Von Ute Himmer
Ein Horizontalgatter nimmt den größten Platz im ausgebauten Schuppen der Scharfes in Borna ein. Mehr noch, es hat dem kleinen Häuschen auch den Namen gegeben: Gatter. Dabei wissen die meisten Leute, vor allem jüngere, mit einem Horizontalgatter überhaupt nichts anzufangen. „Das ist eine große Säge zum Schneiden von Holzstämmen. Sie wird mit einer Transmission angetrieben“, erklärt Besitzer Christian Scharfe von der gleichnamigen Holzbau-Firma in Borna. „So oft gibt es die Maschine heutzutage nicht mehr“, gibt der 58-Jährige zu. Und wer sich im „Gatter“ umschaut, das mittlerweile zu einem kleinen Museum umfunktioniert wurde, wird noch mehr Dinge entdecken, die ihm unbekannt sind oder auch das große Staunen hervorrufen. Da sind beispielsweise ein paar Ski zu sehen, die Christian Scharfes Urgroßvater vor mehr als 100 Jahren angefertigt hatte. Denn der gründete 1886 in dem heutigen Bahretaler Ortsteil eine Stellmacherei. „Damit sind wir die älteste Firma in der Gegend“, sagt Scharfe ein wenig stolz. Allerdings ist aus der Stellmacherei eine Holzbau-Firma geworden.
Wegwerfen kam nicht infrage
Scharfe, der die Firma 1980 von seinem Vater übernommen hat, ist mit Holz und den verschiedenen Gerätschaften aufgewachsen. „Das Horizontalgatter haben wir bis zur Wende genutzt“, erzählt er. Mein größter Baumstamm, den ich damit geschnitten habe, hatte einen Durchmesser von 1,60 Meter und war fünf Meter lang“, erinnert er sich noch genau. „Drei Tage habe ich daran geschnitten“, fügt Scharfe hinzu. Die Stellmacherei habe früher vor allem für die Landwirtschaft gearbeitet. Nach 1980 war das vorbei, die Firma stellte vor allem Paletten her. Viele Werkzeuge aus der Stellmacherzeit lagen deshalb – teilweise in Kisten verpackt – in einem Dörnröschenschlaf in dem Schuppen. „Dann kam 2002 das Hochwasser“, sagt Scharfe. Der kleine Dorfbach, der unweit vom Gatter vorbeiplätschert, war zu einem reißenden Fluss geworden, hatte sich in etwa 80 Zentimetern Höhe auch durch das Gatter gewälzt. „Als wir dann den Schlamm und Dreck wegmachten, fielen uns die Kisten wieder in die Hände.
„Wegwerfen wollte ich die Werkzeuge nicht. Für mich ist es ein Frevel, wenn man so etwas nicht der Nachwelt erhält“, sagt er. So machte er eben aus dem Gatter ein kleines Museum. Auch das Schild „Stellmacherei, gegründet 1886“ blieb erhalten. Am 22. September 2002, anlässlich des Tages des offenen Denkmals, konnten die Werkzeuge und Gerätschaften aus der Stellmacherzeit zum ersten Mal von Besuchern begutachtet werden. Seitdem öffnet Christian Scharfe sein kleines Museum für interessierte Gäste.
Die können dann nicht nur die Ski von Scharfes Urgroßvater bewundern. Mit verschiedenen Klemmen werden diese übrigens auf eine ganz bestimmte Weise zusammengehalten. Gespannt, sagt der Fachmann zu dem Prozedere. „Das war notwendig, damit die Ski ihre Form und Elastizität behielten“, so Scharfe. „Denn früher wurden die „Brettl“ aus Esche hergestellt, und das Holz wurde über Wasserdampf gebogen“, erklärt Scharfe weiter.
Auch die Schneeschuhe vom jetzigen Firmeninhaber sind vorhanden, sogar noch mit aufgespannten Schuhen. Ebenso diverse Holzgewindeschneider und Holzbohrer, teilweise über 100 Jahre alt, sind auf einem Tisch aufgereiht, genauso wie Löffelbohrer und Hobel.
„Die Holzgewindeschneider und -bohrer wurden für den Bau von Sauerkrautfässern gebraucht“, erklärt Scharfe. Mit Metallschrauben ging hier nichts. „Mit den Löffelbohrern wurden die Naben für die Sprossen der Holzräder hergestellt“, sagt Scharfe und zeigt auf ein großes Rad, mit dem früher Heuwagen ausgestattet wurden. Einen speziellen Hammer, um Holzdachrinnen auszuhöhlen, gibt es ebenso noch.
Ein Besichtigungstermin kann unter 035025/50305 oder per E-Mail an:
[email protected] vereinbart werden