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Polizei beendet Osterschießen

In Berthelsdorf haben Beamte in der Osternacht die lautstarke Tradition teilweise unterbunden. Traditionalisten fragen sich, wie das möglich ist.

Von Anja Beutler
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Einen Ostermorgen mit Kawumm haben viele auch in diesem Jahr erlebt - wenn auch meist nicht ganz so laut wie sonst.
Einen Ostermorgen mit Kawumm haben viele auch in diesem Jahr erlebt - wenn auch meist nicht ganz so laut wie sonst. © Rafael Sampedro (Archiv)

Jana Falland hat mit ihrer Familie in der Osternacht nichts Verbotenes getan. Sie hat im Familienkreis auf dem eigenen Grundstück mit den üblichen Milchkannenböllerschüssen die bösen Geister vertrieben und den Ostermorgen willkommen geheißen. Als dann, gegen 1.30 Uhr, plötzlich die Polizei vor der Tür stand, hat die Berthelsdorferin die Welt nicht mehr verstanden: "Der Polizist hat uns ganz freundlich aber bestimmt erklärt, dass wir bitte das Schießen einstellen sollen - wegen Ruhestörung", sagt sie. Selbst die geladenen Kannen habe man nicht mehr abschießen dürfen. "Aber warum, das ist doch Tradition?", fragt Frau Falland. Daran könne auch das Coronavirus nichts ändern.

In der Tat hat die geltende Corona-Allgemeinverfügung den stillen Kompromiss in den Dörfern, die dieser Tradition frönen, wohl ins Taumeln gebracht. Dass offizielle Veranstaltungen mit Osterfeuer und Osterschießen - wie sie in Berthelsdorf zum Beispiel am Sportplatz üblich sind - ausfallen müssen, war klar. Daran haben sich auch weitgehend alle gehalten. Aber warum nun auch das Osterschießen? "Wir haben das immer privat und ohne Anmeldung gemacht, wieso kann jetzt plötzlich ein einzelner Bürger mit einer Anzeige auf einmal alles unterbinden?", fragt sich Jana Falland.

Dabei hat es eine konkrete Anzeige wegen Ruhestörung nicht gegeben, betont Polizeisprecherin Katharina Korch. Man sei vielmehr "im Rahmen der Gefahrenabwehr" Bürgerhinweisen nachgegangen. Das heißt: Haben sich alle an das Versammlungsverbot gehalten? "Das war der Fall, da gab es nichts zu beanstanden", betont Frau Falland. Sie weiß auch von anderen Bewohnern im Ort, dass die Polizei auch bei ihnen dem Osterschießen Einhalt geboten habe. "Auf welcher Grundlage?", fragt sie.

Stadt steckt nicht dahinter

In der Tat ist diese Frage in Corona-Zeiten schwieriger zu beantworten als sonst, wo es ganz selbstverständlich in der Osternacht knallt. Vonseiten der Stadt habe man das Osterschießen jedenfalls nicht verfolgt, betont Bürgermeister Willem Riecke (Herrnhuter Liste). "Wir haben das in der Vergangenheit miteinander eigentlich immer gut austariert", sagt Riecke. Wichtig sei ihm gewesen, dass es keine größeren Menschenansammlungen gegeben habe - gegen privates Knallen sei nichts zu sagen. "Aber natürlich haben auch Bürger das Recht, sich zu melden, wenn sie sich gestört fühlen", sagt er. Dann muss man einen Kompromiss finden.

Weitere Konsequenzen des Polizeibesuches müssen die Osterschießer in Berthelsdorf wohl nicht fürchten. Die Polizei hat keine weitere Verfolgung avisiert und die Stadt auch nicht: "Wir haben auch nichts Offizielles dazu erhalten", sagt Riecke. Eines aber lehnt der Bürgermeister ab: "Es wird auf Facebook berichtet, wir hätten ein Traditionsbuch bei der Stadt, wo genau beschrieben stünde, dass dies eine Tradition sei und dass wir sogar Stempel verteilten - das ist Quatsch", erklärt er. Ein solches Buch, das noch dazu bindenden Charakter habe, gebe es nicht. Das sogenannte Traditionsbuch habe ein Privatmann einmal zusammengestellt - irgendeine bindende Wirkung ließe sich daraus nicht ableiten.

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