Masken-Ärger für Asthmatikerin

Beim Elektronikmarkt Expert in Freital freut man sich, nach wochenlangem Corona-Lockdown endlich wieder öffnen zu dürfen. Mit großen Plakaten wirbt man derzeit für Sonderangebote und preist Gutscheine für den Muttertag an. Kunden willkommen, dachte sich auch Siena Christen und betrat am Montag das Geschäft. "Meine Waschmaschine war vor einigen Tagen kaputt gegangen, ich brauchte nun unbedingt eine neue", erzählt sie.
Doch aus dem Kauf wurde nichts - zumindest nicht in Freital. Siena Christen wurde aus dem Expert komplimentiert. Und das war nicht das erste Mal. Wenige Tage zuvor erging es ihr im Real-Markt Bannewitz ähnlich. Der Sicherheitsmann am Haupteingang ließ sie noch passieren, doch am Zutritt in den Verkaufsbereich wurde sie gehindert. Denn sie trug keine Maske über Mund und Nase.
Was auf die Verkäufer am Eingang uneinsichtig wirkte, hat einen ernsten Hintergrund. Siena Christen ist behindert, sie kann schlecht sehen. Eine Mund-Nasenmaske würde sie noch mehr einschränken. Dazu kommt, das sie an Asthma leidet. Sie macht das Beste daraus, ist erfolgreiche Leichtathletin im Behindertensport. Sie hat eine offene Art, ist gesprächig und höflich.
So schnell macht ihr auch nichts Angst. "Ich habe sogar probiert, wie sich das Atmen mit Maske so anfühlt. Aber nach einer Minute bekam ich Probleme. Ich weiß, wie ein Asthmaanfall verläuft, dass will ich nicht unbedingt herausfordern", sagt sie.
Es gibt Ausnahmen von der Pflicht eine Maske zu tragen
Menschen wie Siena Christen sind deshalb von der Maskenpflicht ausgenommen. So steht es auf der Informationsseite des Landes Sachsen. Das Sozialministerium teilt dort mit: "Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen ist das Tragen (von Masken - Anm. d. Red.) teilweise nur schwer zuzumuten. Soweit es möglich ist, ist eine solche Bedeckung zu tragen. Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht durch eine Mund-Nasen-Bedeckung atmen können, sollten in Geschäften und in öffentlichen Verkehrsmitteln Abstand halten. Zur Glaubhaftmachung sind beispielsweise der Schwerbehindertenausweis oder eine entsprechende ärztliche Bescheinigung geeignet."
Siena Christen erfuhr von der Ausnahmeregelung auch nur per Zufall, als sie vor eineinhalb Wochen ein Radiointerview mit Sachsens Sozialministerin Petra Köpping hörte. Die Freitalerin hat sich dann genauer schlaugemacht und entsprechende Anordnungen im Internet gefunden. Die liegen auch den Einzelhändlern vor, wurden aber im Expert und beim Real-Markt offensichtlich übersehen. Da halfen in dem Moment weder der Behindertenausweis noch das ärztliche Attest, welches sich Siena Christen bei ihrem Hausarzt besorgt hatte. Weder bei Real noch bei Expert wollten die Verkäufer darauf eingehen und wiesen sie ab.
Bissige Kommentare bei Facebook
Schwer verärgert, machte Siena Christen ihren Fall auf Facebook öffentlich. Expert musste daraufhin etliche bissige, teils auch unsachliche Kommentare einstecken. Schließlich meldete sich der Filialleiter zu Wort. Konrad Formella entschuldigte sich für den Fauxpas. Er begründet das Missverständnis damit, dass man sich an die behördliche Anordnung gehalten habe, dass alle Kunden Masken tragen müssten. Die Ausnahmeregelung habe man leider aufgrund der vielen Vorgaben schlicht übersehen.
Ähnlich begründet der Real die Reaktion seiner Angestellten. "Es handelt sich hierbei um einen ausgesprochen unglücklichen Einzelfall, für den wir uns bei der Kundin in aller Form entschuldigen möchten", schreibt Pressesprecher Frank Grüneisen. Man habe sichergestellt, dass alle Mitarbeiter nachgeschult werden und dabei erneut auf die Ausnahmeregelungen hingewiesen.
Siena Christen nimmt die Entschuldigungen gerne an. "Ich kann ja verstehen, dass manche Verkäufer aufgrund der vielen Vorschriften durcheinander kommen." Ihr Ärger hat sich gelegt. Inzwischen hat sie sich übrigens eine Waschmaschine beim Versand bestellt. Per Telefon.
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