Wie Grundschulen nächste Woche starten

"Da stehen drei Personen ganz schön eng beieinander - das ist nicht erlaubt", sagt Luis halblaut als er um die Flurecke in der Grundschule am Löbauer Berg flitzt. Ortrun Kurth, Leiterin der Grundschule "Am Löbauer Berg", schmunzelt. Der Zweitklässler mit dem dunklen Haarschopf und dem Darth-Vader-T-Shirt hat vollkommen recht: Denn Frau Kurth steht mit dem Sprecher des Landesamtes für Schule und Bildung (Lasub), Jens Drummer, und SZ-Redakteurin Anja Beutler in einem Klassenzimmer und erklärt, wie es ab 6. Mai in ihrer Schule wieder losgehen soll. Wenn alle Schüler die Regeln so gut intus haben wie Luis, hat die Schulleiterin einige Sorgen weniger.
Auch wenn der 6. Mai ein Neustart wird - ganz leer waren die Grundschulen in den letzten Wochen nicht: Luis ist eines von im Schnitt zehn Kindern, die derzeit die Notbetreuung in der Löbauer Grundschule besuchen, weil ihre Eltern in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten. "Die Tendenz ist steigend", erklärt Drummer zu den Zahlen, die von Schule zu Schule sehr unterschiedlich sind. So sind im Landkreis Görlitz derzeit 793 Grundschüler in der Notbetreuung - 26 davon beispielsweise in der Grundschule Hirschfelde, 25 im Schöpstal, 27 in Schleife und 30 in der Pestalozzi-Grundschule in Weißwasser - um die größten Zahlen zu nennen.
Immer nur ein Schüler in Waschraum und Toilette
Ab Mittwoch geht es aber um ganz andere Hausnummern, wenn die Viertklässler in allen Grundschulen in den Unterricht zurückkehren - so wie die Abschlussklassen in den weiterführenden Schulen. Luis wird dann nicht mehr im Schulgebäude betreut. "Die Horte werden dann für die Notbetreuung der Klassen 1 bis 3 geöffnet, um nicht zu viele Schüler zusammenzuführen", erklärt Lasub-Sprecher Drummer. Er hat in den vergangenen Tagen in den Kreisen Bautzen und Görlitz einigen Grundschulen eine spontane Visite abgestattet, um Fragen zu klären und - Abstände zu messen. Mit Schulleiterin Kurth geht er mit dem Zollstock durch die Zimmer, um zu schauen, wie weit die Tische und Bänke voneinander entfernt sind und wo etwas verrückt werden muss.
Wie genau der Unterricht für die 46 Schüler aussehen wird, daran tüfteln Schulleiterin Kurth und ihre Kollegen gerade. Eine Blaupause gibt der Freistaat nicht vor, einige Grundregeln sehr wohl. Warum? "Weil die Schulen viel zu unterschiedlich sind in Größe, Schülerzahl und Bauart", zählt Lasub-Sprecher Drummer auf. Manches soll aber überall gleich gehandhabt werden: "Im Waschraum darf sich zum Beispiel immer nur ein Schüler aufhalten", betont er. Wie die Schule das löst, ist ihr überlassen - ob mit einer Aufsicht oder einem Schild an der Tür, was die Löbauer derzeit anvisieren. "Mit Seife, Waschbecken, Handtüchern und Desinfektionsmitteln sind wir übrigens gut ausgestattet", fügt die Schulleiterin gleich an.
Klassen werden aufgeteilt
Gut ausgestattet sind die Löbauer auch räumlich: "Wir haben großes Glück, dass wir einige sehr große Klassenzimmer haben", sagt Ortrun Kurth und weist in den Raum, mit den weit entfernt stehenden Bänken, der wie für Corona-Zeiten gemacht scheint. Momentan geht sie davon aus, dass die 46 Viertklässler in vier oder fünf Gruppen aufgeteilt werden, die dann auf alle drei Etagen des Gebäudes verteilt unterrichtet werden. Die Lehrer in den Klassen sollen möglichst nicht oder nur wenig wechseln - zum einen, um möglichst wenig Ansteckungspotenzial zu bieten und zum anderen, um die Kinder möglichst wenig allein im Raum zu lassen.

Wie viele Lehrer genau in den Unterricht zurückkommen, ist ein Punkt, der noch nicht an allen Schulen geklärt ist. "Lehrern über 60 Jahre überlassen wir die Entscheidung", sagt Jens Drummer. Wer ungeachtet des Alters Vorerkrankungen hat und daher zur Risikogruppe gehört, kann ebenfalls außen vor bleiben. Von den eigentlich elf Stammlehrern - inklusive Referendarin - braucht Ortrun Kurth mindestens fünf Lehrer, um die Viertklässler zu unterrichten. "Wir hoffen, dass wir das schaffen", sagt sie. Dort, wo es nicht geht, hilft der Freistaat aus, betont Drummer.
Pausen in Etappen
Pausen soll es für die Schüler ebenfalls geben - aber versetzt, damit sich nicht zu viele Kinder im Pausenhof und auf Gängen treffen. "Wie genau wir das machen, müssen wir austesten", sagt die Schulleiterin. Wegweiser auf den Fluren gibt es aber schon: Der Hausmeister hat mit silbergrauem Klebeband Pfeile und Linien im Treppenhaus markiert - Routen, an die sich die Kinder halten sollen. Wie gut das funktionieren wird bei den quirligen Grundschülern, die sich freuen, wieder in den Alltag zurückzukehren, bleibt abzuwarten.
Auch wenn vieles anders sein wird - Ortrun Kurth und ihre Kollegen freuen sich auf den kleinen Neustart. "Der persönliche Kontakt ist wichtig und wir können wieder den Job machen, für den wir uns entschieden haben", sagt sie. Zensuren werden in den kommenden Wochen nicht im Fokus stehen, das betont auch Landesamtssprecher Drummer. Wichtig sei vor allem, die Kinder wieder auf ein gleiches Niveau zu bringen und das Wissen in den Kernfächern zu sichern, dass sie auf ihrer neuen Schule brauchen werden - egal, ob Oberschule oder Gymnasium. Parallel dazu tüfteln Schulleiter aber weiter am nächsten Schritt: Die Rückkehr der ersten bis dritten Klassen in den Unterricht - wenigstens für einen Tag die Woche. Wann es soweit sein wird, hängt von den Infektionszahlen ab.