Von Sebastian Schneider
Gestern Nachmittag in der Lobby des Dresdner Westin-Hotels. Nur wenige Gäste haben sich in den Barbereich verloren, alle sind gesetzteren Alters. Gedämpftes Licht, angenehm säuselnde Fahrstuhlmusik – Campino ist bemüht, nicht von der Lethargie im Raum angesteckt zu werden. Der 46-jährige Sänger der Toten Hosen sitzt auf einer Ledercouch, nippt an seinem zweiten Cappuccino und lässt seine Augen durch den Raum wandern. Er ist in Dresden, um am Abend den Film „Palermo Shooting“ mit Wim Wenders im ausverkauften Kino in der Fabrik vorzustellen.
Dresden verfolgte Campino bereits als kleines Kind: „Ich kann mich sehr gut an das Familienspiel Deutschlandreise erinnern. Dabei habe ich verdammt oft die Dresden-Karte gezogen. Ich vermute, mein Vater hat dieses Spiel deswegen so oft und selbstverständlich mit uns gespielt, damit wir Dresden im gleichen Atemzug wie westdeutsche Städte wahrnehmen“, sagt der Düsseldorfer.
Der Filmstart von „Palermo Shooting“ war bereits im November, seitdem reisen Darsteller Campino und Regisseur Wenders immer wieder durch das Land, um sich nach der Vorführung mit den Zuschauern zu unterhalten. „Es haben sich häufig sehr nette, tiefgründige Gespräche mit den Leuten ergeben. Ich finde gerade gut, dass wir das nicht an die große Glocke hängen. Mit einem riesigen Ansturm könnte man die Gespräche nicht auf Augenhöhe führen“, sagt Campino.
In „Palermo Shooting“ spielt Campino einen selbstverliebten Fotografen, der sich im Laufe des Films in einen mit Tod und Liebe konfrontierten, nachdenklichen Reisenden wandelt. Die Kritiken für das Road-Movie waren gespalten, doch auch wenn seine darstellerische Leistung als hölzern bezeichnet wurde, hat die Musik der Toten Hosen von Campinos Schauspielerei profitiert: “Ich habe die Lust zur Sprache wiederentdeckt und den Anspruch an meine Texte nach oben geschraubt. Für die neue Platte „In aller Stille“ habe ich so akribisch und lange an meinen Texten gefeilt wie noch nie“, sagt der Familienvater.
Im Juni machen die Toten Hosen auf ihrer „Machmalauter“-Tour auch in Dresden Halt. Das erste Konzert am 26.Juni haben sie längst ausverkauft, das Zusatzkonzert zur Hälfte. Campino hat sich vorgenommen, eine Serie zu brechen: „Wir kommen, um die Elbwiesen auch mal trocken zu testen. Bisher haben wir dort nie gespielt, ohne dass es unglaublich geschüttet hat. Das waren exzessive Wasserschlachten, die die Leute animiert haben, richtig die Sau rauszulassen. Wenn man also schon bei Regen spielen muss – dann bitte in Dresden.“