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Corona: So hilft sich Sachsen selbst

Drei Dresdner Informatiker gründen ein Portal, um Obdachlosen, Kranken, sozial Schwachen, Sportsfreunden und Tierschützern zu helfen. Mit Erfolg.

Von Nadja Laske
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Sie bringen zu dritt zwei Parteien zusammen, für ein gemeinsames Ziel: Jens Aßmann, Tim Bärisch, Torsten Stein (v.l.) von Sachsenhilftsichselbst.
Sie bringen zu dritt zwei Parteien zusammen, für ein gemeinsames Ziel: Jens Aßmann, Tim Bärisch, Torsten Stein (v.l.) von Sachsenhilftsichselbst. © Sven Ellger

Dresden. Unter all den lauten Nachrichten rund um geschlossene Restaurants, abgesagte Konzerte, leere Hotels tönen leise Meldungen. Auf den ersten Blick ist ihre Bedeutung kleiner als die der schwer von Corona betroffenen Branchen. Aber das täuscht. "Es gab in jüngster Zeit auch etliche Berichte über Obdachlose, die nicht ins Nachtcafé dürfen, Tierheime, die kaum noch Futter kaufen können, und Therapien, für die das Geld fehlt", sagt Jens Aßmann. Das habe ihn sehr beschäftigt.

Für notleidende Berufsgruppen gibt es Nothilfeprogramme. Aber wer hilft denen, die sonst anderen helfen - mit Beratungen, Sport und Spiel, Unterstützung im Alltag und Beistand bei Krankheit? "Wir haben uns viel darüber unterhalten, wie es jetzt wohl Menschen geht, die von Vereinen unterstützt werden", so der IT-Experte. Wir, das sind er und seine ebenfalls freiberuflichen Kollegen Tim Bärisch und Torsten Stein. 

Viele Telefonate mit Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten habe es gegeben, seit die Welt sich so sehr verändert hat. Wie geht es wem? Wer leidet und wer bleibt wirtschaftlich unberührt? "Mit Schreck mussten wir sehen, dass es Menschen nebenan betrifft, die eben noch recht sorglos gelebt haben. Sein eigener Job halte der Krise stand, sagt Jens Aßmann. Davon habe er sich verpflichtet gefühlt, etwas zu tun, was Schwächere stärkt.

"Wir sind alle drei Wendekinder und haben seit unserer Jugend Dresden und Sachsen immer nur wachsen und besser werden sehen", sagt Torsten Stein. Jetzt erlebe er das Gegenteil: einen dramatischen Shutdown, der weite Teile der Wirtschaft und Gesellschaft lahmlegt. "Zum ersten Mal ist mir das klar geworden, als meine Kinder von der Schule kamen und sagten, dass ab sofort kein Unterricht mehr stattfindet", erinnert er sich. Da habe er an Kinder in Familien gedacht, die ohnehin schon am Limit sind. Eltern, die neben vielen anderen Sorgen jetzt noch Unterricht geben müssen.

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Vor vier Wochen ist nun eine Website online gegangen, die die Antwort des Trios auf all seine Wahrnehmungen und Erlebnisse ist: www.sachsenhilftsichselbst.de. Wohl wissend, dass Bund, Länder und Kommunen nicht für jeden Ausfall aufkommen können, und gerade Vereine unter der sinkenden Finanzkraft vieler Unternehmen leiden, widmen sich die drei Dresdner gerade deren Arbeit. Aufgrund der Coronapandemie können auf lange Sicht viele Veranstaltungen nicht stattfinden, die Geld in Vereinskassen spülen: Spendenläufe, Benefizkonzerte, Tombolas.

Trotz Krise, davon sind Torsten, Tim und Jens überzeugt, gibt es immer noch genug Firmen und Privatpersonen, die für gemeinnützige Zwecke spenden wollen. Das wissen sie aus Gesprächen mit Unternehmern ihrer Netzwerke. Also taten sie, was sie gut können: Sie konzipierten eine Schnittstelle zwischen potentiellen Spendern und Vereinen oder Initiativen, entwickelten die entsprechende Internetplattform und haben in kürzester Zeit schon viel erreicht.

Rund 15.000 Interessenten haben die Website bereits besucht, siebentausend Euro sind von 18 Spendern bereitgestellt worden, und drei Projekte wurden bereits unterstützt. Am Donnerstag waren die drei Macher zu Gast in der Villa Sonnenstrahl. Denn auch das gehört zum Ansatz: Vereine sollen die Gelegenheit bekommen, ihre Arbeit vorzustellen und zu zeigen, welche Angebote dank der finanziellen Unterstützung möglich geworden sind. 

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Der Sonnenstrahl e.V. bietet auch während der allgemeinen Corona-Reglementierung Kurse für krebskranke Kinder, deren Eltern und Geschwister an. Dazu gehören Yogakurse, kunsttherapeutische Angebote, Aktivitäten in der Natur, Coachings, psychologische und lebensberatende Begleitung. Etliches davon fand bisher in Gruppen statt. Doch die gebotene Kontaktbeschränkung erlaubt derzeit nur Einzelbetreuung, und die ist teurer. "Unsere Elternwohnungen sind voll belegt, die Behandlungen in der Uniklinik laufen und der Bedarf an Unterstützung seitens der Familien ist riesig", sagt die Geschäftsführerin des Sonnenstrahl e.V., Antje Herrmann.

Deshalb ist sie sehr dankbar, dafür 500 Euro zu erhalten, die über sachsenhilftsichselbst.de gespendet worden sind. Für all seine Angebote inklusive des Betriebs der Elternwohnungen, in denen Angehörige während der Zeit der Behandlung krebskranker Kinder wohnen dürfen, braucht der Verein täglich 2.000 Euro. Feste Unterstützer fallen zwar nicht reihenweise aus, dafür aber alle laufenden Spendenaktionen.

"Außerdem können wir der Treberhilfe Dresden e.V. und dem Tierschutzverein Pirna Spenden zukommen lassen", sagt Jens Aßmann.  Für sein Spendenprojekt habe er schon rund 40 Unternehmen angesprochen, etliche seien aufgrund der Lage zurückhaltend, aber es gebe reichlich Zuspruch. Mit sachsenhilftsichselbst.de haben er und seine beiden Mitstreiter noch viel vor. Das Portal soll eine große Bewegung auslösen: "Es soll durch die Unterstützung möglichst vielen User zu einer Erfolgsstory abseits des Kommerzes werden".

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