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Dresden: Wo Corona-Hygiene extra kostet

Friseure beteiligen ihre Kunden mit Aufschlägen an den immensen Kosten für Desinfektion, Mundschutz und mehr. Gastronomen gehen einen anderen Weg.

Von Julia Vollmer & Nadja Laske
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Christoph Steinigen, Chef des Salons Director's Cut in der Neustadt, setzt wieder die Schere an. Das kostet nun ein paar Euro extra.
Christoph Steinigen, Chef des Salons Director's Cut in der Neustadt, setzt wieder die Schere an. Das kostet nun ein paar Euro extra. © Christian Juppe

Dresden. Sie haben noch nichts verdient und müssen fürs Geldverdienen zunächst einmal Geld ausgeben: Seit am 4. Mai die Friseure wieder öffneten und knapp zwei Wochen später die Gastronomen nachziehen durften, sind Unternehmer und Kunden förmlich umzingelt von Hygienemaßnahmen. Die sind nicht nur manchmal unangenehm und gewöhnungsbedürftig, sondern auch teuer.

Wirte und Salonbetreiber haben zur Vorbereitung des Neustarts tief in die Tasche gegriffen und müssen das nun fortlaufend tun, so lange Desinfektionsmittel, Gummihandschuhe, Masken und vieles mehr Vorschrift sind - extra Investitionen, die es braucht, um überhaupt Haare schneiden oder Speisen servieren und dafür kassieren zu dürfen.

"Allein die Papierhandtücher, die wir nur für die Gäste- und Personaltoiletten und zum Reinigen von Flächen benutzen, kosten mich im Monat 200 Euro", sagt Christoph Steinigen. In seinem Salon Director's Cut in der Dresdner Neustadt hat er jetzt statt 15 nur noch zehn Frisierplätze. Nur so kann er den gebotenen Mindestabstand einhalten. "Zwei Wochen lang habe ich gebraucht, um die neue Logistik in meinem Geschäft zu entwickeln, Hygieneprodukte zu ordern, Hinweisschilder drucken zu lassen und unsere Website mit Erklärungen zum Verhalten im Salon auszustatten." 

"Nur ganz wenige haben kein Verständnis"

Dort finden Kunden nun auch Informationen zu einem Kostenpunkt, der viele verschiedene Namen hat: Präventionspauschale nennen es die einen, Aufwandsentschädigung die anderen und Hygienezuschlag die übernächsten. Christoph Steinigen erklärt auf seiner Homepage seinen "Hygiene- und Sicherheitsbeitrag": Für alle sogenannten Kleinbehandlungen, wie Waschen, Schneiden, Föhnen, verlangt er zusätzliche 3,90 Euro. Aufwändigere Frisuren mit Haarfärbung oder -verlängerung kosten nun 5,90 Euro mehr als normal.

"Zwischen 2.000 und 4.000 Euro im Monat belaufen sich meine zusätzlichen Kosten für all die Hygieneprodukte, die ich zum Schutz vor Corona verwenden muss", sagt der Friseurmeister und Chef von 17 Mitarbeitern. Sein Aufschlag decke diese Kosten nicht. Doch um Geld zu verdienen, müsse er seine Kunden daran beteiligen und erkläre es ihnen auch offen und ehrlich. Nur ganz wenige hätten dafür kein Verständnis.

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Madlen Wenerski verlangt ihren Kunden einen Aufschlag von zwei Euro pro Friseurbesuch ab und informiert darüber per Aushang schon im Hausflur ihres Salons auf der Ostra-Allee. "Dieser Zuschlag hat nichts mit den Investitionen des Salonumbaus und dem Umsatzausfall der sechswöchigen Schließzeit zu tun, sondern ist ausschließlich durch die laufenden Mehrkosten bezüglich der Hygieneauflagen begründet", erklärt sie.

Alle Handtücher und Umhänge müssen nach jedem Kunden 60 Grad heiß gewaschen werden. "Der Waschgang dauert länger, so dass ich mehr Umhänge anschaffen musste", so Madlen Wenerski. Zum Trocknen der Haare nutzt sie Einweghandtücher, die zusätzlich Geld kosten. "Für die Grundausstattung und den Vorrat an Einwegartikeln wie Handschuhen, Wegwerfhandtüchern, Mund-Nasen-Schutz für Färbekunden plus Desinfektion haben wir vor der Wiedereröffnung rund 3.000 Euro ausgegeben. Diese Sachen muss ich permanent nachbestellen."

Frisörin Susann Schwanebeck informiert auf der Website ihrer Haarmanufaktur über ihre Präventionspauschale in Höhe von drei Euro und stellt Kunden bei Bedarf einen Mundschutz für 7,50 Euro zur Verfügung. Coiffeurin Kathrin Lauda beteiligt ihre Kunden mit zehn Euro an ihren Ausgaben für Hygieneartikel. 

"Das kann man niemandem vermitteln"

Zusätzliche Kosten fallen auch in Gastronomiebetrieben an, damit an jeder Ecke Desinfektionsmittel parat steht, die Servicekräfte und Köche Mundschutz tragen und Flächen noch gründlicher gereinigt und keimfrei gehalten werden. Trotzdem hat sich das Gros der Restaurantbetreiber dazu entschlossen, vom Hygienegroschen abzusehen.

"Obwohl mich diese ganzen Dinge zur Einhaltung der Hygieneregeln weit über 1.000 Euro gekostet haben, lege ich sie nicht auf unsere Gäste um. Die können ja nichts dafür", sagt Carsten Rühle vom Luisenhof. "Wichtig für uns alle Gastronomen ist, dass die Gäste jetzt wieder zu uns in die Restaurants kommen. Damit unterstützen sie uns sehr."

Viktoria Franke vom Wenzel Prager Bierstuben am Postplatz sagt: "Wir haben hohe Kosten für Desinfektionsmittel und die Schutzmasken für die Angestellten, aber wir verlangen keinen Aufschlag." Sie wisse, dass es durch Kurzarbeit auch vielen Gästen schlecht geht, die wolle sie nicht zusätzlich belasten.

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Relativ gelassen sieht Nicole Blonkowski vom Genussatelier die Anschaffungskosten. Die halten sich aus ihrer Sicht in Grenzen, deshalb sieht sie keinen Grund, einen Aufschlag zu verlangen. Auch Holger Zastrow absolviert auf der Hofewiese das gesamte Hygieneprogramm, ohne eine Pauschale zu erheben und sieht es wie seine Gastrokollegen: "Unseren Kunden in dieser schwierigen Zeit noch mehr abzuverlangen, das kann man niemandem vermitteln."

Jürgen Sommer indes spricht an, was viele Dresdner dieser Tage beim Blick in die Speisekarten der Lokale feststellen: Die Preise fallen höher aus, als sie es vor der Pandemie gewohnt waren. "Auch wir haben unsere Preise geringfügig angepasst", sagt der Wirt vom Volkshaus Laubegast. Mit Hygienemaßnahmen habe das aber nichts zu tun. "Ich versuche damit die höheren Rechnungen auszugleichen, die ich nun von meinen Lieferanten kredenzt bekomme." Die hatten, genau wie die Gastronomen, wochenlang kaum Absatz und geben einen Teil ihres Defizits wiederum an ihre Kunden weiter. Kettenreaktionen, wie man sie schon vom Shutdown kennt.

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