Von Catharina Karlshaus
Sollte es Großenhainer geben, die just in diesen Tagen die Partnerstadt Öhringen besuchen, müssen sie sich auf einiges gefasst machen. Unter Umständen könnten die Besucher nämlich arge Zweifel daran haben, ob sie tatsächlich in Öhringen gelandet sind. Immerhin: Wer von der Autobahn kommt und in die Stadt hinein fährt, steht plötzlich vor dem Brandenburger Tor. Öhringen im Hohenlohekreis, hat sich das verhüllte Berliner Bauwerk einfach mal zum 750-jährigen Stadtjubiläum gegönnt.
„Gestern Abend haben wir das gute Stück mit Sekt getauft. Oberbürgermeister Jochen Kübler fuhr mit einem Trabi durch das Tor hindurch und schwenkte die Öhringer Fahne“, erzählt Stadtbaumeister Reiner Bremm begeistert.
Die Idee für das weltweit einmalige Spektakel hatte der Künstler Andreas Mayer-Brennenstuhl, Dozent an der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Hall. Mit einer gehörigen Portion Selbstvertrauen und entsprechendem Verhandlungsgeschick ausgestattet, wurde ihm und seinen Studenten die Originalverhüllung kostenlos überlassen. Erstmalig zum Einsatz gekommen war sie während der Sanierung des Brandenburger Tores. „Wir haben mit dem damaligem Sponsor der Fotoplanen, der Telekom, und dem Berliner Senat gesprochen. Beide fanden unsere Idee gut und haben uns als einziger Stadt in der Welt gestattet, die Verhüllung in Originalgröße aufzubauen“, erklärt Reiner Bremm.
45 Tonnen schweres Gerüst mit 7 000 Teilen
Wie er betont, hätten alle Beteiligten für die Errichtung des Trägergerüstes mit den beachtlichen Maßen von 20 Metern Höhe und 30 Metern Breite eine beachtliche Logistik entwickeln müssen. Bedeutete praktisch: Bereits seit Mittwoch vergangener Woche war ein Zehn-Mann-Team um Stadtbaumeister Bremm rund um die Uhr im Einsatz. Abgesehen davon, dass die Straße gesperrt werden musste, waren auch spezielle Fundamente notwendig. „Diese brauchten wir, damit das 45 Tonnen-Stahlgerüst, das die Planen trägt und aus über 7 000 Teilen besteht, auch fest im Boden verankert ist“, sagt Öhringens Stadtbaumeister Bremm. Um den Fahrverkehr nicht zu behindern, hätten die Firmen teilweise sogar nur nachts arbeiten können.
Die Arbeit hat sich jedoch gelohnt. Mittlerweile hängen die riesigen Fotoplanen für jedermann sichtbar auf dem Trägergerüst. Die Kosten dafür – insgesamt immerhin 50 000 Euro – haben ausschließlich Sponsoren übernommen. „Wir sind sehr froh über das Ergebnis und die positive Resonanz darauf“, gibt Reiner Bremm offen zu. Wieso sich die Stadtväter ausgerechnet eines der Berliner Wahrzeichen ausgesucht haben, weiß der Stadtbaumeister natürlich auch zu erklären: „Es gab in der Vergangenheit sehr enge Beziehungen zwischen der ehemaligen Residenzstadt des Hauses Hohenlohe und Preußen“, sagt Bremm. So habe Fürst Friedrich Ludwig zu Hohenlohe-Ingelfingen als preußischer General gedient. Im Jahre 1806 verlor er die Schlacht von Jena gegen Napoleon und saß als Gefangener im Öhringer Schloss. Viel bedeutsamer: „Die Hohenloher Fürsten bauten von 1782 an im Zeichen der Aufklärung ihre Residenz. Sie öffneten sich den modernen Zeiten und dem Klassizismus“, berichtet Reiner Bremm. Dabei hätten sich die Baumeister auch von Bauten wie dem Brandenburger Tor inspirieren lassen.