Bei Uhren Kliemt gibt es jetzt was auf die Ohren

Corona-Krise hin oder her: Klaus-Dieter Kliemt ist es lieber, mit seinem Geschäft in der Priebuser Straße auf drei wirtschaftlichen Standbeinen zu stehen. Deshalb hat der Rothenburger Unternehmer in den vergangenen Wochen kräftig investiert. Herausgekommen ist ein neues Angebot, das viele Menschen - vor allem betagte - rund um die kleine Neißestadt gern annehmen dürften.
Die Firma Uhren und Schmuck Kliemt ist in Rothenburg eine Institution. Betreiber Klaus-Dieter Kliemt, der das Unternehmen zusammen mit seiner Frau Beate führt, ist seit mehr als 35 Jahren in der Selbstständigkeit. Ans Aufhören denkt er nicht, wenngleich er das durchaus dürfte. Denn der Nieder-Neundorfer feiert in einem Jahr seinen Siebzigsten. Arbeiten jedoch mache ihm noch immer Spaß.
"Ich sehe den Ruhestand als Bedrohung", sagt er und lacht. "Übers Wochenende komme ich noch ganz gut klar mit dem Nichtstun, aber im Rest der Woche muss was passieren." Schluss machen von heute auf morgen geht gar nicht für ihn. Kliemt will sich immer weiterbilden und zieht deshalb jetzt noch einmal alle Register - auch um die Firma zukunftsfest zu machen.
Neueinsteiger ist schon lange im Beruf
Seit einigen Tagen bietet ein Hörgeräteakustiker in Kliemts Laden seine Dienste an. Der Kontakt entstand sozusagen "über'n Gartenzaun". "Wir wohnen beide in Nieder-Neundorf und sind dort fast Nachbarn. Da unterhält man sich schon mal darüber, was der andere beruflich macht." Der andere - das ist Ricardo Bajohr, der in dieser Branche groß geworden ist. "Allerdings bin ich schon seit Jahren jeden Tag nach Bautzen gependelt. Das wollte ich auf Dauer nicht mehr, sondern mich mehr meiner Familie widmen. Deshalb habe ich nach einer anderen beruflichen Möglichkeit gesucht", erzählt der 38-Jährige.
Uhrenpräsentation macht Platz für Schallschutzraum
Die Kliemts machen aus der Idee nun Wirklichkeit. "Sich als Hörgeräteakustiker in unserer doch ein bisschen abgelegenen Region selbstständig zu machen, wäre sicher ein bisschen zu riskant gewesen. Diesen Bereich aber in unsere Firma zu integrieren, empfinden wir alle zusammen als einen gangbaren Weg", erzählt der Geschäftsinhaber. So wurde in den vergangenen Wochen die notwendige Technik angeschafft.
Ricardo Bajohr meldete sich zum Meisterlehrgang an und absolvierte die erforderlichen Prüfungen. Die Uhren- und Schmuckpräsentation im Laden in der Priebuser Straße wurde ein wenig verkleinert, um so Platz zu schaffen für einen schallgeschützten Raum und die Gerätschaften, mit denen ein Hörgeräteakustiker für seine Kunden arbeiten muss.
Schwer hören - muss heute nicht mehr sein
Ricardo Bajohr ist in der Firma nun angestellt als technischer Betriebsleiter für den Hörgerätebereich. "Für mich ist das eine riesige Herausforderung. Und spannend natürlich. Das bedeutet mehr Verantwortung, aber auch einen gewaltigen Schritt näher an die Heimat heran." Die Corona-Krise sieht er kaum als Hemmnis. Vielmehr sei die Branche an sich nicht ganz leicht. "Man hat immer die Schwierigkeit, ein Produkt an den Mann oder die Frau zu bringen, das eigentlich keiner haben will. Schwer hören - das macht sich nicht so gut." Die Technik heute sei aber so ausgereift, dass die Vorteile tatsächlich überwiegen.

Plötzlich sind die Geräusche wieder da
Der Nieder-Neundorfer freut sich auf seine neue Aufgabe. "Menschen beraten, ihnen helfen, habe ich schon immer gerne gemacht." Als Hörgeräteakustikmeister übe er zudem ein Handwerk aus, das viel Feingefühl verlange. "Das reicht von der Fertigung des Ohrstücks über das Anpassen bis zu den Messungen." Für die Kunden sei ein neues Hörgerät oft mit einer großen Umstellung verbunden.
"Wer jahrelang gar keins oder ein technisch veraltetes benutzt hat, für den ist es ein riesiger Unterschied, wenn die Geräusche plötzlich wieder da sind", erklärt Bajohr. Er hat sich auf keinen der zahlreichen Hersteller festgelegt, sondern wählt aus einem Fundus mehrerer Anbieter das für den Kunden jeweils beste Hörgerät aus.
Gearbeitet wird auch für einen Luxusuhrenhersteller
Klaus-Dieter Kliemt sieht seine Firma mit der zusätzlichen Ausrichtung nun gut aufgestellt. Neben dem Hörgerätebereich wird es auch weiterhin Uhren und Schmuck in dem Laden geben. Von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, aber doch sehr wichtig, sind die Arbeiten für einen deutschen Luxusuhrenhersteller. Hierbei werden filigrane Uhrwerksteile von Kliemts Beschäftigten per Hand bearbeitet. "Ein Job, der nach langfristig antrainierten Fähigkeiten verlangt", sagt der Geschäftsmann, der in seinem Unternehmen insgesamt neun Angestellte beschäftigt.
"Wir haben davon durchaus Leute im Blick, die den Betrieb irgendwann mal weiterfühen könnten." Denn die beiden Töchter der Kliemts sind zwar Gesellschafter, in guten Positionen aber räumlich und branchenspezifisch weit weg. Ein Geschäftsführer muss es deshalb perspektivisch richten. Dann, wenn Klaus-Dieter Kliemt den Ruhestand nicht mehr als Bedrohung empfindet.