Am Freitag, um 19 Uhr, wird die Ausstellung „Asservate – Chronik einer deutschen Familie 1907-1997“ in der Annenkapelle des Annengymnasiums eröffnet. Nach den Präsentationen in Wolgast, Eisenhüttenstadt und Lutherstadt Wittenberg ist Görlitz die vierte von zehn Stationen in den neuen Bundesländern.
Die Ausstellung wird durch ein Zeitzeugengespräch am 9. Mai, 13 Uhr, ergänzt. Darüber hinaus besteht im Rahmen der Ausstellung die Möglichkeit, sich über die Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung zu informieren.
Mit dem gemeinsamen Angebot von Ausstellung und Gesprächsrunde soll vor allem ein jüngeres Publikum angesprochen und zur Auseinandersetzung mit der Alltagsgeschichte der Eltern und Großeltern aufgefordert werden. In der Diskussion mit den Zeitzeugen sollen politische Hintergründe, die einzelne Biographien geprägt haben, deutlich werden und eine Reflexion über die Einflussnahme politischer Konstellationen auf das ganz private Leben – auch im heutigen Alltag – angeregt werden.
Bilder von Opa, Vater und
Sohn nur scheinbar gleich
Susanne Schleyer hat die Zeugnisse für die Ausstellung zusammengestellt. Sie beschäftigt sich mit einer Erscheinung des deutschen Alltags und seiner Geschichte, die man häufiger antrifft, als es offizielle Berichterstattung und familiäre Gespräche vermuten lassen. Es geht um die Frage, wie Nachkommen von Nazis mit ihrem aufgebürdeten „Erbe“, der Last der Vergangenheit leben. Denn in den Familien schweigt oder verdrängt man dies meist.
Sehr spät erst erfuhr die Künstlerin Susanne Schleyer von den Verwicklungen ihres Großvaters mit dem NS-Regime. Unter anderem war er von 1934 bis 1936 SA-Standartenführer von Weimar.
1995 entschied sich Susanne Schleyer, der Vergangenheit ihrer Familie nachzugehen und sie zu bearbeiten. Aus der dadurch entstandenen umfangreichen Materialsammlung, deren Basis das gefundene Fotomaterial des Großvaters ist, entstand eine Art Familienchronik. Darin sind die Lebenswege der Männer der Familie beschrieben. Sie bringt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in eine Linie.
Neben die Bilder des Großvaters stellt die Künstlerin Bilder des Sohnes und des Enkels. In diesem „begehbaren Familienalbum“ sieht man Großvater und Enkel in Uniform – sie gleichen sich scheinbar auf den ersten Blick.
Im zweiten jedoch steht Wehrpflicht gegen Berufssoldatentum, dem in der DDR lebenden Enkel fehlen Stolz und Identifizierung.
Die Alltäglichkeit von Abläufen zeigt, wie unglaublich schnell man wieder zu der normalen Tagesordnung übergeht. Das Leben geht weiter, nur mit anderen Vorzeichen. Auch nach der Katastrophe der Zerstörung.
Asservate – der Begriff stammt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie verwahren. Asservate sind Gegenstände, die als Beweismittel Bedeutung haben und deshalb beschlagnahmt oder eingezogen werden. Asservate müssen genau registriert werden (Datum der Übernahme, Dienststellen, Bezeichnung etc.)
Die Ausstellung wird am Freitag, um 19 Uhr, in der Annenkapelle eröffnet. Für jeden ist die Schau am Wochenende von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Hier die weiteren Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 12 bis 17 Uhr; sonnabends, sonntags, feiertags, 13 bis 17 Uhr; montags geschlossen.