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CDU holt Hochburgen zurück

Die Christdemokraten im Kreis Meißen haben zu alter Stärke gefunden. Noch erstaunlicher ist das Abschneiden der AfD, besagen neueste Prognosen.

Von Ulf Mallek
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Eine Wählerin wirft den Wahlzettel in einem Wahllokal in eine Wahlurne. Wie könnte das Wahlverhalten der Meißner bei der Bundestagswahl aussehen?
Eine Wählerin wirft den Wahlzettel in einem Wahllokal in eine Wahlurne. Wie könnte das Wahlverhalten der Meißner bei der Bundestagswahl aussehen? © Symbolfoto: dpa/Robert Michael

Meißen. Ein ganz großer Freund der neuesten technischen Innovationen war Thomas de Maizière eigentlich nicht. Er besitzt ein Smartphone und ein Tablet, verschickt auch mal Nachrichten über Whatsapp, aber tief in die Computerwelt ist er nicht eingetaucht. Inzwischen doch schon etwas mehr. Coronabedingt laufen jetzt viele Gespräche als Video-Call über sein Tablet. Seine jungen Mitarbeiter haben ihm das Programm Webex von Cisco System eingerichtet. Ein kostenloses Konkurrenzprodukt zu Teams oder zu dem gerade beliebten Zoom. Über Videokonferenzen hält er in der letzten Zeit Kontakt zu seinem Meißner Wahlkreis und zu den Parteifreunden. 

Seine aktuellen Chancen, im Landkreis Meißen erneut gewählt zu werden, sind zweifellos gut. Die Berliner Online-Plattform Wahlkreisprognose.de sieht in ihrer aktuellen Erststimmenprognose den Ex-Bundesinnenminister mit 38,5 Prozent vorn. Das ist sogar noch etwas besser als zur letzten Bundestagswahl im Jahr 2017 (36,7). De Maizière kommentierte die Bewertung vorsichtig optimistisch: „Die Prognose darf nicht überbewertet werden. Aber trotzdem zeigt sie: das beste in der Politik ist gute und seriöse Arbeit, erst recht in der Krise. Das zahlt sich aus." 

Deutlicher Anstieg zu 2017

Dieser Trend läuft sachsenweit. Die CDU holt sich offenbar ihre alte Hochburg zurück. Alle 16 Direktmandate würden nach der Prognose an die CDU gehen. Vor drei Jahren waren es nur 12. Drei erhielt damals die AfD und eins die Linke. Die Erststimmenergebnisse in den anderen sächsischen Wahlkreisen sind mindestens so gut wie in Meißen, oft noch besser. Im Chemnitzer Umland sind es sogar 45 Prozent (Direktkandidat Marco Wanderwetz), in Pirna 44,5 Prozent und in Görlitz sind es 41,5 Prozent (Direktkandidat Michael Kretschmer). Insgesamt liegt die CDU in Sachsen bei 37 Prozent. Das ist im Vergleich zum schwachen Zweitstimmenergebnis von 2017 (27 Prozent) ein deutlicher Anstieg.

Die Gründe für den guten Lauf sind vermutlich coronabedingt. Die Regierenden machen ihren Krisen-Job ganz gut, das Volk rückt zusammen. Der Betreiber der Prognose-Website Valentin Blumert: „Sachsen ist das Bundesland mit den stärksten Gewinnen für die CDU.“ Offenbar haben die Wähler Vertrauen in die Regierung gefasst. Man traut ihr das Krisenmanagement zu. Das sieht für alle anderen Parteien – außer der AfD – in Sachsen und noch mehr im Landkreis Meißen anders aus. Alle Parteien außer CDU und AfD sind in Meißen einstellig. Sehr erstaunlich ist, so Blumert, das schwache Abschneiden der Grünen (2,5 Prozent). SPD und Linke schwanken im Gleichklang um die acht Prozent.

Das weitere Absinken der SPD in Sachsen und wieder besonders im Landkreis Meißen wird überdeckt von positiven Trends im Norden Deutschlands, vor allem in Hamburg, Niedersachsen, Brandenburg und Bremen. Blumert: „Wir sehen die SPD deutschlandweit schon eher bei 20 Prozent.“

Das größte Phänomen aber ist die AfD. Im Westen liegt sie gerade mal bei sieben Prozent, im Osten bei 24 Prozent und in Sachsen bei 28 Prozent. Dieses gute Ergebnis wird im Landkreis Meißen noch mal deutlich übertroffen. Auf 35 Prozent taxiert Valentin Blumert die Stärke der AfD im Meißner Bundestagswahlkreis. Das ist umso erstaunlicher, da die Partei bei der Lösung der Corona-Krise ja keine besondere Rolle spielt. Blumert sieht für die AfD im Osten, in Sachsen und vor allem auch in Meißen schon verfestigte Strukturen, eine Kernwählerschaft, die sich etabliert hat und der Partei die Treue hält.

Sieht seine Partei auf einem guten Weg: Der Meißner CDU-Kreisverbandschef Sebastian Fischer geht davon aus, dass die Wähler das Krisenmanagement der Christdemokraten auch bei Wahlen zu würdigen wissen.
Sieht seine Partei auf einem guten Weg: Der Meißner CDU-Kreisverbandschef Sebastian Fischer geht davon aus, dass die Wähler das Krisenmanagement der Christdemokraten auch bei Wahlen zu würdigen wissen. © Kristin Richter

Der Meißner CDU-Vorsitzende Sebastian Fischer findet, seine Partei sei auf einem guten Weg. In der Krise wird ein guter Job gemacht, der bereits erfolgreich ist, wie die Corona-Statistik gerade im Landkreis Meißen zeige. Die Aussagekraft der Prognosen von Valentin Blumert zweifelt er aber an. Fischer: „Dieses Portal erhebt seine Daten auf zweifelhaftem Weg - der Kreis der Befragten ist zu klein und nicht repräsentativ.“

Blumert sagte, dass er, nach nicht so guten Ergebnissen zu den Landtagswahlen im Vorjahr, die Methodik umgestellt habe. Er stütze sich jetzt auch auf eigene Umfragen und verkleinerte Räume. Immerhin: Die Ergebnisse zur Hamburg-Wahl 2020 waren wesentlich besser. Das Portal Walkreisprognose.de schaffte eine durchschnittliche Abweichung seiner Prognose vom tatsächlichen Ergebnis von 0,4 Prozentpunkten. Das war gemeinsam mit der Forschungsgruppe Wahlen die genaueste Prognose. Infratest Dimap als dritter kam auf eine Abweichung von 1,2 Prozent.

Die nächste Wahl im Landkreis Meißen soll, so die Planung, am 20. September stattfinden. Die Landkreis-Bewohner stimmen über den neuen Landrat ab, da Arndt Steinbach ab September in Berlin als Chef einer kommunalen Versicherung arbeiten wird. Doch noch gibt es keine Kandidaten für die Wahl, die auch noch nicht vom Kreistag beschlossen ist. Die CDU hat ihren Nominierungsparteitag verschoben und kein neues Datum bestimmt. Gesundheit geht vor Schnelligkeit, so die Aussage.

Bundestagswahl ist spätestens am 21. Oktober 2021. Ob Thomas de Maizière, der dann 67 Jahre alt sein wird, wieder antritt, ist noch offen. Ob der gute Trend für seine Partei weiter so anhält, ebenfalls.

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