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Colmnitz kommt in der Stadt an

Die Planungen haben lange gedauert, jetzt ging der Abwasserbau los. Er holt das Dorf rein technisch ins Jahr 2014.

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Von Susanne Plecher

Die Müllers radeln die Dorfstraße hoch. Sie wohnen direkt am Teich, der sich wie ein Dreieck ins Dorf geschnitten hat. Früher konnte man hier baden gehen, jetzt gluckst die Brühe braun vor sich hin. Gleich gegenüber ist die alte Klärgrube. Genauso veraltet wie sie ist das Schild, das sie als Eigentum der Gemeinde Wildenhain ausweist. Als die 2009 zur Stadt Großenhain kam, wurde auch Colmnitz Ortsteil. „Zu DDR-Zeiten gab es mal die Überlegung, dass wir zu Nünchritz oder Glaubitz gehören könnten“, erinnert sich Helfried Müller. Damals war er im Gemeinderat.

Weder aus Nünchritz noch aus Glaubitz ist es was geworden für Colmnitz. Den Colmnitzern, scheint es, ist das aber nicht so wichtig. Sie leben ihr Leben unbehelligt an der ehemaligen Landkreisgrenze, nach Riesa sind es 14, nach Großenhain zwölf Kilometer. Selten verirrt sich ein Fremder hierher. Wenn mal einer kommt, verrät Helfried Müller mit einem Augenzwinkern, geht man schon mal zum Gartenzaun und schaut, wer das ist. Seit gestern haben die Colmnitzer viel zu schauen. Denn die Bauarbeiten sind losgegangen, die für etwa zwei Jahre an der dörflichen Ruhe rütteln werden. Colmnitz bekommt jetzt, 25 Jahre nach der Wende, ein Abwassersystem mit drei kleinen Kläranlagen. Bis Ende 2015 muss die Stadt diese Pflichtaufgabe umsetzen, das sieht die Wasserrahmenrichtlinie so vor. Drei Auftraggeber sind beteiligt: Die Stadt lässt die Kanäle verlegen und die beiden Teiche sanieren, die Wasserversorgung die Trinkwasserleitungen erneuern, der AZV die Kläranlagen bauen. „Es gibt noch Höfe, auf denen die Leute ihre eigene kleine Grube haben, die regelmäßig von einem Jauchewagen entleert wird“, sagt Annekatrin Bach.

Sie ist Vorsteherin des Ortes, seit er eingemeindet worden ist. Die Zugehörigkeit zur Stadt sei gut für ihr Dorf, meint sie. Vor allem nach dem Tornado, der Colmnitz überrollt hatte, hat man das sehen können. „Es war irre, was die Verwaltung hier geleistet hat“, sagt sie. Auch jetzt steht sie voll hinter den Vorhaben der Stadt. Sie sagt: „Es wird alles nur sehr viel besser. Man kann nur gewinnen.“

Allerdings gibt es da auch andere Meinungen im Dorf. 120 Leute wohnen in dem kleinen Ort, zehn davon sind 80 Jahre alt. Manche finden den Ist-Zustand durchaus ausreichend. Es ging ja bis jetzt alles gut, warum sollte man etwas ändern? Auch die Müllers haben nichts gegen die alte Grube. „Die funktioniert doch noch“, sagen sie. Bohrt man nach, hört man, dass sie manchmal stinkt, wenn das Wetter umschlägt. Hin und wieder hat der Abfluss auch nicht so funktioniert, wie er sollte. Das Gefälle vom Hof zur Grube war nicht steil genug.

Viele, meint Annekatrin Bach, befürworten jedoch, dass die Infrastruktur verbessert wird. Auch, wenn das für jeden Anlieger einen finanziellen Einschnitt bedeutet. Die Anschlussgebühr, die entsprechend der Grundstücksgröße ermittelt wird, ist für die vielen alten Bauernhöfe kein Pappenstiel. Aber auch darin, so die Ortsvorsteherin, habe die Stadt Hilfe signalisiert. Wer nicht alles auf einmal bezahlen könne, kann Ratenzahlungen vereinbaren. Überhaupt ist sie mit dem städtischen Vorgehen mehr als einverstanden. Bisher hat es vier Anwohnerberatungen gegeben, die gut besucht gewesen sind.

Man hat sogar einen Bus nach Wantewitz organisiert, um den Colmnitzern anhand einer baugleichen Kläranlage dort zu zeigen, was bald auch ihr Abwasser klärt. Die Transparenz soll weitergeführt werden: Donnerstags finden um 10 Uhr Bauberatungen statt. Jeder kann kommen und sich informieren. „Wir verbessern die bestehenden Verhältnisse. Was schon da ist, wird genutzt“, sagt Kai Czyszke vom städtischen Bauamt. Jetzt gibt es für den Bau kleiner Kläranlagen noch Fördermittel, immerhin 28 800 Euro. Die lässt die Verwaltung sich nicht entgehen. Den Ort technisch ins Jahr 2014 zu holen, kostet allein die Stadt knapp 1,3 Millionen Euro. „Das ist richtig viel Geld, das für uns in die Hand genommen wird“, meint Annekatrin Bach. Auch die Müllers können da nur nicken. Solange an den Straßen im Dorf nichts geändert wird, sind sie einverstanden.