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Was Profifußballer und Pferde gemeinsam haben

Außer Bundesligaspielen finden auch Galopprenntage wieder statt. Ohne Besucher und Corona-Tests, aber mit Auflagen - am Freitag auch in Dresden.

Von Maik Schwert
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Der deutsche Spitzenjockey Andrasch Starke gibt nach dem Erfolg auf dem Pferd Rubaiyat in Berlin-Hoppegarten ein Siegerinterview mit Abstand und Rennschal.
Der deutsche Spitzenjockey Andrasch Starke gibt nach dem Erfolg auf dem Pferd Rubaiyat in Berlin-Hoppegarten ein Siegerinterview mit Abstand und Rennschal. © dpa/Andreas Gora

Dresden. Galopprennen unter Ausschluss der Öffentlichkeit? Hat es auch in Dresden schon gegeben, nur ist das sehr lange her. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Renntage ohne Publikum durchgeführt. An diesem Freitag, gut 75 Jahre später, ist es wieder soweit auf der Anlage im Stadtteil Seidnitz.

Diesmal sorgt die Corona-Pandemie dafür, dass die Tribünen leer bleiben müssen. Bis mindestens Ende August sind lediglich Renntage ohne Publikum gestattet. Doch allein das muss in diesen Tagen, in denen der Wettkampfsport, abgesehen vom Profifußball in Deutschland, nahezu komplett zum Erliegen gekommen ist, schon als Erfolg gewertet werden. Ein komprimierter Notplan soll vielmehr die Saison retten – und damit eine Branche mit bundesweit rund 3.000 Angestellten in Vollzeit.

Der Kalender des Dachverbandes Deutscher Galopp sieht eine Veranstaltung pro Tag vor, um regionale Angebote zu schaffen und vor allem auch Transportwege für die Pferde zu minimieren.

Am Freitag findet nun ab 15.30 Uhr der Aufgalopp in Dresden statt. Kurzfristig hat man den in Halle/Saale geplanten Renntag übernommen. Doch warum macht das der Rennverein, der im Vorjahr im Durchschnitt rund 7.900 Zuschauer pro Renntag begrüßen konnte? Und welche Regeln gelten auf der Anlage?

Sächsische.de beantwortet die wichtigsten Fragen und erklärt, warum Jockeys anders als Fußballprofis keine negativen Corona-Tests vorweisen müssen.

Warum dürfen in der Corona-Krise Renntage stattfinden?

Seit 7. Mai läuft die Saison, und sie läuft gut. Das vom deutschen Galoppverband entwickelte umfangreiche Abstands-, Hygiene- und Sicherheitskonzept scheint zu funktionieren. Demnach dürfen sich ausschließlich für einen Renntag unverzichtbare Menschen auf der Anlage aufhalten.

Dazu gehören natürlich die Jockeys und Trainer, außerdem Pferdeführer, Tierärzte, Humanmediziner, Hufschmiede, die Rennleitung und Kameraleute. Die Besitzer der Pferde oder auch Amateurrennreiter müssen draußen bleiben. Der Rennverein erwartet am Freitag in Dresden etwa 200 Leute, die davor ein Formular ausfüllen und Temperatur messen lassen müssen, sowie 87 Pferde. Deren Aufenthaltszeiten auf der Bahn sollen auf das Nötigste reduziert werden, und jede Person muss einen Mund-Nase-Schutz tragen, für die Reiter gilt das auch während der Rennen.

Die kommunalen Gesundheitsämter stufen die strikten Vorschriften als sachgerecht ein. Corona-Tests wie sie derzeit regelmäßig bei Profifußballern vorgenommen werden, sind indes nicht verlangt. Galopp sei kein Kontakt- oder Mannschaftssport, heißt es von den Behörden.

Am Start können die Menschen den Abstand nicht immer einhalten.
Am Start können die Menschen den Abstand nicht immer einhalten. © dpa/Andreas Gora

Weshalb veranstalten Rennvereine ohne Publikum?

Sie sind natürlich, so wie im Fußball, eine absolute Notlösung – und lohnen sich eigentlich nicht. Denn den Galoppklubs fallen die meisten Einnahmen weg. Doch für die gesamte Branche, betont der Verband, sei es von existenzieller Bedeutung, dass Rennen stattfinden können. Zu den rund 3.000 Vollzeitangestellten zählen Jockeys, Trainer, Stallpersonal, Rennbahnbeschäftigte und Dienstleister. 

Ohne Wettbewerbe besteht darüber hinaus die Gefahr, dass Besitzer ihre Pferde aus dem Training nehmen, weil es sich wirtschaftlich für sie nicht mehr lohnt. Dann verlieren Mitarbeiter ihre Jobs. Durch die Veranstaltungen können sie wieder ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen – auch ohne Zuschauer.

Der Dresdener Rennverein muss dagegen auf Eintrittsgeld und die Einnahmen der Bahnwette verzichten. Dafür rechnet der Klub bei den angesetzten neun Rennen mit einer Außenwette von rund 200.000 Euro. Dazu kommt Fördergeld von Dachverband und Wettstar. Der Anbieter von Pferdewetten im Internet finanziert auch ein Rennen. Zudem fallen Renn- und Züchterprämien diesmal geringer aus.

Wieso springt Dresden jetzt kurzfristig für Halle ein?

Mindestens bis Ende August bleiben die Tribünen auf deutschen Galopprennbahnen leer.
Mindestens bis Ende August bleiben die Tribünen auf deutschen Galopprennbahnen leer. © dpa/Andreas Gora

Eigentlich sollte es in Dresden bereits am 11. Mai losgehen. Doch Mülheim an der Ruhr bekam den Zuschlag des Dachverbandes. Die regionale Ausgewogenheit, so die Begründung, habe den Ausschlag für Nordrhein-Westfalen gegeben. Am Vortag war die Saison in Berlin-Hoppegarten gestartet, also in geografischer und zeitlicher Nähe zu Dresden. Hier sollte es jetzt am 30. Mai losgehen. 

Weil in Halle aufgrund der Corona-Verordnung in Sachsen-Anhalt bis zum 27. Mai aber keine Rennen durchgeführt werden dürfen, haben die Dresdner die Chance ergriffen. „Wir müssen an unsere Besitzer und Trainer denken, deren Pferde nicht wochenlang warten können, bis sie endlich ein Rennen bestreiten dürfen“, sagt Präsident Michael Becker. „Für Halle waren aus dem Osten gut 40 Pferde genannt. Sie können jetzt bei uns starten.“

Wo kann man die Rennen verfolgen und darauf wetten?

Der Dachverband überträgt die Wettbewerbe auf seiner Facebook-Seite und seinem Youtube-Kanal. Außerdem zeigen der DRV und Wettstar die Rennen auf ihrer jeweiligen Homepage. Und auch gewettet wird online und in Wettannahmestellen. Die bisherigen Renntage beweisen: Das Geschäft läuft gut, es wird viel Geld auf Galopp gesetzt, alternativ bleibt schließlich nur der Fußball. 

Das hilft auch den Klubs, denn die Anbieter erklären sich solidarisch mit ihnen und verzichten für eine gewisse Zeit auf ihre Provision. Das mindert das finanzielle Risiko. Dadurch bleibt mehr Geld für die Vereine übrig. Sie können kostendeckend arbeiten. Etwa 20 Prozent der Einnahmen pro Rennen gehen an die Klubs. Damit will der DRV die Ausgaben für die Rennen ohne Gäste refinanzieren. Durch die von außen getätigten Umsätze kann er einen Teil der Kosten erwirtschaften.