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Copitzer fordern Lärmschutz

Anwohner haben den Verkehr auf der S 177 satt. Sie fürchten, es wird noch schlimmer. Das ist aber nicht ihr einziges Problem.

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Von Mareike Huisinga

Es sieht nach Idylle aus: Im Garten der Familie Böhme an der Otto-Gedlich-Straße blühen die Tulpen mit den Forsythien um die Wette. Wildbeinen schnuppern an den Blüten, gemächlich streicht die graugetigerte Katze um die Beete.

Es hört sich aber nicht wie Idylle an: Von der S 177 weht ein ständiges Rauschen herüber. „Der Lärm von den Straße ist eine Katastrophe“, schimpft Kathrin Böhme und schaut missmutig auf die Westumfahrung von Pirna. Betroffen sind die Anwohner der Gedlichstraße, der Waldstraße, der Birkwitzer Straße, der Grenzstraße und der Söbrigener Straße in Copitz.

Wut und Verzweiflung liegen hier nahe beieinander. „Bei Westwind können wir nicht in unseren Gärten sitzen“, sagt Bernd Witt. Besonders jetzt, wo die Motorradsaison startet, sei es schlimm. „Die drehen auf der Geraden noch mal so richtig auf“, erklärt der Pirnaer. Seine Nachbarn, Familie Knorr, haben ein kleines Ferienhäuschen im Garten. Schon oft hätten sich Urlauber über den permanenten Lärm beklagt. „Wir hatten auch schon Gäste, die deswegen abgereist sind“, sagt Erika Knorr. Sie bezeichnet die Lärmsituation demzufolge als geschäftsschädigend. Das ist das Stichwort für Gottfried Böhme. Er spricht von einem enormen Werteverfall, denn die Häuser in diesem Wohnviertel befinden sich in Privateigentum.

Das Thema ist nicht neu. Bereits bei der Planung der neuen Umgehungsstraße im Jahr 1999 hatten sich die Anwohner für einen Lärmschutzwall stark gemacht. Das sei ihnen auch vom Straßenbauamt versprochen worden. Aber nichts passierte, die Trasse wurde 2003 freigegeben. Die Bewohner fühlen sich übergangen. Denn in Höhe des Neubaugebietes Copitz-West gibt es an der Staatsstraße Glasschutzwände, die den Lärm der Fahrzeuge schlucken.

Für die Anwohner steht fest. „Wir fordern eine Weiterführung dieser Wand in Richtung Norden oder einen anderen Lärmschutz, so kann man nicht leben. Lärm macht krank“, bringt es Bernd May auf den Punkt. Er und seine Nachbarn fürchten Schlimmstes , denn mit dem Ausbau der S 177 sei gleichzeitig mit einer Verkehrszunahme zu rechnen. „Dann ist die S 177 die Verbindung zwischen der A 17 und der A 4, alle Laster und Schwertransporte werden über Pirna fahren“, vermutet Gottfried Böhme. Deshalb müssten die Verantwortlichen möglichst schnell handeln.

Doch mit dieser Forderung kommen die Pirnaer beim Straßenbauamt in Meißen nicht so gut an. Im Vorfeld des Baus der S 177 seien umfangreiche schalltechnische Untersuchungen durchgeführt worden, sagt Niederlassungsleiter Klaus-Peter Lechler. „Daraus ist zu entnehmen, dass für die Anwesen an der Otto-Gedlich-Straße kein Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen besteht. Es ist keine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte festgestellt worden“, führt Lechler aus. Deshalb müsse die Forderung nach einer Lärmschutzwand zurückgewiesen werden. Eine Absage, die die Anwohner in dem Wohnviertel mit Zorn und Unverständnis aufnehmen. Dabei ist der Straßenlärm nicht ihr einziges Problem. Zusätzlich leiden die Bewohner unter Lärm von oben. Der Flugplatz Pirna befindet sich in unmittelbarer Nähe des Wohngebietes, das direkt in der Einflugschneise liegt.„Die Motorflieger halten oftmals nicht die Ruhezeiten ein“, ärgert sich Kathrin Böhme.Generell gilt auf dem Flughafen Pirna: Motorflugbetrieb ist von Montag bis Freitag von 7 Uhr bis Sonnenuntergang sowie am Wochenende und an gesetzlichen Feiertagen von 9 bis 12.30 Uhr und von 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr gestattet. Allerdings stoßen die Anwohner auch in diesem Punkt bei der verantwortlichen Behörde auf wenig Verständnis, es ist das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. In den vergangenen Jahren habe es lediglich vereinzelt Fluglärmbeschwerden gegeben, erklärt Referentin Sabine Penkawa. Diese werden von der Landesdirektion Sachsen geprüft. Sind Verstöße nachweisbar, werde ein ordnungsrechtliches Verfahren eingeleitet. Dieses kann mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro geahndet werden.

In den letzten Jahren war das jedoch nicht der Fall, da nicht jeder Beschwerde auch ein Verstoß zugrunde liegt, sagt die Referentin. Im Rahmen der Aufsicht durch die Landesdirektion Sachsen wird auch der Flugplatz Pirna-Copitz regelmäßig kontrolliert. Das Resultat: Der Betreiber führe den Betrieb ordnungsgemäß durch. „Deshalb ist auch keine verstärkte Kontrolle angezeigt“, sagt Sabine Penkawa.

Die Anwohner schütteln über diese Einschätzung den Kopf. „Wir geben nicht auf, sondern werden weiter gegen den Lärm kämpfen“, sagt Kathrin Böhme mit Nachdruck. Denkbar seien zum Beispiel Unterschriftenlisten oder Demonstrationen in der Altstadt, um auf das Problem in Copitz aufmerksam zu machen.