Bautzen. Es gibt sie schon, die neue Fußgängerbrücke, aber nur auf dem Papier. Die Spreequerung vom Protschenberg zur Bautzener Ortenburg inklusive der Bürgerwiese ist bislang nur eine Vision. Doch hinter den Kulissen wird einiges getan, damit aus der Idee bald Wirklichkeit wird. Einen großen Schritt kam das Projekt im vergangenen Herbst voran. Damals stellten die Studenten der Technischen Universität Dresden im Bautzener Rathaus ihre Berechnungen vor. Seither gibt es einen groben Plan davon, wie das Bauwerk technisch umgesetzt werden könnte. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Bagger jetzt rollen dürfen. Die SZ erklärt, welche Hürden noch genommen werden müssen.
Hürde 1: Die Untersuchungen zum Baugrund laufen noch.
Schon Ende Mai kann die Stadtverwaltung mit besonders wichtigen Informationen rechnen. Dann stehen die Ergebnisse der ersten Untersuchung fest. In den vergangenen Wochen fanden auf beiden Seiten der künftigen Brücke Probebohrungen statt. An jeweils drei Punkten wühlten sich die Maschinen 25 Meter ins Erdreich. Mit den Tests will ein Ingenieurbüro herausfinden, ob der Boden dem Bauwerk auch genügend Halt bietet. Nicht nur das Erdreich wird jetzt untersucht. Bei der Stadtverwaltung betrachtet man gerade auch Fragen des Denkmal- und des Artenschutzes. Außerdem steht die Verwaltung im Austausch mit angrenzenden Privateigentümern und mit öffentlichen Einrichtungen.
Hürde 2: Die Finanzierung ist noch nicht richtig geklärt.
Noch gibt es für die Brücke keine genaue Kostenschätzung. Fakt ist aber: Es handelt sich um ein Millionen-Projekt. Ein Projekt, das die Stadt nicht aus eigener Kraft bezahlen kann. Gern würde man deshalb Fördermittel nutzen. Die Frage ist nur, aus welchem Topf dieses Geld kommen soll. Zuletzt teilte die Stadt mit, man könne für die Brücke nicht, wie ursprünglich geplant, die SED-Millionen verwenden. Trotz des Rückschlages zeigte sich Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) optimistisch. So erklärte er den Stadträten, der Freistaat würde auf jeden Fall Wege finden, das Projekt zu fördern. Das habe ihm Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) persönlich zugesagt.
Hürde 3: Die Bautzener sollen mitentscheiden.
Die Fußgängerbrücke polarisiert wie kaum ein anderes Thema. Immer melden sich Befürworter und Kritiker. Die einen sind sich sicher, dass diese neue Attraktion mehr Menschen in die Bautzener Innenstadt lockt. Auf der anderen Seite gibt es auch Bewohner, die befürchten, dass durch das Bauwerk der Blick vom Protschenberg auf die Ortenburg gestört wird. Um herauszufinden, ob die geplante Brücke tatsächlich von den meisten Einwohnern befürwortet wird, plant der Oberbürgermeister eine Bürgerbeteiligung. Unklar ist aber noch, wann diese stattfinden soll. Einen genauen Termin gibt es bislang nicht. Auch die neuen Stadträte werden sich bei diesem Thema positionieren müssen.
Tobias Schilling, CDU-Spitzenkandidat: Wir sind nicht grundsätzlich gegen das Projekt, die aktuellen Skizzen verheißen ein attraktives Bauwerk. Die Spreebrücke mag positive Effekte haben – etwa auf den Tourismus, der insgesamt stärker gefördert werden sollte. Aber wenn die Stadtkasse begrenzt ist, müssen wir Prioritäten setzen – zumal für die Brücke wohl keine Fördermittel bereitstehen. Wir wollen kein Prestige-Projekt des OB erzwingen, wenn dafür die Grundschule, eine neue Kita, neue Wohnplätze für Familien oder die neue Turnhalle nicht finanziert werden können. Bei dieser Ausgangslage ist es uns wichtig, die Bürger in die Entscheidung einzubeziehen.
Steffen Grundmann, Spitzenkandidat für Die Linke: Die neue Spreebrücke hat nicht nur das Potenzial, ein besonderer Tourimusmagnet zu werden. Als neuer Weg in die Stadt Bautzen in Verbindung mit einem erweiterten Schliebenparkplatz und einer einladenden Bürgerwiese ergeben sich auch neue Möglichkeiten für die Bautzener Bürger und Bürgerinnen. Voraussetzung ist aber, dass zum einen die bau-, naturschutz-, denkmalschutz- und förderrechtlichen Dinge eindeutig geklärt sind. Zum anderen setzen wir uns weiterhin für eine Bürgerbefragung ein, in der sich die Bautzener dann dank umfassender Informationen zu diesem Projekt positionieren können.
Steffen Tech, Spitzenkandidat Bürger Bündnis Bautzen: Die neue Altstadtbrücke wäre ein Gewinn. Nur wenige Städte können mit derart kurzen Wegen zwischen kostenlosem Touristenparkplatz und Altstadt werben. Die Brücke würde Handel und Gastronomie beleben, da Gäste gezielt in die Altstadt gelenkt werden. Auch der Parkplatzsuchverkehr verringert sich, denn Burgtheater, Sorbisches Museum, Ortenburg und Bibliothek wären fußläufig in wenigen Minuten vom Schliebenparkplatz zu erreichen. Das historische Zentrum würde an Attraktivität für Touristen und Anwohner gewinnen. Das Sommertheater könnte von dem in unmittelbarer Nähe gelegenen Parkplatz profitieren.
Roland Fleischer, SPD-Spitzenkandidat: Die Spreebrücke ist eine Bereicherung. Sie ist nicht nur wichtig als zweite Querung zur Innenstadt sowie als Sichtachse ins Spreetal, sondern führt die Fußgänger mit einer kulturell beeindruckenden Begrüßung durch das Theater, Sorbische Museum und OLG in die Geschichte Bautzens ein. Jeder Tourist wird die Brücke begehen wollen, und so die verkehrsberuhigte Innenstadt über viele Gässchen erforschen. Eine Attraktion, die Besucher, Bürger und Geschäftsinhaber schätzen werden. Durch die Ausgestaltung des Parkplatzes, Teile der anschließenden Wiese wird den Menschen Erholung und Entlastung der Innenstadt geboten.
Mike Hauschild, FDP-Spitzenkandidat: Tourismus ist Botschafter und Geldquelle. Unsere Stadt hat viel für die Bürger und Gäste zu bieten. Zukunftsweisende Entscheidungen wie die Spreebrücke in die Altstadt, die Umgestaltung des Kornmarktes und ein zeitgemäßes Stadtmarketing, muss von Profis begleitet und von den Bürgern akzeptiert und unterstützt werden. Die Stadträte haben das verstanden, die Stadtverwaltung leider noch nicht. Deshalb werden von der Verwaltung noch immer falsche Entscheidungen getroffen und sich dann über den Unmut der Bürger gewundert. Hier brauchen wir mehr Kraft der Stadträte. Wir halten unsere Wahlversprechen.
Claus Gruhl, Spitzenkandidat Bündnis 90/Die Grünen: Die neue Spreebrücke ist bis jetzt lediglich eine Idee. Wie wichtig sie für die Stadt Bautzen ist, hängt von der Abwägung vieler Faktoren ab. Dazu bedarf es Informationen hinsichtlich der Machbarkeit, der Optik, der Kosten, vor allem der Folgekosten und so weiter, die frühestens Ende Mai vorliegen. In jedem Fall ist das Bauwerk bereits jetzt in der Bevölkerung hoch umstritten. Wir fordern deshalb die Durchführung eines bindenden Bürgerentscheids in dieser Frage. Unabhängig davon sollen aber die Pläne der Erweiterung des Parkplatzes an der Schliebenstraße in Bautzen weiterverfolgt werden.
Peter Schulze, AfD-Spitzenkandidat: Für das Brückenprojekt gibt es keine nachgewiesene wirtschaftliche oder sonstige Notwendigkeit. Das Vorhaben stellt einen unverantwortlichen Eingriff in das historische Antlitz Bautzens dar und schädigt Architektur und symbolische Wehrhaftigkeit der Ortenburg schwer. Fehlenden Sachverstand, Populismus und Selbstdarstellung unterstützt die AfD nicht. Keine „Ponte Ahrens“! Wir fordern: Sofortiger Stopp der Planung und Vorbereitung des Brückenprojektes. Erweiterung des Parkplatzes Schliebenstraße unabhängig von der Brücke realisieren. Bürgerentscheid zum Bau der Fußgängerbrücke unverzüglich einleiten!