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Die neue Generation Kleingärtner

Ein Krisen-Spaziergang erfüllt Jana Mühle den Wunsch nach einem Garten. Damit gehört sie zu den Glücklichen und macht beim Freischneiden eine Entdeckung.

Von Heike Sabel
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Endlich einen Garten: Jana Mühle (r.) mit ihrem Lebensgefährten Silvio Georgi und ihren Kindern Fabian und Felicia.
Endlich einen Garten: Jana Mühle (r.) mit ihrem Lebensgefährten Silvio Georgi und ihren Kindern Fabian und Felicia. © Daniel Schäfer

Ein Sonntag im Virus-Zeitalter. Drinnen hocken ist nichts, Ausflugsziele haben noch geschlossen. Also geht Jana Mühle mit ihrem Lebensgefährten und ihrem Sohn eine Runde spazieren. Dort entlang, wo sie sonst wohl nie hingekommen wären. Durch die Kleingartenanlage Hasselberg in Bad Gottleuba. Dort fragten sie die Leute nach einem freien Garten. So wie sie es seit einiger Zeit schon immer getan hatten. Bisher immer ohne Erfolg. Doch diesmal sollten sie Glück haben. Und dann ging auch alles ganz schnell. "Nun sind wir stolze Gartenbesitzer", sagt Jana Mühle. Die Suche nach einem Plätzchen im Grünen hätte sie nie aufgegeben, aber: "Corona hat es beschleunigt", sagt sie. Jetzt ist sie mit ihrer Familie  jede freie Minute draußen im Garten. 

Jana Mühle hatte Glück. Ihr Gartennachbar ist der stellvertretende Vereinschef Uwe Jäger. Er half bei den Formalien und im Garten. Der war sehr verwachsen, es gab viel zu tun. Beim Freischneiden entdeckten sie einen wundersamen Baum, eine Kopplung aus Fichte und Lebensbaum. "Und ein Stück Weide ist auch dabei", sagt Jana Mühle. 

Ihr Beispiel ist nicht das einzige. Auch in der Heidenauer Nordhang-Gartenanlage ist gerade der letzte Garten wieder vergeben. Einer ist noch frei, aber ohne Hütte, sagt Sindy Oehme. Sie ist hier in Heidenau die Chefin. Wie Jana Mühle ist sie Mitte 30. Beide gehören damit zu einer neuen Generation Kleingärtner. 

Vom Sitzen bei der Tante zur eigenen Scholle

Auch Sindy Oehme hatte mit ihrem Garten Glück. Sie zog vor ein paar Jahren mit ihrem Partner von Dresden-Klotzsche nach Heidenau. Sie hatten oft bei seiner Tante im Garten gesessen, einen eigenen zu haben, konnten sie sich aber lange nicht vorstellen. Als sie ihre Meinung änderten, half ihnen das Glück und Hinweise über die berühmten tausend Ecken. So schnell wie sie den Garten an der Heidenauer Waldstraße bekam, so schnell wurde sie auch gleich stellvertretende Vorsitzende. Damals hatte der Vorstand gerade gewechselt und inzwischen ist sie Vorsitzende.

Hier hat Sindy Oehme das Sagen: Die Heidenauer Gartensparte an der Waldstraße.
Hier hat Sindy Oehme das Sagen: Die Heidenauer Gartensparte an der Waldstraße. © Daniel Schäfer

Als Sindy Oehme in Heidenau zu gärtnern begann, lag das Durchschnittsalter noch bei über 60.  Inzwischen sind viele zwischen 30 und 50 dazugekommen, sagt sie. Viele Ältere, die aus gesundheitlichen Gründen aufhören, geben ihre Gärten in den Familien an Jüngere weiter. "Der Garten ist eine Alternative, nicht jeder kann und will ein Haus haben", sagt Sindy Oehme. Jana Mühle hat zwar eine Wohnung mit Balkon, aber der war ihr auf Dauer auch zu wenig. 

Arbeit und Erholung

Der Territorialverband der Kleingärtner freut sich über die große Nachfrage. "Es gibt sehr viele Interessenten, die neu einen Garten pachten möchten, sodass viele Kleingartenanlagen mehr Gärten verpachten konnten als sonst", sagt Chefin Susanne Russig. Hier und da gibt es noch einige freie, bei denen sie auch gern vermittelt. 

Dass in Kleingärten nach dem Gesetz  mindestens auf einem Drittel der Fläche Obst und Gemüse angebaut werden müssen, hat sich inzwischen herumgesprochen. "Natürlich sind Kleingärten auch zur Erholung da", sagt Susanne Russig. Das habe sich gerade in den vergangenen Wochen gezeigt. Der Garten war für viele der Ort zum Abschalten, Kraftschöpfen, wo sie Ruhe und Entspannung fanden und Körper und Seele auftankten. 

Und zu tun gibt es im Kleingarten immer was. Dieses Jahr war die Natur der Zeit etwa 14 Tage voraus. Doch die Nachtfröste haben zeitig blühende Obstgehölze wie zum Beispiel die Aprikosen geschädigt. Außerdem macht die Trockenheit zu schaffen. Der vergangene Dauerregen-Montag tat zwar gut, doch insgesamt gibt es überall zu wenig Wasser. Gärtner wie Jana Mühle und Sindy Oehme müssen also mehr gießen.

Warten statt gießen

Manche würden auch gern gießen, doch noch stehen sie auf Wartelisten für einen Garten. "Diese Listen gab es lange nicht bei uns", sagt Uwe Jäger. Auf der einen Seite freut er sich, auf der anderen würde er natürlich gern allen, die es wollen, einen Garten geben. 

In den drei Anlagen des Kleingartenvereins Bad Gottleuba sind derzeit nur an der Giesensteiner Straße zwei Gärten frei. "Und einer davon ohne Laube."  Auch Sindy Oehme muss Interessenten vertrösten. Die Übersicht des Territorialverbandes weist für Heidenau derzeit lediglich drei freie Gärten aus. 

Jana Mühle weiß, sie hatte Glück. Der Garten kam genau zur richtigen Zeit für die Saison, sagt sie. "Er ist genial, und wir fühlen uns hier wohl."

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