Eine Rosenfreude in Corona-Zeiten

Der Zettel an der Tür vom Pflegestift Löbau Nord ist eindeutig: "Zum Schutz unserer Einwohner bleibt die Einrichtung geschlossen." Besucher kommen also aktuell nicht ins Altenheim hinein. Für die Senioren, die Sehnsucht nach ihren Angehörigen haben, keine leichte Zeit.
42 Frauen und Männer verbringen ihren Lebensabend im Pflegestift, umsorgt von den Mitarbeitern, die trotz Corona-Zeiten und mit Gesichtsmaske ausgestattet das Beste aus der Situation machen wollen. "Seit Beginn der Corona-Schutzmaßnahmen haben unsere Bewohner das Haus nicht mehr wie gewohnt verlassen", sagt Leiterin Doreen Stephan. Wenigstens kleine Spaziergänge rund ums Areal sind möglich. Ein bisschen frische Luft muss sein.
Nun kommt noch ein besonderer Blütenduft dazu. Den hat René Seidel in einem großen Karton mitgebracht. 45 Blumensträuße für das Pflegestift der "Diakonie - Dienste für Menschen" sind das. Es ist das vierte Altenheim, das der Löbauer auf diese Weise beglückt. Senioren vom "Bergblick" bekamen von dem 33-Jährigen Sträuße, Bewohner der "Pflege mit Herz" und vom DRK-Heim "An der Seltenrein" auch.
Dafür haben Löbauer und Unterstützer Geld gespendet. Genau 1.008 Euro und damit 190 Blumengestecke sind das bisher gewesen. Den Spendenaufruf hat der 33-Jährige über Whatsapp und Facebook gestartet. Die Resonanz sei enorm. Und sollten die Spender weiterhin so großzügig sein, wird die Blumenaktion fortgesetzt.
Idee aus Görlitz übernommen
Die Idee selbst ist nicht gänzlich neu. "Die habe ich mir von Axel Krüger abgeguckt", erzählt der Löbauer. Krüger konnte Dank hoher Spendenbereitschaft in Görlitz bereits um die 900 Tulpensträuße an Pflegeheimbewohner geben. Den Senioren mache diese besondere Aufmerksamkeit Freude und Mut in schweren Zeiten, so René Seidel. Von den floralen Grüßen profitieren gleichermaßen kleine Unternehmen: In Görlitz der Tulpenverkäufer und in Löbau der Blumenladen "Doppelzimmer Nr. 1" auf der Gartenstraße. "Da werden die Sträuße gekauft", sagt René Seidel. Als Blumenläden bis vor Kurzem noch nicht öffnen durften, sei die Aktion Dank der Spenden fürs Geschäft eine kleine Einnahme gewesen.
Die Senioren können die Gebinde mit den pastellfarbenen Rosen, Zweigen und Blattschmuck allerdings nicht selbst entgegen nehmen. Wegen dem Besuchsverbot ist das so. Doreen Stephan und Ergotherapeutin Silvana Neumann kommen mit einem Rolltisch und Vasen vor das Haus gefahren, um den Gruß entgegen zu nehmen.
Die Chefin ist ganz gerührt und sagt, dass die Senioren sich schon sehr auf die Blumen freuen. Sie sitzen hinter der Glasfront, winken und beobachten aus der Ferne die Übergabe. René Seidel erhält auch ein Dankeschön von den Mitarbeitern. Zwei Sonnenblumensetzlinge für den Garten. Auf dem Tontopf steht: "Betagte Menschen brauchen so große Herzen wie Ihres."
Mitnehmen muss der Blumenbote auch ein Kästchen voller Anhänger mit Mutmach-Engeln. Die sollen an künftige Blumensträuße als Gruß vom Pflegestift ans nächste Heim mit dran. So oder so habe es in letzter Zeit immer wieder mal schöne Aktionen gegeben: Von Unbekannt war ein Riesen-Kreideherz auf den Vorplatz gemalt worden, Angehörige hatten für alle Heimbewohner Ostergeschenke mitgebracht und immer wieder kämen liebe Kartengrüße – auch ans Personal.
Extra iPad angeschafft
Doreen Stephan sagt, dass die Senioren die Situation "im Großen und Ganzen gut verkraften". Durch Fernsehen und Zeitung erfuhren die Heimbewohner von den vielen Corona-Erkrankungen und den Todesfällen im Nieskyer Altenpflegeheim Abendfrieden. Die Löbauer Einrichtung blieb bisher vom Corona-Virus verschont. Das soll auch so bleiben. Insofern seien die Einschränkungen mit dem Besuchsverbot weiter wichtig für die Sicherheit der Senioren.
Über Kontakte nach draußen freuen sie sich natürlich trotzdem sehr, wenngleich diese nun ganz anders ablaufen, als in Zeiten vor dem Virus. Die Heimleiterin zeigt auf die Terrasse nach oben: "Unser Live-Skype", sagt sie augenzwinkernd. Unten stehen die Angehörigen, auf der Terrasse Bewohner, die sich so mit ihrem Besuch aus der Ferne wenigstens unterhalten und sehen können. Die Möglichkeit mit moderner Technik zu skypen, gibt es nun auch, wie Doreen Stephan erzählt. Ein iPad wurde extra angeschafft. Doch die wenigsten der Senioren nutzen die neue Technik. Dann schon lieber der Blick aus dem Fenster, das Winken von der Terrasse. Und der Duft von Blumen.