Von Sven Görner
Niedergeschmettert stand Rudolf Haas vom sächsischen Landesverband des BUND am späten Dienstagabend zwischen den zersägten Resten der einstigen Kastanienallee auf dem Dammweg. „Mir fehlen die Worte“, sagte der gelernte Forstmann. „Die Bäume wurden gnadenlos niedergemetzelt.“
Zweimal war es den Naturschützern seit Februar gelungen, die vom Freistaat angestrebte Fällung zu verhindern. Am Dienstagnachmittag kreischten nun die Sägen. 17 der zwischen 60 und 120 Jahre alten Bäume wurden gefällt. Darunter auch solche, die kaum Schäden aufwiesen.
Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Dresden den Antrag des BUND auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Fällgenehmigung des Regierungspräsidiums Dresden abgelehnt. Die Beteiligungsrechte des BUND seien im Verwaltungsverfahren ausreichend berücksichtigt worden, urteilte das Gericht.
„Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass es in diesem Fall für den BUND kein über die formale Beteiligung hinausgehendes Antragsrecht gibt“, so Haas. Die nachweislich guten Argumente der Naturschützer hätten daher keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt. „Unsere kritischen Positionen zum Baumgutachten, das im Genehmigungsbescheid des RP als Grundlage für die Fällung der Bäume diente, blieben von der Behörde unwidersprochen. Das Gutachten wurde sogar zurückgezogen.“
Argumentation wurde einfach ausgetauscht
Stattdessen habe sich das RP im Eilverfahren, entgegen seiner ursprünglichen Argumentation, im Wesentlichen auf die denkmalschutzrechtlichen, wirtschaftlichen und bautechnischen Gründe für das Fällen gestützt und das naturschutzrechtliche Interesse nachrangig bewertet. „Ziel war, ein mögliches Antragsrecht des BUND zu umgehen“, sagt Haas. „Das ist arrogantes Machtverhalten und ein unvergleichlicher Frevel an gesunden Bäumen.“
Dass viele der gefällten Bäume weitere 40 bis 50 Jahre hätten stehen bleiben können, ist sich Haas trotz der nach dem Fällen zutage getretenen Schäden sicher. „Der Braunkern im Stamminneren ist bei Kastanien nicht ungewöhnlich. Und selbst hohle Stellen bedeuten nicht, dass der Baum akut gefährdet ist“, so der Forstmann. Durch den besonderen Schnitt der Kronen sei auch die Standsicherheit nicht gefährdet gewesen.
Um auch den 30 neuen Kastanien, die laut dem Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement im Frühjahr gepflanzt werden sollen, wieder diese Form geben zu können, blieben zwei der alten Baumpaare stehen. Diese sollen während der in den nächsten Tagen beginnenden Sanierung des Dammweges durch spezielle baumchirurgische Maßnahmen erhalten werden. Ob das allerdings tatsächlich gelingt, ist derzeit schwer abschätzbar. Vier kleine Kastanien, die erst in den vergangenen Jahren gepflanzt wurden, sollen jetzt aus- und im Frühjahr wieder auf dem Dammweg eingegraben werden.
Künftig wird die Allee dann also aus 38 Kastanien bestehen, wobei die neuen Bäume rotblühende Kastanien sind, weil diese, anders als die weißblühende Sorte, der gefräßigen Miniermotte trotzen. Der Stammdurchmesser der neuen Bäume soll 20 bis 25 Zentimeter betragen, ihre Höhe vier bis fünf Meter. Geplant sind dafür 45 000 Euro. Die mit rund zwei Wochen Zeitverzug beginnende Sanierung des Dammweges kostet weitere 690 000 Euro. Insgesamt investiert der Freistaat in die Wiederherstellung der teilweise einsturzgefährdeten Teichmauern um Schloss Moritzburg zwei Millionen Euro.
Ab Ende Oktober soll sich der Schlossteich wieder mit Wasser füllen können.