SZ + Kamenz
Merken

Kreis Bautzen: Darum gibt es mehr Corona-Fälle

Die Infektionskette bei einem Pflegedienst in Kamenz ist mittlerweile gestoppt. Doch das Virus hatte sich zuvor schon weiterverbreitet.

Von Reiner Hanke
 4 Min.
Teilen
Folgen
Im Zusammenhang mit den Corona-Infektionen bei einem Kamenzer Pflegedienst sind 150 Personen auf das Virus getestet worden.
Im Zusammenhang mit den Corona-Infektionen bei einem Kamenzer Pflegedienst sind 150 Personen auf das Virus getestet worden. © Jens Büttner/dpa (Symbolbild)

Kamenz/Bautzen. Die Statistik spricht für sich: Der Landkreis Bautzen ist derzeit im Freistaat Spitzenreiter bei den Neuinfektionen mit dem Coronavirus der vergangenen sieben Tage pro 100.000 Einwohner: Es waren 14 Mitte der Woche, aber null zum Beispiel im Nachbarkreis Görlitz. Sabine Rötschke, Sprecherin im Landratsamt Bautzen, spricht von einer hohen Zahl. Die wesentliche Ursache sei der Hotspot in Kamenz. Es handelt sich um eine Infektionskette, die beim ASB (Arbeiter-Samariter-Bund) Dresden und Kamenz im Pflegezentrum Kamenz ihren Ursprung hatte. Am ersten Maiwochenende hatte sich dort nach Informationen des ASB ein Verdacht erhärtet. Wegen Erkältungs-Symptomen bei einer Mitarbeiterin war der Test veranlasst worden.

Mit einem handgeschriebenen Zettel werden Besucher des ASB-Pflegezentrums auf Hygieneregeln hingewiesen.
Mit einem handgeschriebenen Zettel werden Besucher des ASB-Pflegezentrums auf Hygieneregeln hingewiesen. © SZ/Reiner Hanke

Insgesamt neun Mitarbeiter und 22 Pflegebedürftige seien daraufhin ebenfalls positiv getestet worden, erklärt das Gesundheitsamt des Kreises. Zwei Patienten sind inzwischen gestorben, fünf in stationärer Behandlung. Fünf sind nach Informationen des Gesundheitsamtes wieder genesen. Im Malteser Krankenhaus St. Johannes in Kamenz werden derzeit sieben akut an dem Virus erkrankte Patienten behandelt, so Klinikgeschäftsführer Sven Heise. Ein Teil im Zusammenhang mit dem Hotspot.  So waren Patienten des Pflegedienstes bereits mit einem anderen Krankheitsbild in der Klinik. Leider habe sich auch Krankenhauspersonal dadurch angesteckt.  Die Sicherheitsmechanismen wurden verstärkt. Alle Mitarbeiter tragen jetzt z. B. im Patientenkontakt die speziellen FFFP-2-Masken während der Arbeit. Das sei eine sehr hohe Belastung. Außerdem muss fehlendes Personal ausgeglichen werden. 

Rund 150 Personen getestet

Insgesamt wurden rund 150 Personen im Zusammenhang mit dem ASB getestet. Inzwischen sei laut Gesundheitsamt kein neuer Fall dazugekommen. Die Tests wurden abgeschlossen. Das Virus breitete sich allerdings zuvor über den Kreis der Senioren und des Pflegepersonals hinaus aus. Die Infektionskette führte insbesondere zu Kindern. So hatten wohl Familien die Omas und Opas unter den Patienten besucht und sich das Virus eingefangen. Sabine Rötschke: „Hier wurden Kontaktpersonen in den jeweiligen Kitas ermittelt, darunter Kinder und Erzieherinnen.“ In der Konsequenz sei es nötig gewesen, Tagesstätten in Ralbitz, Neukirch bei Königsbrück und Neschwitz teilweise zu schließen.  Das Gesundheitsamt unterbreitete zudem allen Eltern von Kindern dieser Kitas das  Angebot, ihre Kinder testen zu lassen. Auch die Grundschule in Räckelwitz war mit einem Corona-Fall betroffen. Insgesamt hatte sich 13 Kinder infiziert. Damit erkläre sich auch der vermeldete auffällige Anstieg unter Kindern im Kreis.

Die Grundschule Räckelwitz konnte am Dienstag wieder an den Start gehen. Bei den „Kitas ist die Situation unterschiedlich“, erklärt Sabine Rötschke. Dies habe mit der Verfügbarkeit von Personal zu tun, „das gegebenenfalls wegen Quarantänen zeitweise der Kita nicht zur Verfügung steht“.

Gesundheitsamt weist Kritik zurück

Aus Kreisen Angehöriger betroffener Senioren kam unterdessen über soziale Medien Kritik, es sei wohl nicht schnell genug gehandelt und Angehörige informiert worden. Auch um Infektionsketten zu unterbrechen: „Hätte alles vermieden werden können“, war da zu lesen. Die Kreisbehörde weist ebenso wie der ASB die Kritik zurück. Das Gesundheitsamt habe nach der Information zu dem positiven Testergebnis „sofort die Ermittlung der Kontaktpersonen vorgenommen, getestet und gehandelt“, so Behördensprecherin Cynthia Thor. „Daraus ergaben sich dann weitere Infektionsketten, die wiederum verfolgt wurden.“ Das Gesundheitsamt schätzt jetzt ein, eben weil schnell reagiert wurde, habe die Infektionskette unterbrochen werden können. Neuerliche Fälle bei einem Pflegedienst in Königsbrück und in einem Pflegeheim in Elstra stünden nicht mit Kamenz im Zusammenhang. 

Im Ärztehaus an der Kamenzer Fichtestraße befindet sich auch das Pflegezentrum das ASB.
Im Ärztehaus an der Kamenzer Fichtestraße befindet sich auch das Pflegezentrum das ASB. © Matthias Schumann

Auch der ASB versichert: "Wir haben nach dem ersten positiven Testergebnis umgehend das Gesundheitsamt kontaktiert und die Liste mit allen Kontakten der betreuten Seniorinnen und Senioren sofort zugearbeitet", erklärt Grit Klee, Leiterin Soziale Dienste beim ASB Dresden-Kamenz. Es habe immer wieder auch Telefonkontakt mit  Angehörigen gegeben. Inzwischen sei die Mehrheit der infizierten Mitarbeiterinnen wieder im Dienst.

Inwiefern die Infektionszahlen im Kreis Bautzen auf die Lockerungen zurückzuführen seien, lasse sich schwer einschätzen, so Pressesprecherin Rötschke. Fest stehe, dass mit der Aufhebung von Einschränkungen die Zahl der Kontaktpersonen steige. Ebenso führe  Ignoranz gegenüber bestehenden Auflagen dazu. Solche Fälle oder einzelne Herde könnten immer wieder und überall  aufploppen.

Mehr Nachrichten aus Bautzen lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Bischofswerda lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Kamenz lesen Sie hier.