so genannte Notbriefe an unsere Stammspender verschicken mussten. Wir baten sie, wenn möglich, spenden zu kommen. Die Krankenhäuser haben uns angerufen und gefragt, ob wir Konserven hätten. Sie mussten planbare Operationen verschieben und konnten nur die Notfälle behandeln.
Wie konnte es dazu kommen?
Da gab es mehrere Faktoren. Auch beim Blutspenden gibt es ein Sommerloch. Das ist ein Problem für uns. Die Leute sind im Urlaub oder gehen lieber ins Bad, anstatt sich Blut abnehmen zu lassen. Außerdem sagen sich einige: Bei dieser schwülen Hitze könnte das für mich gefährlich werden. Ich warte lieber ein bisschen ab, bis es wieder kühler ist. Und es war sehr lange sehr warm.
Können Sie sich nicht auf dieses Sommerloch vorbereiten?
Doch, das tun wir auch jedes Jahr und überstehen diese kritische Phase eigentlich ganz gut. Doch in diesem Jahr hat uns die Fußball-Weltmeisterschaft einen Strich durch die Rechnung gemacht. In der Zeit, in der wir unsere Depots hätten auffüllen müssen, saßen die Spender natürlich lieber vor dem Fernseher und kamen nicht zu uns. Das lief in diesem Jahr alles sehr unglücklich.
Die Lage hat sich entspannt. Können Sie Entwarnung geben?
Das können wir noch nicht. Wir müssen immer noch schauen, dass wir so viele Spender wie möglich mobilisieren. Momentan ist es etwas kühler geworden, was uns in die Karten spielt. Aber in Sachsen benötigen die Krankenhäuser etwa 1 000 Blutkonserven am Tag, und es soll ja wieder wärmer werden. Wir könnten also erneut auf unsere Vorräte angewiesen sein.
Was machen Sie neben Notbriefen, um die Menschen zum Spenden zu bewegen?
Ich persönlich mag diese Notbriefe nicht. Wie der Name schon sagt, müssen wir sie eben im Notfall verschicken. Ich bin eher ein Freund von unseren Sommeraktionen. Wir gehen dann sogar gezielt zu möglichen Spendern, zum Beispiel in Freibäder. Außerdem arbeiten wir oft mit Vereinen und Sponsoren zusammen. Da freuen sich die Leute dann auch, weil sie so eine kleine Anerkennung für ihre unentgeltliche Spende bekommen.
Wie sehr helfen Ihnen die Menschen im Weißeritzkreis bei Ihrer Arbeit?
Im Weißeritzkreis herrscht eine überdurchschnittlich hohe Spendenfreudigkeit. Wobei noch zwischen den ehemaligen Altkreisen Freital und Dippoldiswalde zu unterscheiden ist. In der Umgebung von Freital spenden die Menschen nicht ganz so viel wie im oberen Kreisgebiet.
Woran liegt das?
Allgemein spenden die Menschen in den ländlichen Regionen mehr. Dort herrscht ein anderer Zusammenhalt, und die Atmosphäre ist sehr familiär. Jeder kennt den anderen. Wenn nun also ein Blutspendetermin ansteht und jemand dort nicht erscheint, gehen die Nachbarn auch zu demjenigen und fragen, warum er nicht beim Spenden war. Beim nächsten Mal ist er dann garantiert wieder dabei. Außerdem haben wir auf dem Land Helfergruppen, die aus dem Ort stammen und dort bekannt sind. Auch die reden mit den Einwohnern und versuchen, sie persönlich zu überzeugen. In der Stadt sind hingegen viele Leute anonym und kennen sich kaum. Das macht einiges aus.
Ist die Bevölkerungsabwanderung in Sachsen ein Problem für den Blutspendedienst?
Ja, das ist unsere größte Sorge. Leider gehen auch noch die jungen und gesunden Menschen von hier weg. Gerade deren Blut brauchen wir am meisten. Unser Spenderstamm wird immer älter, und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Das wirkt sich natürlich auf die Spendenmenge aus. Wir sind schon froh, wenn wir den Stand vom vergangenen Jahr in etwa erreichen.
Wie viel Blut spenden die Leute im Weißeritzkreis im Jahr?
Wir zapfen hier etwa 9 000 Konserven zu je 500 Milliliter ab. Aber es könnte so viel mehr sein. Statistisch gesehen spenden von 100 Menschen nur zwei bis drei. Würde jeder Mensch einmal im Jahr Blut abgeben, hätten wir keine Probleme.
Wo können sich Interessierte informieren, wenn sie spenden möchten?
Jeder kann unsere kostenlose Informationshotline anrufen oder sich im Internet belesen.
0800/11 94 91 1
www.drk-bsd-sachsen.de
Gespräch: Mario Hattwig