Von Manfred Müller
So hatte sich Gerd Barthold (CDU), der neue Bürgermeister von Nünchritz, seine erste Woche im Amt sicher nicht vorgestellt. Bei einer Diskussion am Mittwochabend im offenen Jugendhaus „Kombi“ prallten die gegensätzlichen Interessen seiner Gemeinderats-Fraktionen offen aufeinander. Stein des Anstoßes waren die Gelder, mit denen die Kommune die Einrichtung unterstützt. Sie lässt die „Kombi“ nicht nur kostenlos im Keller der ehemaligen Kinder-Tagesstätte logieren, sondern zahlt auch Heizung und Wasser.
Einzigartiges Angebot
Rund 21000 Euro kommen da im Jahr zusammen, die Hälfte als aktiver Haushaltposten, die andere Hälfte als der Kämmerei theoretisch entgangene Mieteinnahmen. Die CDU-Fraktion dringt schon seit längerem darauf, die Unterstützung einzukürzen. Zunächst führte sie die leere Gemeinde-Kasse ins Feld. Später, als sich die Haushaltlage gebessert hatte, kamen als Argument andere kommunale Projekte ins Spiel. So etwa der sanierungsbedürftige Kindergarten. Bisher fanden die Christdemokraten bei SPD, PDS und auch beim sozialdemokratischen Bürgermeister Udo Schmidt keine Unterstützung. Durch die Bürgermeisterwahl aber ändert sich das Kräfteverhältnis im Gemeinderat. Die Frage lautet: Wo steht in Sachen Jugendarbeit der neue Amts-Chef? Vor diesem Hintergrund hatte die „Kombi“ zu einer Besichtigung mit anschließender Diskussionsrunde eingeladen.
Dass das von der Volkssolidarität getragene Jugendhaus ein einzigartiges Betreuungsangebot aufgebaut hat, mussten selbst die Skeptiker anerkennen.
Da gibt es ein Jugendcafé, eine Hobbyküche, eine Siebdruckwerkstatt, ein Internetcafé, einen Proberaum für lokale Bands und sogar ein komplettes Aufnahmestudio. Kinder und Jugendliche können sich in die verschiedensten Projekte einbringen, etwa im Fotozirkel, in der Kochgruppe, sogar Filme wurden hier schon gedreht. Die Volkssolidarität nutzt die Räume überdies für die sozialpädagogische Gruppenarbeit. Legendär sind die Konzerte in der Kombi.
Rund 83000 Euro beträgt das Jahres-Budget. Etwa die Hälfte der Kosten wird vom Landkreis getragen, den Rest teilen sich Volkssolidarität und Kommune. „Es ist kein Geheimnis, dass wir die Zuwendungen der Gemeinde halbieren wollen“, erklärte Maik Zscheile von der CDU-Fraktion. „Es gibt andere Vereine in Nünchritz, die gar keine Unterstützung bekommen, und das ist nicht gerecht.“
Im Klartext heißt das, die Kommune würde gar nichts mehr zuschießen und sich auf die kostenlose Bereitstellung der Unterkunft beschränken. „Wir wollen keinesfalls das Jugendhaus in Frage stellen“, beschwichtigte Holger Schweinberger (TSV Merschwitz). „Die Kürzung könnte etappenweise über mehrere Jahre erfolgen und dann vom Träger der Kombi ausgeglichen werden.“ Bei Vertretern der anderen Rats-Fraktionen kam der Vorstoß nicht gut an. „Die Einnahmen-Situation der Gemeinde ist zurzeit gut. Ich sehe schlicht keine Notwendigkeit, Gelder für die Jugendarbeit zu streichen“, so Dieter Ziegert (Linkspartei).
Rathauschef überrascht
Bürgermeister Gerd Barthold hielt sich in der Diskussion lange zurück. Schließlich wies er darauf hin, dass eine Kürzung des Gemeindezuschusses die Gesamtfinanzierung ins Wanken bringen und damit die Existenz des Jugendhauses gefährden würde. „Die Kombi steht nicht in Frage“, versprach der Christdemokrat. Dass der neue Bürgermeister eine Position vertritt, die der seiner Parteikollegen im Gemeinderat widerspricht, wird vor allem jene Nünchritzer überraschen, die ihm im Wahlkampf ein eigenes Profil abgesprochen hatten.