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Dresden: Eltern lassen Kinder nicht zur Schule

Für viele Schüler hat am Montag wieder der Unterricht begonnen. Doch Sorgen bleiben und manche Eltern machen von einem Urteil Gebrauch.

Von Nora Domschke & Kay Haufe & Julia Vollmer
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Der Schüler einer vierten Dresdner Grundschulklasse schaut auf seinen Stundenplan und hat vor sich seine Schulmappe und einen Mundschutz liegen.
Der Schüler einer vierten Dresdner Grundschulklasse schaut auf seinen Stundenplan und hat vor sich seine Schulmappe und einen Mundschutz liegen. © dpa-Zentralbild/Robert Michael

Dresden. Nach langen Wochen zwischen Unterricht zu Hause und Homeoffice hat am Montag wieder die "richtige" Schule begonnen. Tausende Kinder und Jugendliche dürfen nach der Corona-Krise zurück in die Klassenzimmer. Doch nicht überall in Dresden funktionierte das reibungs- und sorglos.

Die meisten Schulen haben sich für einen gestaffelten Start entschieden, darunter die 103. Grundschule in der Neustadt. Vor dem Schulhaus bildete sich kurz vor 8 Uhr eine längere Schlange, viele Eltern wollten ihre Kinder am ersten Schultag nach zwei Monaten selbst zur Schule bringen. Die meisten Kinder trugen Mundschutz. "Wir sind froh, dass es wieder losgeht. Die Kinder brauchen soziale Kontakte", sagte die Mutter eines Drittklässlers. Andere Eltern zeigten sich in Gesprächen untereinander besorgt, dass sich das Kind mit dem Coronavirus anstecken könnte.

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Die Mädchen und Jungen begrüßten freudig ihre Freunde, die meisten trugen Mundschutz. Der ist zwar nicht generell Pflicht an den Schulen. "Aber wir haben

festgelegt, dass bei uns die Schüler einen Mundschutz im Schulhaus tragen müssen", sagte Schulleiterin Constanze Hänsel. Insgesamt sei der Start "ganz gesittet" gelaufen. Die Schüler hätten umfassende Belehrungen zu den neuen Hygieneregeln erhalten - vom Händewaschen bis hin zu gestaffelten Hofpausen und Essenszeiten.

Hänsel zeigte sich zuversichtlich, dass sich in den nächsten Tagen der neue Schulalltag einspielen werde. Für die unterschiedlichen Klassenstufen sind verschiedene Anfangszeiten festgelegt worden. Somit soll vermieden werden, dass sich zu viele Kinder zur selben Zeit begegnen und zu nahe kommen.

Probleme mit Eltern-Unterschriften

Froh über den Neustart war auch Heiko Schramm, Schulleiter der 8. Grundschule in Pieschen. "Wir hatten heute einen gestaffelten Start. Die einen kamen 7.15 Uhr, die anderen erst 8 Uhr", so Schramm. Ein Problem für den Schulleiter: Viele seiner Lehrer haben selbst kleine Kinder. "Durch die eingeschränkte Betreuung in den Kitas und den teilweise fehlenden Frühhort können sie selbst nur eingeschränkt arbeiten."

Auch die neuen Gesundheitsformulare, auf denen Eltern bestätigen sollen, dass ihr Kind  gesund zur Schule gebracht wird, bedeute viel Aufwand für die Schulen. "Wir haben heute viele Telefonate geführt, weil die Zettel teilweise fehlten", so Schramm.

An der 95. Grundschule in Laubegast fehlten bei gut fünf Prozent der Schüler die nötige Bestätigung, Schulleiterin Kerstin Rakowski gewährt allerdings noch bis zum Mittwoch eine Übergangsfrist. "Dann rufen wir die Eltern an und informieren sie darüber, dass ihr Kind ab Montag nicht mehr ins Klassenzimmer darf, wenn die Unterschrift am Morgen fehlt." Einige Eltern hätten heute auch telefonisch Bescheid gegeben, dass sie die Unterschrift einfach vergessen haben.

Eltern lassen ihre Kinder zu Hause

Und noch etwas ist anders als geplant. So ist es sächsischen und damit auch Dresdner Eltern von Grundschulkinder erlaubt, ihre Knirpse vorläufig bis zum 5. Juni weiter zu Hause zu lassen. Das Kultusministerium hatte am Wochenende die Schulbesuchspflicht für Grundschüler nach einer Gerichtsentscheidung ausgesetzt. Wie viele Eltern das am Montag in Anspruch genommen haben, kann Schulleiter Schramm noch nicht genau beziffern. "Aber es gibt welche, jedoch wenige."

Kerstin Rakowski kann am Montagmittag schon genaue Zahlen für die 95. Grundschule nennen: "Sechs Kinder sind heute daheim geblieben, ab morgen sind es sieben." Allerdings sei sie vorher von allen Eltern freundlich darüber informiert worden. In allen Fällen seien es medizinische Gründe, also ein Familienmitglied, das zur Risikogruppe gehört, warum die Kinder weiterhin zu Hause lernen.

Von den rund 400 Kindern der 103. Grundschule in der Neustadt sind am ersten Schultag nach der Corona-Zwangspause etwa ein Dutzend Mädchen und Jungen dem Unterricht ferngeblieben, so die Schulleiterin.

Zahlen, wie viele Eltern ihre Grundschulkinder vorerst zu Hause lernen ließen, konnte das Kultusministerium zunächst nicht nennen.

Unterschiedliche Regeln an Gymnasien

Das Problem hat Jens Reichel nicht. Das Urteil gilt erst einmal nur für Grundschüler. Reichel ist Schulleiter des Gymnasiums Bürgerwiese. "Wir hatten einen guten Start und sowohl Kinder als auch Lehrer haben sich sehr gefreut." Auch an seiner Schule gibt es gestaffelte Starttermine am Morgen. Anders als an den Grundschulen werden die Kinder nicht im Klassenverbund unterrichtet, sondern in Gruppen geteilt. "Die fünften Klassen lernen im Wechsel einen Tag zu Hause, einen Tag in der Schule", so Reichel. Höhere Klassen wechseln alle zwei bis drei Tage zwischen Kinder- und Klassenzimmer.

Für ein anderes System hat sich das Gymnasium Bühlau entschieden. In dieser Woche, wo es nur drei Tage Unterricht gibt, kommt jede Klasse für vier Stunden in die Schule, aber geteilt. Für die erste Hälfte starten die Stunden um 8 Uhr, für die zweite um 11 Uhr. "Wir haben den Vorteil, dass wir sieben Eingänge und damit für jede Klassenstufe einen haben", sagt Schulleiterin Sylvia Sobieraj. Dort kontrollieren jeweils zwei Lehrer, dass die Schüler einzeln und mit Mundschutz eintreten und sich danach die Hände waschen und desinfizieren. "Das dauert allein schon 20 Minuten", sagt Sobieraj.

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Ab der kommenden Wochen hat jede Klassenhälfte eine Wochen Unterricht in der Schule und eine Woche Lernzeit zuhause. "Insgesamt habe ich sehr viele positive Rückmeldungen von Schülern und Eltern, dass sie froh sind, wieder in die Schule kommen zu können. Wir wollen dafür sorgen, dass alles gut und geordnet läuft." Dies habe bereits am Montagmorgen gut geklappt, es habe keine großen Wiedersehenspartys vor dem Gymnasium gegeben. Das hat die Schulleiterin selbst kontrolliert.

Ruhig und äußerst diszipliniert hat Jürgen Karras den Schulstart am Gymnasium Cotta erlebt, wo heute alle Klassen zeitlich gestaffelt zwei Klassenleiterstunden hatten. Ab morgen beginnt dann ein täglicher Wechsel der Gruppen, die einen Tag in der Schule und einen Tag zuhause lernen. "Auch auf den Gängen hat sich alles gut eingespielt, an den drei Eingängen gab es keine Staus", sagt der Schulleiter. Lediglich zehn Masken musste er ausgeben, alle anderen Schüler hat den Schutz für die Gänge von zuhause mitbekommen.   

Piwarz verteidigt weitreichende Schulöffnung

Verbände und Gewerkschaften hatten die Kita-und Schulöffnung als zu früh kritisiert. Kultusminister Christian Piwarz (CDU) hingegen verteidigte seinen Entschluss. Die vorherige Notbetreuung habe ein Großteil der Kinder ausgeschlossen. "Wenn ich das vor dem Recht der Kinder auf Bildung betrachte, ist das für mich kein hinnehmbarer
Zustand", sagte der Minister gegenüber Sächsische.de. (mit dpa)

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