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"Was hier los war, geht auf keine Kuhhaut"

Warum sich eine Kaufland-Mitarbeiterin jetzt über die drastischen Sicherheits-Maßnahmen freut - und warum die 50-Jährige keine Corona-Heldin sein will.

Von Jana Ulbrich
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Helden in der Corona-Krise: Verkäuferinnen (hier ein Symbolfoto) kümmern sich darum, dass die Regale wieder aufgefüllt werden. Dabei erleben sie auch verrückte Situationen.
Helden in der Corona-Krise: Verkäuferinnen (hier ein Symbolfoto) kümmern sich darum, dass die Regale wieder aufgefüllt werden. Dabei erleben sie auch verrückte Situationen. © dpa

"Was? Eine Heldin?" Kerstin Bayer* winkt ab und lacht: "Helden sind mutig. Ich hab Schiss!" Galgenhumor hilft manchmal. Kerstin Bayer, deren Name hier geändert ist,  gehört zu den Unentbehrlichen, die nicht vom Homeoffice aus arbeiten können. Sie ist  Verkäuferin bei Kaufland. Heute hat sie Spätschicht.

Und hoffentlich ist heute wieder genug Ware da, die sie in die Regale räumen kann: Nudeln, Reis, Mehl, Hefe, Knäckebrot, Aufbackbrötchen, Konserven. Am Wochenende war sogar das Salz alle. Die Lager sind voll, weiß Kerstin Bayer, aber inzwischen fehlen zunehmend die Fahrer, die die Lebensmittel von den Lagern in die Märkte bringen. Die Kollegen machen Überstunden, um die Regale möglichst so schnell wieder aufzufüllen, wie sie leer gekauft werden. So viel Nachschub wie in diesen Tagen wurde noch nie gebraucht.

"Die Leute kaufen und kaufen, als ob es kein Morgen gäbe. Da können wir ihnen noch so sehr versichern, dass es morgen und übermorgen und überübermorgen auch noch Mehl und Nudeln gibt", erzählt die Verkäuferin. Und an der Kasse müssten sich die Mitarbeiter auch noch beschimpfen lassen, wenn sie die Kunden darauf hinweisen, dass die Waren jetzt rationiert sind und sie doch bitte nur zwei Päckchen Nudeln oder Reis kaufen sollen. "Es sind vor allem die Rentner, die das nicht einsehen wollen", erzählt die 50-Jährige. Eine Kollegin hätten Kunden mit bösen Beschimpfungen schon zum Heulen gebracht.

"Was am Wochenende hier los war, das geht auf keine Kuhhaut mehr", erzählt Kerstin Bayer. Ganze Familien seien gekommen und gemütlich durch die Reihen geschlendert. Einkaufen zum Zeitvertreib, weil ja sonst nicht viel los ist. Ein Vater hat mit seinem Sohn zwischen den Regalen Hascher gespielt. Als Kerstin Bayer ihn darauf hingewiesen hat, dass das hier kein Spielplatz ist, hat er gelacht.

Dabei haben doch auch am Sonnabend schon strengere Regeln und ein Abstandsgebot gegolten. Aber das habe viele nicht interessiert. "Eine ältere Dame hat direkt neben mir in ihr Taschentuch gehustet und mich dann direkt ins Gesicht gefragt nach irgendwas, das sie nicht finden konnte. 

Seit Montag strenge Auflagen. Endlich.

Seit Montag gibt es jetzt strenge Auflagen für das Verhalten beim Einkaufen. "Endlich!", sagt Kerstin Bayer. Sie ist froh über die Maßnahmen. Jetzt darf nur noch einer für die Familie einkaufen. Nur bei älteren Menschen, die das allein nicht schaffen, und bei Müttern mit kleinen Kindern wird eine Ausnahme gemacht. 

Kerstin Bayer ist auch froh, dass sie an der Kasse jetzt hinter Plexiglas sitzen kann. Und dass alles mit Paletten so umgeräumt worden ist, dass sie sich als Kassiererin auch wirklich geschützt fühlen kann. "Obwohl wir auch wissen, dass es keine absolute Sicherheit gibt", sagt sie. "Aber die Geschäftsleitung tut alles, was möglich ist, das sehen wir ja auch."

Die Kaufland-Mitarbeiter tragen keinen Mundschutz, aber Handschuhe. Weil die Hände in diesen Einweghandschuhen so schnell schweißnass werden, räumt Kerstin Bayer die Regale in Gartenhandschuhen aus Stoff ein. Zeiten wie diese machen erfinderisch. Aber sie lassen auch ein Kopfschütteln zurück. "Ich habe so etwas noch nie erlebt", sagt Kerstin Bayer. "Und ich werde froh sein, wenn das alles vorbei ist. Und wir hoffentlich alle gesund geblieben sind."

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