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Brückenschlag zum neuen alten Ufer

Tharandt. Vom Haus am Fluss träumt mancher.Eine Tharandterin musste es beinahe aufgeben. Die Flut nahm ihr die Brücke. Erst jetzt kommt Ersatz.Wenn ich mich nicht bemüht hätte, dann hätte ich jetzt gar nichts.“

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Von Jörg Stock

Wenn Maria Straßburger schwere Einkäufe in ihr Häuschen bringen will, dann muss der Rollfix ran. Für den kleinen Leiterwagen ist der Weg frei bis zur Haustüre. Das Auto aber muss an der Weißeritz stehen bleiben. Ein Übersetzen ist unmöglich. Seit zweieinhalb Jahren fehlt die Brücke.

Maria Straßburger, 65, stammt aus Freital. 1999 kaufte sie das ehemalige Bahnwärterhäuschen im Tharandter Badetal, unweit der Voßschen Forellenzucht. Als im Sommer 2002 die Flut durchs Tal tobt, bleibt das Haus zwar heil. Doch die Brücke über die Weißeritz rüber zur Staatsstraße ist weg.

Eine neue gibt’s bis heute nicht. Letztes Jahr, so sagt die Hausbesitzerin, sollte sogar die behelfsmäßige Fußgängerbrücke abgerissen werden. „Mein einziger Zugang wären dann die Bahngleise gewesen.“ Das ist natürlich verboten. Und Frau Straßburger pocht auf ihren Kaufvertrag. „Mir wurde dauerhaftes Wegerecht zugesichert.“

Um es vorwegzunehmen: Maria Straßburger muss nicht auf den Schienen der Sachsenmagistrale rumturnen. Im Frühjahr kommt die neue Brücke. Die Hindernisse zum Wiederaufbau sind ausgeräumt.

Die alte Brücke von Frau Straßburger gehörte dem Forst. Doch eigentlich hatte der gar keine Verwendung mehr dafür. Wie Tharandts Forstamtsleiter Mario Marsch erklärt, sei für die Pflege des bisschen Bachwalds am anderen Ufer keine Querung für Fahrzeuge mehr nötig. Trotzdem wollten die Forstbehörden den Wiederaufbau durchziehen und hatten etwa 100 000 Euro aus Hochwassermitteln dafür eingeplant.

Doch wer was Neues bauen will, der muss meist auch neue Forderungen beachten. So auch hier: Rettungsdienst und Feuerwehr wünschten sich eine Querung, tauglich für Fahrzeuge über 1,5 Tonnen Gewicht. Die Landestalsperrenverwaltung (LTV) wollte die neue Brücke nicht mitten in der Kurve, wie zuvor, sondern 150 Meter stromabwärts haben, außerhalb der Prallfront einer künftigen Flut.

Unterm Strich hätte der neue Steg bis zu 270 000 Euro gekostet, nicht nur für Marsch ein Unding. „Diese Summe nur für den Zugang eines einzigen Grundstücks auszugeben, wäre Verschwendung von Flutgeldern gewesen“, sagt der Forstamtschef. Und das „ohne nennenswerten Nutzen“ für die Forstwirtschaft.

Dass es mit ihrer neuen Brücke klemmte, merkte Maria Straßburger, als Bauleute ins Badetal kamen, um die von der Flut zerkloppte Staatsstraße wieder herzurichten. „Auf den Bauplänen war meine Brücke nicht mit drauf“, berichtet sie. Dann rotierte die Hausherrin, schickte Schreiben ans Regierungspräsidium, an Landestalsperrenverwaltung und Forstbehörden, führte dutzende Telefonate. Auch einen Anwalt schaltete sie ein.

Als die Hoffnung auf eine neue Brücke wegen der hohen Baukosten zunehmend schwand, erklärte sich Maria Straßburger schweren Herzens zur Umsiedlung bereit. „Fragen Sie nicht, was mich das für Überwindung gekostet hat“, sagt sie heute. Schließlich war das Häuschen gerade fertig ausgebaut und modernisiert.

Auf ihre Einverständniserklärung gab es aber nie eine schriftliche Reaktion. Fakt ist, dass Maria Straßburgers Umzug in ein gleichwertiges Haus den Staat auch Geld gekostet hätte, vielleicht mehr, als eine neue Brücke. Jedenfalls, so berichtet Forstamtsleiter Marsch, gab es ein finales Gipfeltreffen aller am Brückenproblem beteiligten Behörden. Und man einigte sich. Die LTV rückte von der Verlegung des Stegs ab, und die Feuerwehr geht im Notfall nur mit Schläuchen über die Wilde Weißeritz.

Sobald das Wetter taugt, soll nun der Brückenbau starten. Geplant ist eine Fachwerk-Konstruktion aus heimischem Douglasienholz mit fast 18 Metern Spannweite und einer Tragkraft von 1,5 Tonnen, tauglich also auch für Autos. „Die Lösung kam zustande, weil alle kompromissbereit waren“, sagt Mario Marsch, der Forstamtsleiter. Für Maria Straßburger wird die neue Brücke ein Lohn ihrer Hartnäckigkeit sein. „Wenn ich mich nicht bemüht hätte, dann hätte ich jetzt gar nichts.“