Corona: Kneiper wird in der Krise zum Handwerker

"Ganz oder gar nicht" lautet Henry Kieslichs Devise. Und da der Inhaber der Kodersdorfer Gaststätte "Zur alten Apotheke" aktuell keine hungrigen und durstigen Besucher in seinem Lokal begrüßen darf, hat er sich für "gar nicht" entschieden. Kein Essen abholen lassen, nichts ausliefern - "auf dem Land ist der Bedarf nicht so da wie in der Stadt", begründet er. Außerdem müsse sich der ganze Aufwand rechnen.
Am 15. März klingelte die Kasse zum letzten Mal
Der letzte Tag, an dem er seine Gäste verwöhnen durfte? "Das war der 15. März", sagt Kieslich. Lange überlegen muss er nicht. Denn da brummte der Laden noch. Wie meistens am Wochenende waren die 50 Plätze in den Kellergewölben der alten Apotheke komplett gefüllt. Eifrig wurden die verschiedenen Fassbiere gezapft, schnell das bestellte Essen an die Tische gebracht.
Was danach folgte, "ist ein ganz dummes Ding", grummelt der Restaurant-Besitzer. Dann drückt er es mit anderen Worten aus: "Große Sch...!" Denn mit dem totalen Aus für die Gastronomie habe niemand gerechnet. Auch er natürlich nicht. "Im Januar haben wir das Finanzamt noch mit Vorauszahlungen bedient - und dann sowas!" Hätte er im Sommer zwei, drei Wochen Urlaub gemacht und deshalb keine Einnahmen gehabt, wäre das planbar gewesen. Jetzt aber gab's den totalen Crash: Von 100 auf 0. Das auszugleichen, sei illusorisch, meint Kieslich.
Wird nach Zuschüssen jetzt ein Kredit nötig?
Sein Lokal "Zur alten Apotheke" ist verkehrsgünstig gelegen an der B 115 in Kodersdorf. Nicht nur an den Wochenenden waren die Tische bisher voll besetzt. "Auch wochentags haben wir abends meist 30 bis 40 Essen verkauft", erzählt Henry Kieslich. Vor allem Kurzgebratenes in den unterschiedlichen Varianten wurde von den Gästen immer wieder nachgefragt. Vor allem Schnitzel mit Würzfleisch und Räuberschnitzel. "Auf solche deftigen Sachen stehen die Leute halt", lächelt der Wirt stolz.
Doch seit dem 16. März hat die Pfanne in der alten Apotheke kein Steak, kein Lendchen, kein Schnitzel mehr gesehen. "Sicher, wir hatten einen kleinen finanziellen Puffer. Der geht inzwischen aber gegen Null", beschreibt Kieslich die Lage. Er ist froh, dass der Staat inzwischen 9.000 Euro Zuschuss für Kleinunternehmer gezahlt und ihm auch die Gemeinde Kodersdorf mit 1.000 Euro geholfen hat. Aber auch dieses Geld reicht nicht ewig. "Ich muss mir nun überlegen, einen Kredit aufzunehmen, um die laufenden Kosten abzudecken. Überall stunden lassen, geht ja nicht."
Wiedereinstieg zu Himmelfahrt wäre toll
Auch wenn er mit seinem Koch nur einen Angestellten in Kurzarbeit schicken musste - die Situation ist angespannt. Deshalb hofft Kieslich auf die baldige Lockerung der Situation im Gastgewerbe. "Himmelfahrt wäre ein guter Zeitpunkt, um wieder einzusteigen. Natürlich würde ich auch jedes frühere Datum unterschreiben." Die Leute würden dann meist in Gruppen auf dem Radel kommen. "Das sind keine Massen. Und wenn wir ihnen genügend Platz bieten, geht das auch in Corona-Zeiten", ist Kieslich überzeugt. Vor allem Abstand sei wichtig, Mundschutz und Schal gäben sowieso keine Sicherheit.
In der Pause war Zeit für kleine Reparaturen
In den vergangenen Tagen hat sich der Wirt der alten Apotheke nicht als Kneiper, sondern als Handwerker versucht. "Wenn ich schon mal Zeit habe, dann nutze ich sie natürlich für kleine Reparaturen." So haben manche Fliesen neue Fugen bekommen, die Kühlanlage wurde durchgecheckt. Am Biergarten und dem Carport ist Henry Kieslich noch beschäftigt. "Wir haben ein großes Grundstück, da ist immer was zu tun." Insgesamt jedoch - und das ist das Positive an der verordneten Pause - sei er viel relaxter, müsse sich aktuell keine Gedanken über diesen oder jenen Kundenauftrag machen.
Wiedereinstieg nur mit vernünftiger Lösung
Diesen Zustand würde er gern aber wieder beenden. "Wir brauchen fürs Reinigen, Einkaufen und Vorkochen drei Tage Vorlaufzeit, dann könnte das Geschäft wieder starten." Allerdings so, dass es sich auch lohnt. "Es bringt ja nichts, wenn wir statt 50 nur zehn Leute bewirten dürfen.
Die Kosten sind gleich, aber die Einnahmen viel geringer." Es müsse schon eine spürbare Aufhebung der momentanen Beschränkungen geben. "Pärchen oder Vierergruppen - dies ist das Gros unserer Gäste. In dieser Konstellation können wir für genügend Abstand sorgen. Aber das muss man uns schon gönnen." Immerhin gehe es darum, die aufgelaufenen Kosten einzuspielen. Seit März, rechnet der Inhaber des Kodersdorfer Lokals vor, habe er rund 30.000 Euro Umsatz eingebüßt. Trotzdem verrät er gern sein Lieblingsrezept, das jeder bis zum nächsten Besuch der alten Apotheke nachkochen kann.
Lammrücken in Duckstein-Sauce
Zutaten:
- 1,5 kg Lammrücken
- 2 Zwiebeln
- 1 gehäutete Tomate
- 250 ml Schlagsahne
- Majoran
- Ingwerpulver
- gerebelter Salbei
- schwarzer Pfeffer
- Salz
- Speiseöl
Zubereitung: Vom Lammrücken das Fett entfernen, das Fleisch enthäuten, gründlich abspülen und trocken tupfen. Den Backofen auf 200 bis 250 Grad (Elektro) oder auf Stufe 4 bis 5 (Gas) vorheizen. Majoran feinhacken und mit je einem halben Teelöffel Ingwerpulver, gerebeltem Salbei und schwarzem Pfeffer sowie drei Esslöffel Speiseöl verrühren. Den Lammrücken mit der Marinade einreiben und das Fleisch in einen feuerfesten Topf legen.
Zwei Zwiebeln und eine gehäutete Tomate kleinschneiden, zum Fleisch geben und etwa 45 Minuten im Backofen braten. Sobald der Bratenansatz bräunt, etwas Duckstein-Bier und danach heißes Wasser zugeben. Den Lammrücken ab und zu mit dem Bratensaft begießen und die verdampfte Flüssigkeit nach und nach durch etwas heißes Wasser ersetzen.
Das gare Fleisch zehn Minuten ruhen lassen, in Scheiben schneiden und servieren. Bratenaft mit Wasser loskochen, durch ein Sieb gießen und mit Wasser auf 375 ml auffüllen. 250 ml Schlagsahne auf die Hälfte einkochen und zum Bratensatz geben, nochmals aufkochen und die Sauce mit Salz und Pfeffer abschmecken. Als Beilagen werden Folien-Kartoffeln und ein Fenchel-Orangen-Salat gereicht. Dazu gibt es ein gekühltes Duckstein.