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Boxer im Visier des Rathauses

Bei der Jagd aufSteuersünder wertet das Freitaler Rathaus sogar die SZ aus. Eine Freitalerin muss sich unschuldiggegen Vorwürfe wehren.

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Von Domokos Szabó

Es begann mit einem Spaziergang in Potschappel, setzte sich fort mit einem Gastspiel bei der Sächsischen Zeitung und endete in einer skurrilen Behördenposse. Was Sandra Born aus Freital und ihr Freund Jan Möller aus Kreischa diese Woche erlebten, verschlägt ihnen die Sprache. Alles wegen Charly, des achtjährigen Boxers von Jan Möller.

Geldbuße angedroht

Aber der Reihe nach: Das Zeitungsfoto entstand als Illustration zu einem SZ-Artikel über die Gestaltung des Potschappler Bahnhofsvorplatzes. Es war ein Zufall, dass der Fotograf die beiden am künftigen Brunnen traf – und überaus nett von ihnen, sich als Statisten für das Foto zur Verfügung zu stellen. Weniger lustig fand dann Sandra Born, was ihr kurz danach ins Haus flatterte.

Schon der Anfang des Briefs aus dem Freitaler Rathaus klang nicht besonders freundlich: „Wir haben Hinweise erhalten, aus denen sich vermuten lässt, dass Sie im Besitz eines Hundes sind.“ Und er endete mit einer klaren Ansage: „Ein Unterlassen dieser Anmeldung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann.“ Oder anders gesagt: Das Rathaus wollte Hundesteuer kassieren, und das möglichst schnell.

„Ich finde das total frech“, sagt Sandra Born. Eine Meinung, die sie mit zugegebenerweise nicht ganz jugendfreien Worten auch der Dame vom Steueramt kundgetan hat. „Man geht einfach spazieren und wird schon verdächtigt“, ärgert sich auch ihr Freund.

Das Freitaler Rathaus bestätigt den Zusammenhang zwischen dem Artikel und dem Behördenschreiben. „Ja, wir haben das aus der Zeitung“, sagt Stadtsprecherin Inge Nestler. Mehr als 30-mal gehen die Beamten Hinweisen von Nachbarn und Dritter nach, wenn der Verdacht auf illegale Hundehaltung besteht.

Stadt entschuldigtsichnicht

Im Fall von Sandra Born ging der Schuss jedenfalls daneben. Aus welchem Grund auch immer kamen die Ermittler nicht auf die Idee, dass der Boxer auch ihrem Freund gehören könnte. Damit hätten sie nämlich richtig gelegen. Jan Möller wohnt in Kreischa, dort ist auch Charly gemeldet. „Die Hundesteuer für 2008 wurde erst vor ein paar Tagen von meinem Konto abgebucht“, sagt er. Noch beim Gespräch in der SZ-Redaktion lässt er sich bestätigen, dass alles in Ordnung ist. Das Kreischaer Rathaus schickt per Fax eine Übersicht zu den geleisteten Zahlungen. Damit ist die Angelegenheit auch für die Freitaler Stadtverwaltung erledigt, eine Entschuldigung wird es gleichwohl nicht geben, wie Rathaus-Sprecherin Nestler betont. „Für uns ist das eine Verwaltungssache.“

Auch Autofahrer im Blick

Auch der Bund der Steuerzahler in Sachsen findet das Vorgehen des Rathauses grundsätzlich in Ordnung. Was jedoch die Details angeht, beschleicht Vorstand Knut Schreiter schon ein komisches Gefühl. „Haben die das denn wirklich nötig?“, fragt er sich. Und: „Sie müssen viel Zeit und Fantasie haben.“ Sein Fazit lautet: „Die Sache ist nicht ganz glücklich gelaufen, aber aus Sicht des Rathauses war es einen Versuch wert.“

Wenn es übrigens darum geht, mutmaßlichen Gesetzesbrechern auf die Schliche zu kommen und die Rathauskasse aufzubessern, lässt das Freitaler Rathaus nichts unversucht. Im Kreis der Autofahrer gilt es mittlerweile als offenes Geheimnis, dass die Politessen im Vorbeifahren die Kennzeichen von Autos notieren, die insbesondere vor der Potschappler Sparkassenfiliale im Halteverbot stehen. Rathaus-Sprecherin Inge Nestler bestätigt: „Das machen sie, wenn sie an der roten Ampel warten.“ Hinterher werden Anzeigen geschrieben. Was ist aber, wenn der Fahrer einen triftigen Grund hatte anzuhalten, etwa eine Panne mit dem Auto? Nestler: Auf die Anzeige hin gibt es die Möglichkeit, sich zu äußern.“