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Wird beim Corona-Schutz übertrieben?

Zwei Monate Corona im Landkreis Bautzen: Landrat Michael Harig zieht Bilanz - und reagiert auf die Kritik an den Schutzmaßnahmen.

Von Tilo Berger
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Vor zwei Monaten gab es im Landkreis Bautzen den ersten bestätigen Corona-Fall. Jetzt hofft Landrat Michael Harig (CDU), dass das Schlimmste überstanden ist.
Vor zwei Monaten gab es im Landkreis Bautzen den ersten bestätigen Corona-Fall. Jetzt hofft Landrat Michael Harig (CDU), dass das Schlimmste überstanden ist. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Herr Harig, vor genau zwei Monaten gab es im Landkreis Bautzen die erste bestätigte Corona-Infektion. Zuletzt hat die Zahl der Erkrankten stetig abgenommen – sind wir über den Berg?

Das kann ich nicht mit Sicherheit einschätzen. Die Virologen des Robert-Koch-Instituts und andere mahnen zur weiteren Vorsicht und verweisen darauf, dass noch kein wirksames Medikament zur Verfügung steht. Im Landkreis Bautzen könnte man anhand der Zahlen und deren Entwicklung der Meinung sein, dass das Schlimmste hinter uns liegt. Ich hoffe, dass sich das so bestätigt. Viel hängt auch von den Infektionszahlen der ersten zwei Maiwochen ab. Dann kann man beurteilen, welche Auswirkungen die bereits erfolgten Lockerungen in Hinblick auf die Weiterverbreitung des Virus haben.

Waren die Vorsichts- und Schutzmaßnahmen übertrieben? War es zum Beispiel nötig, in den Krankenhäusern so viele Betten für Corona-Patienten freizuhalten und dafür Operationen zu verschieben?

Angesichts der Erfahrungen im Landkreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen und aufgrund der Bilder aus Italien, Spanien, Frankreich sowie den USA waren und sind die Vorsichts- und Schutzmaßnahmen nicht übertrieben. Die schnelle Reaktion in Deutschland und die gute Arbeit unseres Gesundheitsamtes haben dazu geführt, dass die Infektionsketten unterbrochen werden konnten. Wäre das nicht gelungen, hätten wir die Kapazitäten in unseren Krankenhäusern sicher gebraucht.

Wie lange bleiben die Betten für Corona-Fälle reserviert?

Die Krankenhäuser beginnen bereits wieder mit dem Normalbetrieb. Unabhängig davon müssen wir die Entwicklung weiter beobachten, um im Falle steigender Covid-19-Erkrankungen reagieren zu können.

Ab wann dürfen die Bürger wieder ihre Angehörigen in Krankenhäusern und Pflegeheimen besuchen?

Das liegt nicht in unserer Verantwortung als Landkreis, sondern wird durch den Freistaat als Allgemeinverfügung geregelt. Die Ministerpräsidenten werten das Geschehen mit der Bundesregierung regelmäßig aus. Ich hoffe sehr, dass insbesondere Besuche in den Pflegeheimen bald wieder möglich sind. Denn ich weiß, dass Bewohner und Angehörige gleichermaßen unter der Kontaktsperre leiden.

© SZ Grafik

Wie geht es weiter mit der Volkshochschule und der Kreismusikschule?

Der allgemeine Schulbetrieb hat erst einmal Vorrang. Hinsichtlich der Volkshochschule und der Kreismusikschule werden wir uns weiter nach den Vorgaben des Freistaates richten. Dennoch findet aktuell in der Kreismusikschule Unterricht statt – und zwar per Video-Telefonie. Hier gibt es ein hohes Engagement der Lehrer und Schüler. Ich hoffe, dass mit dem Schuljahresbeginn 2020/2021 der normale Betrieb wieder aufgenommen werden kann.

Wann öffnet das Landratsamt wieder für den normalen Besucherverkehr?

Die Arbeit im Landratsamt selbst ist auch in den zurückliegenden Wochen weitgehend normal verlaufen. Aus Sicherheitsgründen haben wir darum gebeten, auf persönliche Vorsprachen zu verzichten und Anliegen und Anträge telefonisch oder per E-Mail zu stellen. Dies wird auch noch eine Weile andauern.

Ein erster Schritt war die Öffnung der KfZ-Zulassungsstellen für Privatpersonen. Hier haben wir den Betrieb jedoch auf Terminvergabe per E-Mail umgestellt, um lange Wartezeiten zu verhindern. Inzwischen haben wir ein eigenes Online-System eingerichtet, mit dem man einen Termin bequem selbst eintragen kann. Das könnte auch ein System für andere Ämter sein – ganz unabhängig von Corona.

Weiter mit oder bald wieder ohne Maske?

Solange die Infektionsgefahr nicht vorüber ist, werden wir nicht auf Masken und Terminvereinbarungen verzichten können.

Was meinen Sie, wir lange werden wir noch mit Masken vor dem Gesicht einkaufen, Bus fahren und in öffentliche Gebäude gehen müssen?

Das wird wohl solange empfohlen werden müssen, wie die anhaltende Eindämmung der Verbreitung des Virus nicht erreicht ist beziehungsweise wir keine wirkungsvollen Medikamente oder Impfungen zur Verfügung haben. Mein Dank gilt an dieser Stelle auch den vielen ehrenamtlichen Kräften, etwa vom Technischen Hilfswerk, sowie den fleißigen Näherinnen, die uns bei der Herstellung und Verteilung von Masken sehr unterstützt haben.

Müssen auch Sie Ihre Urlaubspläne für dieses Jahr ändern?

Wie so viele Einwohner in unserem Landkreis trifft es auch mich. Wir hatten im Juni eine Norwegenreise per Schiff geplant, die nun leider nicht stattfinden kann. Natürlich hoffe ich, dass der Campingaufenthalt im September, den wir uns in einer deutschen Urlaubsregion vorgenommen haben, möglich wird.

Die aktuelle Entwicklung der Corona-Situation im Landkreis Bautzen können Sie im News-Ticker verfolgen. 

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