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Campen am Kalkwerksee

Ein Lebenswerk nennt Pierre Albrecht sein Vorhaben am Kalkwerksee in Ludwigsdorf. Hier bei Görlitz soll ein Campingplatz entstehen - und noch mehr.

Von Gabriela Lachnit
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Pierre Albrecht und Manuela Hampel planen hier auf dieser Wiese einen Camping- und Stellplatz für Wohnmobile am Kalkwerksee in Ludwigsdorf.
Pierre Albrecht und Manuela Hampel planen hier auf dieser Wiese einen Camping- und Stellplatz für Wohnmobile am Kalkwerksee in Ludwigsdorf. © Gabriela Lachnit

In einigen Reiseführern für Campingplätze steht er schon drin, der künftige Campingplatz am Kalkwerksee in Ludwigsdorf bei Görlitz. Dabei ist das derzeit nur ein Stellplatz. Ohne Strom,  Trinkwasser und Abwasseranschluss. 

Noch in diesem Jahr sollen die ersten Gäste hier übernachten können. Dafür wollen Pierre Albrecht und seine Lebenspartnerin Manuela Hampel sorgen. Noch gehört das Grundstück der Schindele Grundbesitz GmbH und Co.KG Ludwigsdorf. Pierre Albrecht bekommt es von seinem Ziehvater demnächst überschrieben, erklärt er. Die Firma des Ziehvaters hatte das Areal nach der Wende erworben und dort eine Zeit lang Küchen und Sanitärbedarf verkauft.

Als damit im Jahr 2000 Schluss war, verfiel das Gelände zusehends. Müll sammelte sich auf dem unbewachten Areal an. In die Schlagzeilen geriet es, als 2018 die Polizei im ehemaligen Küchenstudio eine Drogen-Plantage entdeckte. Ein damals 65-Jähriger hatte dort 420 Cannabispflanzen angebaut.

Erst der Stellplatz, viel später Biergarten und Wellness

Seit November 2018 ist Pierre Albrecht in Ludwigsdorf und arbeitet an seinem Vorhaben. Ziel ist es, zunächst einen Platz für etwa 100 Zelte, Caravans und Wohnmobile einzurichten. Danach will er am Zugang zum Platz in einem großen Wohncontainer leben und dort die Rezeption einrichten. Sobald wie möglich sind Sanitäranlagen mit Toiletten, Duschen, Waschmaschinen und Abwaschplätzen geplant. Später soll es einen Imbiss mit Biergarten geben. 

Ein Teil der mittlerweile entmüllten Hallen und Garagen ist vermietet. Künftig will Albrecht in den Gebäuden mehr Plätze anbieten für Caravans, Wohnmobile und Boote als Winterquartier. In etwa zehn Jahren kann er sich auch einen Wellnessbereich vorstellen. "Aber das ist Zukunftsmusik", sagt der 38-Jährige und betont, dass man eins bei ihm nicht finden wird: betonierte Parzellen. 

Hier in Ludwigsdorf ist der neue Camping- und Stellplatz für Wohnmobile geplant.
Hier in Ludwigsdorf ist der neue Camping- und Stellplatz für Wohnmobile geplant. © SZ Grafik

Ein ganzes Regal voller Ideen

Alles soll naturnah gestaltet werden. Vorhandene Gebäude und Geländemerkmale will er ins Konzept einbeziehen, sagt der Mann mit den vielen Ideen. Die legt er, wie er erzählt, in einem großen, gedanklichen Regal mit zahlreichen Schüben ab. In jedem ist eine fertige Idee für einen Abschnitt des insgesamt 13 Hektar großen Geländes vorhanden. 

Alles auf einmal sei aber nicht zu schaffen. Auch aus finanziellen Gründen nicht. Möglichst ohne Kredite will Albrecht auskommen. Eigenkapital und Vermögen aus einer Erbmasse sollen reichen. Und jede Menge Eigenleistung. 

Die erbringt er, seit er in Ludwigsdorf ist. Albrecht ist schon gut vorangekommen. Etwa 400 Kubikmeter Glaswolle hat er entsorgt, dazu jede Menge Bauschutt und Schrott. Auch Müll aus einigen Gebäuden auf dem Gelände. Ganze Lkw-Ladungen voll fuhr ein Ludwigsdorfer Unternehmer ab. Diese Unterstützung sei nur ein Beispiel dafür, dass er und Manuela Hampel sehr freundlich nicht nur in Ludwigsdorf aufgenommen wurden. 

Der Görlitzer Oberbürgermeister zum Beispiel bezeichnete das Vorhaben im Stadtrat als "eine schöne touristische Initiative". Auch der Ludwigsdorfer Ortschaftsrat  findet es gut, dass die Brache im Dorf beräumt wird. Auf dem Areal könne sich auch Gewerbe ansiedeln, denn es ist als Mischgebiet ausgewiesen. Ortsvorsteher Karsten Günther-Töpert freut sich über die Umgestaltung des idyllischen Geländes. "Dort entstehen sicher Arbeitsplätze und vielleicht eine Verkaufsstelle für Camper, die auch Bürger nutzen können", sagt er. Das sei gut fürs Dorfleben.

Freundlich aufgenommen, aber auch mit Skepsis

"Wir erhielten viele Informationen und Hilfe angeboten", bestätigt Frau Hampel. Beeindruckt ist das Paar von zahlreichen Ludwigsdorfern, die ihr Wissen um das ehemalige Kalkwerk preisgeben wollen. Das soll später einmal in einem kleinen Museum dargestellt werden. Eigentlich wollte das Paar in einer Versammlung die Ludwigsdorfer Bürger schon über ihr Vorhaben informiert haben, denn es gibt viele Fragen und auch Skeptiker. Wegen Corona musste das verschoben werden. Nun wird ein Termin im Sommer angepeilt.

Stadt erstellt einen Bebauungsplan

Voraussetzung für die Umsetzung der vielen Ideen ist die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Dazu erfolgte im März der Beschluss des Stadtrates. Damit wird Baurecht für den Campingplatz auf knapp 3,5 Hektar des Grundstücks geschaffen.

Im Vorfeld des Beschlusses wurden Träger öffentlicher Belange angefragt, darunter das sächsische Oberbergamt. Es fordert ein Baugrundgutachten. Gegen die Errichtung eines Campingplatzes hat das Amt keine Vorbehalte. Allerdings verweist es darauf, dass wegen des erhöhten Besucherverkehrs am Bergwerksgelände an der Nordböschung ein instabiler Teil abgesperrt werden muss. 

Durchlässe im Kalkwerkgraben beräumen

Ein Hinweis des Bergamtes wird die Eigentümer der Nachbargrundstücke freuen. Durch einen Teil des Schindele-Grundstücks fließt der Kalkwerksgraben. Darin befindliche Durchlässe stören die Wasserabtragsfähigkeit des Vorflutgewässers, heißt es da in Amtsdeutsch. Kurz: Die Durchlässe sind zu klein, das Wasser kann bei starkem Regen nicht schnell genug abfließen, staut sich, tritt über den Graben und läuft ins Gelände. In der Vergangenheit war das schon passiert. Pierre Albrecht muss die Durchlässe beräumen oder neu verlegen.

Vor einer Überschwemmung durch das ehemalige, heute geflutete Kalkwerk brauchen sich die Ludwigsdorfer nicht zu fürchten. Das hatte das Oberbergamt schon untersucht und Entwarnung gegeben.

Pierre Albrecht und Manuela Hampel wissen, dass sie noch sehr viel Arbeit vor sich haben. Doch Albrecht ist optimistisch: "Erfolg kommt nicht durch Aufgeben", ist er überzeugt. 

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