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Asylbehörde: Keine erhöhte Corona-Gefahr

Sächsische Gerichte sehen eine erhöhte Infektionsgefahr in Sammelunterkünften für Asylbewerber. Tatsächlich ist die Zahl der Corona-Fälle dort aber sehr gering.

Von Karin Schlottmann
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Die sächsische Asylbehörde sieht keine besondere Gefährdung für Geflüchtete in Sammelunterkünften. Das Bild entstand in der Nähe der griechisch-türkischen Grenze.
Die sächsische Asylbehörde sieht keine besondere Gefährdung für Geflüchtete in Sammelunterkünften. Das Bild entstand in der Nähe der griechisch-türkischen Grenze. © Darko Bandic/AP/dpa

Die Verwaltungsgerichte in Sachsen haben in bisher vier Fällen Asylbewerbern Recht gegeben, die wegen der Corona-Pandemie aus ihren Sammelunterkünften entlassen werden wollten. In zwei Fällen handelt es sich um schwangere Frauen. Ob in der Aufnahmeeinrichtung Bewohner erkrankt seien, sei unerheblich, entschied das Verwaltungsgericht Dresden in der vorigen Woche. Erheblich sei lediglich, ob ein potentielles Infektionsrisiko bestehe. Das könne nicht ausgeschlossen werden, heißt es in dem Beschluss. Ähnliche Eilentscheidungen haben die Verwaltungsgerichte Chemnitz und Leipzig getroffen. 

Die Gesundheit der Asylbewerber habe absolute Priorität, verteidigte Regina Kraushaar, Präsidentin der Landesdirektion Sachsen, am Donnerstag die Arbeit ihrer Behörde. Seit Februar habe die Landesdirektion mit den Betreibern der Erstaufnahmeeinrichtungen  die Organisation in den Einrichtungen umgestellt. Der Pandemie-Plan würde zudem laufend fortentwickelt. Die Gemeinschaftsduschen und -toiletten würden zwei Mal täglich gereinigt, es gebe Gesichtsmasken für Bewohner und Mitarbeiter sowie angepasste organisatorische Abläufe in den Essensräumen. Die Gesundheitsämter, die sehr streng über die Einhaltung von Vorsorgemaßnahmen gegen Infektionskrankheiten wachten, hätten bei ihren unangekündigten Kontrollbesuchen bisher keine Änderungen verlangt, sagte Kraushaar. 

Nur zwei Corona-Fälle in Sammelunterkünften

Kraushaar, die bis zur Amtsübernahme vor einigen Wochen Staatssekretärin im Sozialministerium war, sagte, bis auf zwei Infektionen bei Neuaufnahmen habe es bisher keine Ansteckungsfälle mit dem Coronavirus in sächsischen Sammelunterkünften gegeben. Alle Neuankömmlinge würden zunächst in einer Unterkunft in Mockau bei Leipzig untergebracht, wo sie untersucht und auf Corona getestet würden. Auch Flüchtlinge, die ihre Unterkunft für mehrere Tage verlassen hätten, müssten zunächst wieder für zwei Wochen nach Mockau. Ein rechtlicher Anspruch, wegen der Pandemie die Erstaufnahmeeinrichtung zu verlassen,  besteht aus Sicht der Landesdirektion nicht. Auch die Unterbringung in einer Wohnung sei keine Gewähr, sich nicht anzustecken. 

Asylbewerber sind gesetzlich verpflichtet, bis zu einer Entscheidung über ihren Antrag in der Erstaufnahmeeinrichtung zu leben. Diese Frist ist in der Regel auf 18 Monate begrenzt, Familien müssen nur sechs Monate bleiben. Derzeit sind 2.663 Asylbewerber in Sachsen in einer der neun Erstaufnahmeeinrichtungen  untergebracht. 

Die Kläger, der am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz erfolgreich war, argumentierte, er könne die Vorschriften der sächsischen Corona-Verordnung in der Sammelunterkunft nicht einhalten. Er lebe mit etwa 450 Asylbewerbern in einer Unterkunft, die für 560 Personen ausgelegt sei. Es sei ihm in einem Mehrbettzimmer und den sanitären Gemeinschaftseinrichtungen nicht möglich, die in der Corona-Verordnung festgelegten Abstandsregeln einzuhalten.  Das Gericht sah insbesondere in den Gemeinschaftsduschen ein erhöhtes Infektionsrisiko und kritisierte die "oftmals schwer verständliche Sprache" der Rechtsvorschriften, die zur Information der Asylbewerber in der Unterkunft in mehreren Sprachen aushängen. Die Beschlüsse sind unanfechtbar. 

Jens Löschner, der zuständige Referatsleiter in der Landesdirektion, sprach von Einzelfällen. Durch die Gerichtsbeschlüsse entstehe das falsche Bild, dass der Aufenthalt in den Erstaufnahmeeinrichtungen gefährlicher sei als außerhalb. Die Kläger werden nun in Wohnungen untergebracht, die ihnen die jeweilige Kommune zur Verfügung stellt.   Der Sächsische Flüchtlingsrat begrüßte die Entscheidungen. Er veröffentlichte einen Offenen Brief von 150 Flüchtlingen aus einer Sammelunterkunft in Schneeberg, die ebenfalls ihre Unterbringung kritisieren und eine Reihe von Veränderungen verlangen.

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