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Der Genuss geht nach draußen

Dinieren außer Haus? Die Brasserie Ehrlich in Freital hat mit ihrer Notlösung neue Freunde gewonnen.

Von Jörg Stock
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Eis aus dem Wagen verkaufen? Stephan Fröhlich und seine Frau Nadine von der Freitaler Brasserie Ehrlich haben einen lange gehegten Plan verwirklicht.
Eis aus dem Wagen verkaufen? Stephan Fröhlich und seine Frau Nadine von der Freitaler Brasserie Ehrlich haben einen lange gehegten Plan verwirklicht. © Karl-Ludwig Oberthür

Stephan Fröhlich nennt ihn den einstmals "teuersten Kundenstopper der Welt" - seinen Eiswagen. Abgekauft von einem Italiener, stand das Gefährt früher vor dem Lokal, um Gäste anzulocken. Eis verkauft wurde daraus so gut wie nie. Bis Corona kam, und schönes Osterwetter. Da wurde der Wagen kurzerhand bestückt. Die Spaziergänger langten zu. Und wer Eis hat, lockt andere an. Schwuppdiwupp wurde die Brasserie Ehrlich zur Eisdiele. Der Küchenmeister ist begeistert. "Ein lange gehegter Traum ist wahr geworden."

Und er ist noch nicht ausgeträumt. Die Brasserie Ehrlich, Adresse für stilbewusste Feinschmecker im Freitaler Hochland, verlagert ihre Genüsse weiterhin nach draußen. Zwar erlaubt die Corona-Schutzverordnung ab Freitag wieder die Bewirtung in den Gaststuben. Doch Stephan Fröhlich und seine Frau Nadine sehen keine Möglichkeit, mit den wenigen Gästen, die ihnen das Abstandsgebot noch ließe, ihre Brasserie zu führen. "Das ist wirtschaftlich einfach nicht machbar", sagt Nadine.

Die Brasserie Ehrlich ist ein Haus von der Sorte klein aber fein. Die "Fahne des Handwerks", so beschreibt es Küchenchef Stephan Fröhlich, wird hier hoch gehalten: so viel wie möglich selber machen und frisch. Statt schnelle Fertigkost gibt es Slow Food, garniert mit ausgesuchten Weinen, netten Gesprächen und diversen Extras, zelebriert direkt am Tisch. Die Gäste sollen sich wohlfühlen, "wie in Watte gepackt", sagt Stephan Fröhlich.

Der Weltuntergang ist ausgefallen

Dass dieses wattige Gefühl mit maskierter Bedienung, eingeschweißten Menükarten und kahlen Tischen in einer halbleeren Gaststube wieder zu bekommen wäre, bezweifeln die Wirtsleute. Ganz abgesehen vom Umsatz, der, so glauben sie, rapide sinken würde. Sie wissen, dass ihr Lokal viele Fans hat. Denen, und sich selbst, wollen sie treu bleiben, andererseits aber auch etwas für die Kasse tun. So haben sie entschieden, ihre Notlösungen vorerst beizubehalten. Denn aus der Not sind Tugenden geworden. 

Als der Gastro-Shutdown kam, machte das den Fröhlichs Angst. Trotzdem kauften sie noch einmal groß Lebensmittel und Getränke ein. "Bevor die Welt untergeht, hätten wir ein großes Fest gemacht und alle einladen", sagt Stephan Fröhlich. Doch die Welt blieb da und die Zuneigung der Gäste auch. Irgendwie musste es weitergehen. So reifte die Idee, ein "professionelles  Außer-Haus-Ding" zu starten.

Seine Speisen aus der Hand zu geben, war für Küchenmeister Fröhlich ein schwieriger Schritt. Als Perfektionist liegt ihm viel daran, die Kontrolle zu behalten, bis der Gast zum Besteck greift. Jeder Moment, der verstreicht, kann schon etwas verändern, Farbe, Konsistenz, Geschmack. Und nun sollte er nicht einmal bestimmen dürfen, auf welchen Tellern seine Kreationen serviert würden?

Die Findung der Currywurst

Der Koch hat sich damit abgefunden. Zumal das Angebot, Speisen mitzunehmen, immer besser lief. Erst wurde das Essen in der Nachbarschaft verteilt, dann schon per WhatsApp bestellt. Die Außer-Haus-Karte wurde länger. Und plötzlich gab es auch Gerichte, die zuvor, beim "Fine Dining", keine Rolle gespielt hatten. Zum Beispiel Klopse, Bouletten, Currywurst oder Saure Eier. Nach sieben Jahren machte Stephan Fröhlich zum ersten mal wieder Rouladen. Und die Leute liebt sie. "Es war echt geil."

Die Brasserie, die, bis auf den Sonntag, ein reines Abendlokal war, kocht nun für den Mittagstisch. Durch die Ausgangssperre bei Corona haben die Leute ihr Umfeld neu entdeckt. Auch die Brasserie Ehrlich. Viele neue Freunde habe man gewonnen, sagt Stephan Fröhlich, die man möglichst behalten wolle. Dafür hofft er auf gutes Wetter. So könnten die Gäste ihr Essen auf der Hofterrasse genießen, statt es heim zu tragen, nach Art einer Besenwirtschaft. Und Nachtisch gibt's am Eiswagen.

Was wird mit den alten Freunden der Brasserie? Auch für die will man weiter da sein. Denn der Anspruch, sagt Nadine, nämlich Handwerk und Frische, der bleibt. Und irgendwann sollen sich die Leute auch wieder in die Wohlfühlwatte des Gastraums fallen lassen. Wie lange es bis dahin noch dauert, weiß die Wirtin nicht. "Da fließt noch viel Wasser die Elbe runter."

Geht wegen Corona so nicht mehr: Nachdem die Einlage der Gemüsesuppe aufgetragen ist, wird der Fond aus einer Omakaffeekanne extra zugegossen.
Geht wegen Corona so nicht mehr: Nachdem die Einlage der Gemüsesuppe aufgetragen ist, wird der Fond aus einer Omakaffeekanne extra zugegossen. © Karl-Ludwig Oberthuer

Gemüsesuppe mit Speck und Nudeln

Zutaten für 4 Personen: 100 g Speck (Frühstücks-Bacon), 1 Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, 50 g Butter, 1 Päckchen Suppengrün (Möhre, Sellerie, Lauch, Petersilie), 1 Liter Wasser, 250 g Nudeln nach Wahl (oder Kartoffeln), 1 Zucchini, 1 Fenchelknolle, 1 Lorbeerblatt, Salz, Basilikum, frisch geriebener Parmesankäse

Zubereitung: Die Speckscheiben in zwei Zentimeter breite Streifen schneiden und in einem Topf bei mittlerer Hitze zirka fünf Minuten anschwitzen. Die geschälte und in Würfel geschnittene Zwiebel und die Butter dazugeben und weitere fünf Minuten dünsten. 

In der Zwischenzeit das Gemüse putzen, waschen und nach Bedarf schälen. Das Wasser in einen zweiten Topf geben und aus den Gemüseresten einen Fond kochen (zehn Minuten köcheln lassen). Das vorbereitete Gemüse in Würfel schneiden. Möhre, Sellerie und Fenchel in den Speck-Zwiebel-Topf geben und fünf Minuten anrösten. Den Knoblauch schälen, fein hacken und kurz mit anschwitzen. Mit so viel Temperatur arbeiten, dass eine schöne Farbe entsteht. 

Nun die Mischung mit dem abgesiebten Gemüsefond ablöschen. Salzen, Lorbeerblatt dazu geben, ebenfalls die Nudeln, und alles zehn Minuten kochen lassen. Nun die Zucchini und den Lauch für zwei Minuten mit köcheln. Nach Lust und Laune abschmecken, zum Beispiel mit Chiliöl, etwas frisch geriebenem Ingwer oder Zitrone. Nach Belieben bei Tisch mit Parmesan und gezupftem Basilikum bestreuen.

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