SZ + Update Dresden
Merken

Corona-Krise: Dresden verhängt Haushaltssperre

Die Corona-Krise führt zu Steuerverlusten, argumentiert der Finanzbürgermeister. Die Grünen sprechen von einem weiteren Akt der Selbstermächtigung.

Von Sandro Rahrisch & Andreas Weller
 5 Min.
Teilen
Folgen
Dresden muss finanziell gesehen auf die Bremse treten.
Dresden muss finanziell gesehen auf die Bremse treten. © Christian Juppe

Dresden. Die Corona-Krise könnte Dresden in größere finanzielle Schwierigkeiten bringen. Damit rechnet jedenfalls Finanzbürgermeister Peter Lames (SPD). Deshalb hat er am Dienstag eine Haushaltssperre verhängt. Sie gilt ab sofort: Alle Projekte, die noch nicht begonnen wurden, werden damit ausgesetzt.

"Es muss mit erheblichen Einnahmeausfällen im städtischen Haushalt, insbesondere bei der Gewerbesteuer, gerechnet werden", so Lames. Die Höhe der Steuer bemisst sich an den Erträgen der Unternehmen. Viele Betriebe verdienen wegen der Corona-Krise aktuell aber weniger bis gar nichts. Hinzu kommt, dass die Stadt den betroffenen Unternehmen aktuell die Möglichkeit einräumt, die Gewerbesteuer zu stunden oder später zu zahlen.

Finanzbürgermeister Peter Lames hat eine Haushaltssperre verhängt. Was das bedeutet.
Finanzbürgermeister Peter Lames hat eine Haushaltssperre verhängt. Was das bedeutet. © Sven Ellger

Die Gewerbesteuer-Ausfälle sind aber nicht der einzige Grund. Da der touristische Hotelbetrieb praktisch zum Erliegen gekommen ist, nimmt Dresden auch keine Bettensteuer mehr ein. Stark rückläufig seien außerdem die Einnahmen aus den Parkgebühren sowie den Sondernutzungsgebühren, die beispielsweise Restaurants zahlen, um Tische und Stühle auf Gehwege stellen zu dürfen, so Lames. Gleichzeitig würden etwa die Personalausgaben unverändert hoch bleiben.

Wie groß die Verluste sind, mit denen Lames rechnet, sagte er am Dienstag zwar nicht. Im Gespräch mit Sächsische.de bezifferte er das drohende Minus aber auf rund 100 Millionen Euro.

"Wir können nicht über den Sommer hinweg unverändert weitermachen und im Herbst nach Hilfe rufen", sagte Lames am Dienstag. Das wäre finanzpolitisch unverantwortlich. Er habe die Hoffnung, dass Deutschland schnell wieder aus der Rezession finden werde, ähnlich wie bei der Finanzkrise 2009. 

Über das Coronavirus informieren wir Sie laufend aktuell in unserem Newsblog.

Die Haushaltssperre betreffe den laufenden Betrieb der Verwaltung, aber auch geplante Investitionen. Ausnahmen seien bereits gestartete oder ausgeschriebene Vorhaben. Auch gesetzliche und vertragliche Pflichten werden weiter erfüllt. Außerdem können die Ämter weitere Ausnahmen beantragen, wenn sich durch die Haushaltssperre erhebliche Nachteile für bestimmte Maßnahmen ergeben würden. Externes Personal werde nur noch in dringenden Fällen eingestellt.

CDU und SPD zeigen Verständnis

Die erste Reaktion kommt von CDU-Finanz-Experte Peter Krüger. "Die Sperre ist vernünftig und vertretbar." Es müsse zunächst ein Kassensturz gemacht werden und es sei genau zu beobachten, wie sich Corona auf die Finanzen der Stadt auswirke. "Es ist nicht die Zeit für neue Projekte und Luftschlösser, sondern die Zeit der Vernünftigen", so Krüger.

Verständnis äußerte auch die finanzpolitische Sprecherin der SPD im Stadtrat, Viola Vogel: Die Haushaltssperre sei richtig, sagte sie. "Sie hat doppelte Signalwirkung: Zum einen ist sie vor dem Hintergrund zu erwartender Gewerbesteuereinbrüche und sonstiger Mindereinnahmen Ausdruck von verantwortlicher Haushaltführung. Zum anderen signalisiert sie dem Bund und dem Land Sachsen, dass nicht allerorten Rettungsschirme für die Wirtschaft erstellt werden können von unser aller Steuergeldern, die Kommunen dabei aber vergessen werden.“

Grüne: "Weiterer Akt der Selbstermächtigung"

Dagegen üben die Grünen Kritik an der Haushaltssperre. Sie sehen nach den Allgemeinverfügungen von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) einen weiteren "Akt der Selbstermächtigung", vorbei am Stadtrat. "Während sich der Oberbürgermeister in den letzten Tagen gerne als 'Stadtoberhaupt mit großen Spendierhosen' in Szene setzte, wird nun der vom Stadtrat beschlossene Haushalt faktisch außer Kraft gesetzt", sagt Stadtrat Michael Schmelich. "Besonders ärgerlich ist, dass dies wieder einmal ohne fundierte Erläuterung gegenüber dem Stadtrat aus der kalten Küche geschah." 

Schmelich kritisiert weiter, dass der Finanzbürgermeister noch in der letzten Finanzaussschusssitzung erklärte, dass vor dem 15. Mai keinerlei validen Aussagen zu den finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise getroffen werden könnten, jetzt aber Fakten schaffe. „Das Durchregieren der Verwaltung ist eine politische Zumutung.“ Der Finanzbürgermeister müsse, so Schmelich, jetzt schleunigst seine Hausaufgaben machen. "Ich erwarte einen schonungslosen Kassensturz und einen demokratisch legitimierten Nachtragshaushalt."

Linke schlägt Corona-Sondervermögen vor

Als zwingend, bezeichnet die Linke die Maßnahme. "Sicherlich ist eine Haushaltssperre in der jetzigen Situation unumgänglich", sagte Stadtrat Tilo Kießling. "Gleichzeitig muss der Finanzbürgermeister nun aber den Stadtrat in kurzen Abständen über die tatsächliche Lage informieren." Nur so könnte man als Vertretung der Bürgerschaft den städtischen Einrichtungen sowie den von der Geld abhängenden Vereinen und Verbänden vor irreparablen Schäden beschützen. Kießling mahnt aber auch, über die Sperre hinaus über weitere Maßnahmen zu sprechen. "Ein Corona-Sondervermögen oder auch der Abbau der immensen Haushaltsüberhänge gehören dazu.“

Die AfD im Stadtrat bewertet die Sperre als ein "Signal zur richtigen Zeit". Außerdem gehörten nun "freiwillige Leistungen" auf den Prüfstand, sagte Stadträtin Silke Schöps. 

Wichtig sei es nun, dass auch die Kommunen mit Finanzhilfen bedacht werden, so die Stadt. Da hätten die letzten Tage gezeigt. Die gegenwärtige wirtschaftliche Krise sei in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland einmalig und betreffe Bund, Länder und Kommunen in gleicher Weise. "Dresden wir sich keine Luxusprojekte mehr leisten können."

Nachrichten und Hintergründe zum Coronavirus bekommen Sie von uns auch per Email. Hier können Sie sich für unseren Newsletter zum Coronavirus anmelden.

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter "Dresden kompakt" und erhalten Sie alle Nachrichten aus der Stadt jeden Abend direkt in Ihr Postfach.

Mehr Nachrichten aus Dresden lesen Sie hier