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Dresden: Neustart im Fitnessstudio

Früher, als sie selbst glaubten, dürfen die Studios wieder ihre Mitglieder trainieren lassen. Ein Besuch zwischen Muskeln und Desinfektionsmittel.

Von Henry Berndt
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Sauberer Neustart: Studioleiter Thomas Wilke sorgt auch persönlich für ausreichend Hygiene.
Sauberer Neustart: Studioleiter Thomas Wilke sorgt auch persönlich für ausreichend Hygiene. © Christian Juppe

Dresden. Keinen Tag länger wollte er das aushalten. Als am vergangenen Freitag die Fitnessstudios wieder öffnen durften, war Sebastian Bormann einer der ersten Gäste im CleverFit in der Kesseldorfer Straße in Dresden-Löbtau. Er kam bereits in Sportkleidung, wie es jetzt vorerst alle Mitglieder tun müssen. Die Duschen und Umkleiden bleiben geschlossen. Die Corona-Krise ist schließlich noch nicht vorbei.

Sebastian Bormann trainiert jetzt trotzdem wieder jeden Tag. "Ich konnte es wirklich nicht erwarten", sagt der 27-Jährige, der vor drei Jahren seine Leidenschaft für den Kraftsport entdeckt hat. Zu Hause musste er seinen Körper zuletzt mit Situps und Klimmzügen fit halten. Die acht Wochen Zwangspause kamen ihm wie eine Ewigkeit vor.

Das ging Stefan Lasch nicht anders. Am 17. März konnte der Inhaber sein Dresdner Studio zum letzten Mal öffnen. Seitdem waren seine drei Festangestellten in Kurzarbeit, die Aushilfen schauten ganz in die Röhre. Lasch und sein Studioleiter Thomas Wilke nutzten die unfreiwillige Auszeit, um das Studio einmal komplett zu streichen und die Böden neu zu polieren.

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Finanzielle Unterstützung erhielt das Studio weder von der Stadt noch sonst woher. Außerdem konnten wochenlang keine neuen Mitgliedschaften abgeschlossen werden.

Die geschäftlich härteste Zeit stehe ihm allerdings erst noch bevor, glaubt Lasch. "Die Fitnessbranche trifft die Krise erst später, wenn die Mitglieder ihre Beiträge zurück wollen oder auf eine kostenlose Verlängerung ihrer Verträge pochen." Viele seine Kunden hätten sich allerdings auch solidarisch gezeigt und die Abbuchungen der vergangenen Wochen klaglos akzeptiert.

"Wir hatten uns auf eine Pause bis Mitte Juni eingestellt", sagt Lasch, "und waren wirklich überrascht, als es plötzlich so schnell ging". Gerade einmal zwei Tage habe man Zeit gehabt, um alle nötigen Vorkehrungen für den Neustart zu treffen. "Wir hätten gern auch erst am Montag eröffnet, aber da saßen uns die Mitglieder im Nacken." Viele hatten natürlich von den Lockerungen erfahren und wollten wieder loslegen.

Also hieß es für Lasch: Personal ranholen, Dienstpläne austarieren - und mal eben ein eigenes Hygienekonzept erarbeiten. "Für Fitnessstudios gibt es ja keine festen Vorgaben", sagt Lasch. Seinen Plan habe er vor der Öffnung an das Gesundheitsamt geschickt. Ob seine Vorkehrungen ausreichen, weiß er allerdings bis heute nicht.

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Im Unterschied zu einigen Kollegen lässt er die Solarien und die Mineralbar, an der sich jeder per Touchscreen mit Getränken versorgen kann, auf. "Was ist, wenn doch mal eine Kontrolle kommt und das Studio wieder geschlossen wird? Da hat man als Betreiber schon Existenzangst."

Dabei wirkt das hier alles recht vorbildlich. Vor dem Eingang steht ein Aufsteller mit "unseren Regeln". Der Verzicht aufs Händeschütteln und sonstigen Körperkontakt sollte sich von selbst verstehen. Ungewohnter ist es da schon, nach jeder Übung seine Geräte und sein Equipment zu desinfizieren. Auf mehreren Stehtischen stehen die dafür nötigen Sprühflaschen und die Küchenpapierrollen bereit. Sebastian Bormann hat die zusätzlichen Handgriffe längst verinnerlicht. Gerade steigt er vom Ergometer und wischt die Griffe ab.

Mundschutz müssen nur die Mitarbeiter tragen, und auch nur dann, wenn sie keinen Mindestabstand von 1,5 Meter sicherstellen können.

"Konnte es kaum erwarten": Sebastian Bormann trainiert ab jetzt wieder jeden Tag.
"Konnte es kaum erwarten": Sebastian Bormann trainiert ab jetzt wieder jeden Tag. © Christian Juppe

Maximal 55 Sportler dürfen sich vorerst gleichzeitig im Studio aufhalten. "Das sollte aber das kleinste Problem sein", sagt Lasch. "Da kommt uns der Sommer entgegen." Nur im Winter seien es sonst an einzelnen Tagen auch mal 80.

Überhaupt sind die Einschränkungen für das Training absolut verkraftbar, findet auch Studioleiter Thomas Wilke. "Es wurde einfach Zeit, dass hier wieder Leben reinkommt", sagt er. Er selbst habe direkt vor der Schließzeit zwei Wochen Urlaub gehabt und sei "in der Isolation fast verrückt geworden". Zumal er sich in den Wochen zuvor intensiv auf einen Bodybuilding-Wettkampf vorbereiten musste, der dann im März kurzfristig abgesagt wurde. "Gefühlt hatte ich jetzt ein halbes Jahr keine sozialen Kontakte."

Entsprechend schwungvoll bewegt er sich nun an diesem Montagmittag durch das Studio. Heute herrscht wieder etwas mehr Betrieb, während das Wochenende noch recht verhalten begann. "Wir dachten ja, wir werden überrannt, aber die Leute sind recht vernünftig."

Wer sich jetzt auch noch nicht ins Studio zurücktraue, der bekomme seine Monate selbstverständlich gutgeschrieben. Mit Angst trainiere es sich nun mal gar nicht gut.

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