Von Carmen Schumann
Wer einen bäuerlichen Hof sein Eigen nennt, weiß einen Reisigbesen zu schätzen. Sie halten lange, und man kann mit ihnen auf allen möglichen Untergründen kehren, sogar auf einer Wiese. Wenn man Glück hat, trifft man den Besenbinder Helmut Schmidt aus Taubenheim auf einem Dorffest oder Naturmarkt. Dort kann man ihm die Besen nicht nur abkaufen, sondern ihm auch bei der Arbeit zuschauen. Doch nicht alle, die einen Besen kaufen, wollen damit kehren. Viele nutzen ihn als Dekoration.
Reich werden kann Helmut Schmidt mit seiner Arbeit nicht, aber das will er ja auch gar nicht. Der 73-Jährige betreibt das Besenbinden mehr aus Liebhaberei. Angefangen hat er damit vor etwa 50 Jahren, damals hauptsächlich für den Eigenbedarf und den seiner Nachbarn. Abgeguckt hat er sich das Handwerk von seinem Schwieger-Großvater, dem Adler-August. Als Helmut Schmidt mit dem Besenbinden anfing, war er noch selbstständiger Bauer. Sein Vater war Schweizer (Melker) auf dem Rittergut, darum trägt Helmut Schmidt auch den Spitznamen Schweizer-Schmidt. „Bei uns im Dorf haben viele einen Beinamen, damit man sie auseinander halten kann“, erklärt er. In Taubenheim gibt es nämlich gleich drei Helmut Schmidts. Die Namensgleichheit mit dem früheren Bundeskanzler der BRD hat den Taubenheimer nie gestört. Im Gegenteil, er nahm’s gelassen und machte seine Späße. „Zu DDR-Zeiten meldete ich mich immer mit Helmut Schmidt, DDR“, erinnert er sich schmunzelnd.
In der LPG war der Taubenheimer 30 Jahre lang Mähdrescher-, Häcksler- und Kranfahrer. 1990 ging er nicht ganz freiwillig in den Ruhestand. Zur 650-Jahrfeier von Taubenheim vor einigen Jahren führte er das Besenbinder-Handwerk erstmals öffentlich vor. Seitdem fragen viele Gemeinden weit über die Region hinaus an, ob er nicht kommen könne.
„Das Besenbinden ist eine Arbeit, zu der man Lust und Liebe braucht“, betont Helmut Schmidt. „Denn eigentlich ist es eine richtige Schinderei.“ Es beginnt schon mit dem Schneiden des Birkenreisigs. Das geht nur im späten Herbst und zeitigen Frühjahr, und rund um Taubenheim ist inzwischen schon alles abgeerntet. Letztens fuhr der Besenbinder bis nach Friedersdorf.
Für die Herstellung der Besen hat sich Helmut Schmidt eine spezielle Vorrichtung gebaut, mit der die Reisigbündel mit Hilfe von Weidenstreifen zusammengebunden werden. Auch die Spezial-Werkzeuge sind zum Teil „Marke Eigenbau“. Ein paar Weiden hat er auf seinem Grundstück angepflanzt.
„Die Sorte Besen, wie ich sie mache, macht niemand mehr“, vermutet Helmut Schmidt. Seine Besen sind nämlich fünfmal abgebunden und dadurch ziemlich lang. Üblich sind drei Bindestellen. „Aber meine Kunden wollen sich nicht gerne bücken“, begründet er seine Herstellungsweise.