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Die ersten Camper sind am Stausee

Dabei müssen sie improvisieren, denn Toiletten und Duschen bleiben verschlossen. Aber Besuche sind möglich.

Von Steffen Gerhardt
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Ingrid und Gerd Stumbe aus Zittau sind seit fast 40 Jahren Dauercamper auf dem Campingplatz Kollm am Quitzdorfer Stausee.
Dass sie später als sonst in die neue Camper-Saison gestartet sind, haben sie bisher noch nicht erlebt.
Ingrid und Gerd Stumbe aus Zittau sind seit fast 40 Jahren Dauercamper auf dem Campingplatz Kollm am Quitzdorfer Stausee. Dass sie später als sonst in die neue Camper-Saison gestartet sind, haben sie bisher noch nicht erlebt. © André Schulze

Es geht sehr ruhig auf dem Campingplatz in Kollm-Nord am Quitzdorfer Stausee zu. Eine Handvoll Dauercamper hat seit Montag wieder ihre Wohnwagen bezogen. Unter ihnen das Ehepaar Stumbe aus Zittau. "Seit 1982 sind wir regelmäßig zu Saisonbeginn auf dem Campingplatz. Nur in diesem Jahr gab es durch Corona einen verspäteten Start in die neue Saison", erzählt Gerd Stumbe.  Statt zum 1. April öffnete sich der Schlagbaum zum Campingplatz erst einen Monat später.

Seit Montag dürfen in Sachsen Camper wieder ihre Zelte oder Wohnwagen aufstellen. Darüber ist Heinz Hampel sehr froh. Zusammen mit seinem Sohn betreibt er seit drei Jahren den Ferienpark Stausee Quitzdorf. Neben der Bungalowsiedlung am Ost-Ufer des Stausees gehört auch der Campingplatz Kollm-Nord zu seiner Gesellschaft. 

Anmeldungen erfolgen zaghaft

"In den vergangenen Wochen hatten wir null Einnahmen, aber die laufenden Betriebskosten für die Bungalows und den Zeltplatz gingen weiter. Dafür haben wir unser Eigenkapital verwendet, aber das ist irgendwann auch mal aufgebraucht", berichtet Heinz Hampel. Denn eigentlich ist dieses Geld für Investitionen vorgesehen. Mit gemischten Gefühlen schauen Heinz und Dirk Hampel dem Himmelfahrt-Wochenende  in zwei Wochen und dem Pfingstwochenende im Juni entgegen. Diese Wochenenden zählen zu den stärksten im Jahr, was Besucher und Übernachtungen betrifft. Anmeldungen gibt es bisher einige, aber viele warten noch ab.    

Das bestätigen auch Stumbes. "Zum Männertag und zu Pfingsten ist der Platz immer voll", sagt Gerd Stumbe. Der Zeltplatz ist schon immer ein beliebter Treffpunkt für die Feiertage im Frühjahr, sprechen die Dauercamper aus Erfahrung. Dass bisher so wenige Leute da sind, führen sie auch auf die Einschränkungen zurück, mit denen sie leben müssen. "Das Sanitärgebäude mit den Toiletten und Duschen bleibt für uns noch geschlossen", sagt Ingrid Stumbe und fügt hinzu: "Damit fehlt ein Stück Komfort auf dem Platz. Aber da wir Toilette und Waschgelegenheit im Wohnwagen haben, können wir damit leben." Die Entnahmestellen für Trinkwasser sind aber frei zugänglich.     

Waschen und Duschen nur im Wohnwagen

Stumbes sind jedes Jahr die ganze Saison draußen am Stausee. Nur zum Wäschewaschen fahren sie regelmäßig in ihre Zittauer Neubauwohnung. "Und jetzt kommt noch das Duschen hinzu, solange hier alles zu ist", ergänzt die Frau. Aber da Camper hart im Nehmen sind, lassen sich Stumbes durch diese Unzulänglichkeit nicht die gute Laune nehmen. Dadurch, dass das Kontaktverbot gelockert wurde, können nun auch die Kinder und Enkel das Rentnerehepaar an ihrem zweiten Wohnsitz besuchen kommen. Das wird an diesem Wochenende geschehen.

Hampels dagegen bleibt nicht die Zeit, die Idylle zu genießen. Sie kämpfen in diesem Jahr an zwei Fronten: an der von Corona und an der Talsperre selbst. Waren es im vergangenen Jahr die Reparaturarbeiten an der Staumauer, die ein Abstauen erforderten, so ist es dieses Jahr die Trockenheit, die zum Wassermangel führt. Genau genommen kann der Wiederanstau der Talsperre nicht so erfolgen wie die Landestalsperrenverwaltung das geplant hat. Gegenwärtig läuft mehr Wasser ab als zu. Wie Stumbes erzählen, misst ein Campingnachbar jeden Tag den Wasserstand an einem selbst in den See gesteckten Stab. "Bisher hören wir von ihm nur: Der Wasserspiegel ist wieder gesunken", so der 81-jährige Gerd Stumbe.    

Angler müssen weiter warten

Für Stumbes ist der Wasserstand aber nicht von Bedeutung. "Wir sind wegen der Natur und der Ruhe hier", sagt die 69-jährige Ehefrau. Anfangs hat ihr Mann noch geangelt, aber das Hobby inzwischen aufgegeben. Ganz anders reagiert ein Camper auf der anderen Seite des Platzes. "Ich habe mein ganzes Angelzeug mitgebracht und einen Kahn daliegen", erzählt der Görlitzer, der seinen Namen nicht sagen möchte. 2013 ging der heute 70-Jährige in Rente und ist seitdem als Dauercamper regelmäßig am Stausee - mit seinen Angelutensilien.  

Erst nur mit dem Wohnwagen angereist, hat der Görlitzer sein Domizil zur Zweitwohnung einschließlich eigener Werkstatt erweitert. "Zu tun habe ich immer, und wenn es ein Riss in der Regentonne ist, der repariert werden muss", erzählt der einstige Montagearbeiter. Er ist beruflich schon immer unterwegs gewesen, diese Unabhängigkeit hat sich der Familienvater auch im Rentenalter bewahrt. "Meine Frau kommt höchstens mal am Wochenende vorbei, sie ist nicht so eine Camperin", fügt der Görlitzer noch hinzu.    

Für Familien zu wenig Angebote

Den Campingplatz selbst kennt er schon aus DDR-Zeiten und auch nach der Wende boomte es hier. "Schauen Sie sich um. Hier standen mal 13 Wohnanhänger in einer Saison. Jetzt sind es mit meinem noch drei", sagt der 70-Jährige zu dem Platz vor seinem Domizil. Stumbes sagen, dass in früheren Zeiten auch mehr Familien hier als Camper waren. "Aber was sollen sie mit den Kindern machen? Es fehlt an Spielplätzen und ans Wasser dürfen sie auch nicht", sagt Ingrid Stumbe. Denn noch immer dürfen die Ufer aufgrund des niedrigen Wasserstandes nicht betreten werden, weil die lebensbedrohliche Gefahr des Einsinkens in den Schlamm besteht.

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