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Die Scherben des Porzellanmachers

Statt auf Märkten zu verkaufen, produziert Jürgen Havekost weiter. Obwohl alles ganz ist, ist es ein Katastrophen-Jahr für ihn - mit einem Lichtblick.

Von Heike Sabel
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Wie der Henkel an die Tasse kommt, weiß Jürgen Havekost. Wann und wo er die Tasse verkauft nicht.
Wie der Henkel an die Tasse kommt, weiß Jürgen Havekost. Wann und wo er die Tasse verkauft nicht. © Daniel Schäfer

Der Kalender von Jürgen Havekost ist voll. Voller Töpfer- und sonstiger Märkte. Im  Mai drei, im Juni und Juli vier. Märkte, für die der Rosenthaler Porzellangestalter in den ersten drei Saure-Gurken-Monaten produziert hat. Märkte, die nicht stattfinden. 

Für Jürgen Havekost war voriges Jahr ein schwieriges. Der Tod seines 52-jährigen Bruders, des Malers Eberhard Havekost, zog ihm den Boden unter den Füßen weg. Als er nun etwas darüber hinweg und wieder voller Tatendrang war, bremste ihn der Virus komplett aus. "Dieses Jahr ist nun die Mega-Katastrophe", sagt er. Den Tatendrang hat er noch immer. Er produziert, damit die Regale voll sind für den Moment, wann es wieder losgeht. Wann das ist? Das ist die Frage, die sich jetzt so viele stellen und auf die doch keiner eine verbindliche Antwort weiß und geben kann. 

Alternativen zum Verschieben

Noch werden solche Keramik- und Töpfermärkte mit Großveranstaltungen verglichen. Und die sind bis Ende August verboten. Der Töpfermarkt in Bad Schandau im Juli, den Havekost mit organisiert, ist deshalb auch infrage gestellt und werde höchstwahrscheinlich nicht stattfinden. Dabei gebe es aus seiner Sicht Möglichkeiten und Alternativen. Stichwort Zugang beschränken, also nur eine bestimmte Zahl von Besuchern. Maske und Abstand seien selbstverständlich. "Und zwischen den Kunden und mir steht ja der Tisch." 

Dass das Verschieben von so vielen Festen, Märkten und  Veranstaltungen in den September und Herbst eine Lösung ist, glaubt Havekost nicht. Jedenfalls nicht für ihn. Erstens kann jeder immer nur ein Fest besuchen und zweitens sind schöne Dinge wie sie Havekost herstellt Luxus. Sonst schon und jetzt erst recht. Die Leute werden nach der Corona-Krise ihr Geld zusammenhalten. "Irgendwann ist das Geld aufgebraucht", sagt Havekost. 

Der Kreislauf des Geldes

Geld wollen auch die Märkte sehen, für die er mit der Zusage zur Teilnahme auch eine Rechnung erhielt. Für Havekost eine Gewissensfrage. Fordere ich alles zurück oder will ich auch künftig mit den Veranstaltern zusammenarbeiten? Lohnt es sich um die Marktgebühren zu streiten? Wenn es die Märkte nicht mehr gibt, kann Havekost dort auch nichts mehr verkaufen. Es ist ein Kreislauf. Einer, in dem das  Geld weniger wird. Bis September kommt Havekost vielleicht einigermaßen hin, sagt er. Miete und Kosten für die Werkstatt laufen weiter. Die Lichtblick-Stiftung der Sächsischen Zeitung hat ihm mit 500 Euro geholfen.  Verhungern werde Havekost nicht, seine Frau ist Grundschullehrerin und jetzt seine "private Absicherung". Aber die Reserven schrumpfen überall mit jedem Tag. 

Irgendwann wieder volle Kalender

Der Verkauf übers Internet fängt die Ausfälle keineswegs ab. Das Internet ist nicht Havekosts Hauptgeschäft. War es noch nie. "Keramik ist nun mal, was die Leute sehen und anfassen müssen", sagt Havekost. Bestellungen für Hochzeiten wurden zurückgezogen. Auch die Nachfrage für die Pirnaer Unikate, für die Havekost die zum Beispiel die begehrte "halbe Tasse" liefert, geht gegen null. Vielleicht wird er versuchen. noch ein bisschen mehr über Internet, Instagram und Co. zu machen. 

Wenn die Marktzeit irgendwann wieder losgeht, wird Jürgen Havekost wieder einen vollen Kalender haben. Auch wenn er nicht weiß, wie viel er verkauft, er wird jede Gelegenheit nutzen.

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