Von Claudia Parton
Landkreis. Von Eisregen und spiegelglatten Straßen wollte sich Gustav Rudolf Bergelt nicht ausbremsen lassen. An Heilig Abend um 12.53 Uhr erblickte er im Elblandklinikum in Radebeul das Licht der Welt. Dabei hatte es der Knirps aus Boxdorf zunächst gar nicht eilig: den 21. Dezember hatten die Ärzte als Geburtstermin ausgerechnet. Seinen Hang zu ungewöhnlichen Daten hat er aber offenbar von seinen Eltern geerbt. Schon Mutter Sylvia und Vater Welfhard wählten den 9.9.99 als Tag für ihre Hochzeit.
Auch die Ärzte in Meißen hatten auf der Säuglingsstation alle Hände voll zu tun. Mirko Lebing, Leitender Notarzt, berichtete stolz von drei Babys, die am ersten Feiertag auf die Welt kamen. „Da freuen wir uns jedes Mal.“ Auf den anderen Stationen ging es um Herz-Kreislauf-Beschwerden und verdorbene Mägen durch die Weihnachtsgans. An Feiertagen seien gewöhnlich mehr Patienten da. „Wenn die Praxen geschlossen sind, kommen sie eben in die Klinik“, sagte Lebing. Für die acht Ärzte und die rund 50 Schwestern und Pfleger, die an jedem Feiertag in Meißen im Dienst waren, bleibt wenig Zeit für besinnliche Stimmung. „Das sind sie nach Jahren in diesem Beruf aber gewöhnt.“ Außerdem bietet der Job Entschädigungen: Oft brächten Patienten und Angehörige Stollen für Ärzte, Schwestern und Pfleger, Kinder malen Bilder. „Das gibt das gute Gefühl, geschätzt zu werden.“
Meißner Kaplan betreut das Sorgentelefon
Wesentlich ruhiger ist es bei der Polizei über die Feiertage verlaufen. Mehr Einsätze zu Unfällen gab es trotz Glatteis nicht. 16 bis 18 seien es täglich gewesen, sagte Volkmar Hähnel von der Polizeidirektion Riesa. „Das ist der übliche Durchschnitt.“ Bei strahlendem Sonnenschein seien die Leute lieber spazieren gegangen, als sich ins Auto zu setzen. Die Beamten konnten sich Weihnachten in die Reviere holen. Stollen und Kaffee sponsort in jedem Jahr die Polizeigewerkschaft, die Weihnachtslieder kommen aus dem Radio. „Wenn es ganz ruhig ist, haben wir auch das Fernsehprogramm.“ Die Dienstplanung bei der Polizei folgt einem festen Schema. „Jeder kann sich heute schon ausrechnen, wie er nächstes Jahr zu Weihnachten arbeiten muss“, sagte Hähnel.
Die Freiwillige Feuerwehr in Radebeul musste nicht einmal an den Feiertagen ausrücken. Trotzdem war es für Wehrleiter Roland Fährmann Ehrensache, sich bei Glühwein und Bier zurückzuhalten. „Wenn der Piepser losgeht, muss man soweit fit sein.“ Unter schwerem Atemschutz wirke Alkohol wegen der körperlichen Belastung besonders schnell. Lohn für die Zurückhaltung? „Ein Dankeschön von den Bürgern oder der Stadt.“
Bei der Verkehrsgesellschaft Meißen (VGM) lenkten jeden Tag 16 Fahrer ihre Busse über teilweise spiegelglatte Straßen. „Bei uns rollte aber alles normal“, sagte Einsatzleiter Andreas Arnold. Weihnachtsschmuck in den Bussen sei bei der VGM eher unüblich. In der Zentrale werde zwar Kaffee gekocht, an den Endhaltestellen bekommen die Busfahrer in ihren Pausen jedoch keinen. „Aber wenn die Fahrgäste nett lächeln, bringt uns das schon in Weihnachtsstimmung.“ An Wochenenden wie an Feiertagen gibt es bei der VGM gewöhnlich nur einen Einsatzleiter. Damit musste Arnold von 6.30 Uhr bis 19.00 Uhr ununterbrochen Dienst schieben. Seine Familie fuhr am zweiten Feiertag ohne ihn zu seinen Schwiegereltern. Sie sei das aber gewöhnt.
Dietrich Oettler, Kaplan der St.-Benno-Gemeinde, hat am ersten Weihnachtsfeiertag womöglich ein Leben gerettet. Er betreute das Sorgentelefon der Gemeinde, wurde zu einem Alkoholiker mit Selbstmordabsichten gerufen. „Wir haben eine dreiviertel Stunde geredet, jetzt sieht er wieder Licht am Ende des Tunnels.“ Oettler arbeitet gerne zu Weihnachten. Das Fest sei für ihn das Menschwerden Jesus Christus‘, als Familienfest haben die Feiertage deshalb kaum eine Bedeutung für ihn. „Für die Kirche geht Weihnachten außerdem bis zum Wochenende nach dem 6. Januar. Da verteilt sich meine Weihnachtsstimmung.“ Das Sorgentelefon will er bis ins neue Jahr besetzen – für den Nachweihnachtsblues.