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Rückkehrerin aus Spanien klagt gegen Corona-Quarantäne

Die Dresdnerin reist ohne Symptome aus Spanien ein, trotzdem ordnet die Stadt Isolation an. Wie die Richter über den Eilantrag der Frau entscheiden.

Von Sandro Rahrisch
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14 Tage Quarantäne, obwohl man sich gesund fühlt und so gut wie keinen Kontakt zu Menschen hatte - ist das rechtens?
14 Tage Quarantäne, obwohl man sich gesund fühlt und so gut wie keinen Kontakt zu Menschen hatte - ist das rechtens? © dpa/David-Wolfgang Ebener (Symbolfoto)

Dresden. Eine Dresdnerin muss weitere fünf Tage zu Hause in Quarantäne verbringen. Der Versuch, sich vor Gericht dagegen zu wehren, ist gescheitert, wie das Verwaltungsgericht nun mitteilte.

Weshalb hat das Gesundheitsamt eine Quarantäne angeordnet?

Die Frau war am vergangenen Montag über den Landweg aus Spanien zurückgekehrt. Zuvor habe sie bereits sechs Wochen allein in ihrer Wohnung in Barcelona gelebt, gab sie an. In Spanien gilt nach wie vor der Notstand mit strengen Ausgangsbeschränkungen. Das Land hat am Mittwoch 185 weitere Corona-Tote gemeldet. Insgesamt sind 219.000 Menschen in dem Land infiziert und mehr als 25.600 an Covid-19 gestorben. 

Der Freistaat Sachsen hat per Verordnung festgelegt, dass alle Menschen, die aus dem Ausland zurückkehren, sich unverzüglich in ihre Wohnung zu begeben haben, dort bleiben müssen und keinen Besuch empfangen dürfen – zwei Wochen lang. Als die Frau in Dresden ankam, habe sie sich umgehend beim Gesundheitsamt gemeldet. Die Behörde ordnete schließlich bis zum 11. Mai eine häusliche Isolation an. 

Warum wehrt sie sich dagegen?

Als unverhältnismäßig bezeichnete die Rückkehrerin die Entscheidung, eben weil sie sich in den vergangenen Wochen bereits in einer Art Isolation befunden habe. Sie sei in Barcelona nur zum Einkaufen im nahegelegenen Einkaufsmarkt vor die Tür gegangen. Auch verspüre sie keinerlei Krankheitssymptome. Darüber hinaus argumentierte die Dresdnerin, dass es keinen Beleg für die Gefährlichkeit des Coronavirus gebe und in Deutschland nicht damit zu rechnen sei, dass das Gesundheitssystem überlastet wird.

Um ihre Gesundheit unter Beweis zu stellen, forderte die Frau das Gesundheitsamt auf, sie zu untersuchen. Das sei ihr aber ebenso verweigert worden wie ein Corona-Test. Sie empfinde die Anordnung als willkürlich. In Leipzig zum Beispiel, gab sie an, müssten Wiederkehrer nach einem negativen Rachenabstrich nicht in Quarantäne. Die Frau widersprach am 29. April der Anordnung. Doch das Gesundheitsamt bekräftigte seine Entscheidung.

Weshalb haben sie die Richter nicht aus der Quarantäne geholt?

Die Frau wollte vor dem Verwaltungsgericht erreichen, dass ihre häusliche Isolation vorzeitig abgebrochen wird. Sie reichte am vergangenen Donnerstag einen Eilantrag gegen die Entscheidung des Gesundheitsamtes ein. Doch die Richter lehnten dies am gestrigen Mittwoch ab. Das Gesundheitsamt habe gemäß der Verordnung des Landes gehandelt. Darüber hinaus könne trotz ihrer Schilderungen nicht ausgeschlossen werden, dass sie infiziert sei. Sie könne sich mit dem Erreger etwa bei ihren Einkäufen oder erst auf dem Rückweg nach Deutschland angesteckt haben, begründen die Richter ihren Beschluss

Und nicht zuletzt gelte Spanien, neben den USA, als ein Land mit den meisten Corona-Infizierten auf der Welt. Einen unzulässigen Eingriff in die Grundrechte der Frau sehen die Juristen ebenfalls nicht. Die Quarantäne sei ein geeignetes, verhältnismäßiges und erforderliches Mittel, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Warum ordnen die Richter nicht einfach einen Corona-Test an?

Ein Rachenabstrich genüge nicht, so die Richter. „Denn ein negatives Testergebnis gibt nur das Ergebnis zum Abstrichzeitpunkt an der Abstrichstelle wieder. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dennoch eine Infektion – gegebenenfalls in einem frühen Stadium und/oder nicht an der Abstrichstelle – vorliegt.“

Welche grundsätzliche Bedeutung hat die Entscheidung?

Keine, da es sich um einen Einzelfall handelt und lediglich um eine Abwägung, ob die Klage in einem Hauptsacheverfahren Erfolg haben könnte. Aber: Die Verwaltungsrichter betonen in ihrer Begründung, dass mit der Regelung des Freistaates, zurückkehrende Auslandsreisende zu isolieren, nicht gegen höherrangiges Recht – also auch das Grundgesetz – verstoßen werde. 

„Die an der Einreise aus dem Ausland ansetzenden Quarantänemaßnahmen tragen dem Umstand Rechnung, dass Covid-19 inzwischen weltweit verbreitet ist und es in einer erheblichen Anzahl von Staaten Ausbrüche mit zum Teil großen Fallzahlen gibt“, heißt es. Das Grundrecht der Freiheit der Person könne durch das Infektionsschutzgesetz eingeschränkt werden. „Zwar sind die Infektionszahlen in Deutschland derzeit rückläufig. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Gefahr, die von dem Virus ausgeht, nicht mehr bestehen würde.“ 

Das Gericht gehe davon aus, dass Maßnahmen gegen die Ausbreitung nicht erst dann ergriffen werden dürften, wenn die Gefährlichkeit des Virus hinreichend sicher belegt sei. Dass sich das Coronavirus schnell verbreite und Todesopfer verursache, könne nicht angezweifelt werden. Die zweiwöchige Quarantäne sei das mildeste Mittel, um eine Infektion auszuschließen. 

Kann sich die Frau gegen die Richter-Entscheidung zur Wehr setzen?

Theoretisch ja. Sie hat nun zwei Wochen Zeit, Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen einzulegen. Ob sie davon Gebrauch machen wird, ist aber unklar. Immerhin endet ihre Quarantäne in der Nacht zum kommenden Montag. Sollte sie die Ablehnung ihres Eilantrages akzeptieren, muss sie die Verfahrenskosten tragen. Das Dresdner Gericht hat den Streitwert auf 5.000 Euro festgesetzt.

Müssen weiterhin alle Auslandsreisende in Quarantäne?

Ja, auch aus welchem Land man einreist, spielt keine Rolle. Ob die Verordnung des Freistaates geändert wird, falls Polen und Tschechien die Grenzen wieder öffnen sollten, ist unklar. Die Verordnung gilt vorerst bis zum 20. Mai. Wer dagegen verstößt riskiert ein Bußgeld zwischen 500 und 10.000 Euro.

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